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Die goldene Generation ist Geschichte – Tschechien als Außenseiter zur EM

Nach der goldenen Generation ist Tschechien EM-Außenseiter

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Foto: imago
Rosicky, Cech und Baros sind die letzten Überbleibsel einer erfolgreichen tschechischen Mannschaft, die jedoch ohne Titel blieb. Lange hat sich Tschechien davon nicht erholt. Nun wollen sie als Außenseiter bei der EM angreifen.

Essen. 

Die Goldene Generation ist eine graue Maus geworden. Pavel Nedved, Karel Poborsky oder der ehemalige BVB-Spieler Jan Koller? Sie sind von der internationalen Fußball-Bühne abgetreten. Petr Cech, Tomas Rosicky und Milan Baros sind die letzten Überbleibsel einer Generation der großen Namen, die ohne großen Titel blieb. Tschechien ist in Polen und der Ukraine zum fünften Mal in Folge bei einer EM dabei – als Außenseiter.

Doch genau darin sieht der frühere Dortmunder Bundesliga-Profi Rosicky die große Chance. „Wir werden vielleicht als Außenseiter des Turniers gesehen, aber warum sollten wir es nicht versuchen?“, sagt der Mittelfeldstratege des englischen Erstligisten FC Arsenal. „Kaum jemand traut uns einen Erfolg zu, aber ich werde darum kämpfen“, sagt Rosicky. Das tat er zuletzt auch in der Premier League. Seine ansteigende Form brachte ihm nicht nur eine Vertragsverlängerung bei den „Gunners“ ein, sondern lässt die erfolgsverwöhnte Nation wieder hoffen.

Die Unvollendeten

Hoffen auf einen Titel, den die Generation der Unvollendeten zweimal vor Augen hatte. 1996 stoppte der deutsche Teamgeist die tschechischen Techniker im Finale durch Oliver Bierhoffs Golden Goal. Und Griechenland ist das tschechische Trauma der jüngeren Vergangenheit. 2004 war die goldene Generation bei der EM in Portugal drauf und dran, ihr Können endgültig zu vergolden. Die zweite Garde des Europameisters von 1976 schickte die deutsche Nationalmannschaft in der Vorrunde nach Hause und zugleich in eine mittelschwere Krise. Doch dann kamen die Griechen. Halbfinale. Verlängerung. Silver Goal. Traianos Dellas – die Tschechen wissen bis heute nicht, wie ihnen geschah. Erholt haben sie sich davon noch nicht.

Denn die letzten Jahre im großen Schatten der Poborskys und Nedveds waren entbehrungsreich. Mit den Rücktritten der großen Stars nach dem EM-Aus folgte bei der „Narodny Tym“ der große Umbruch, verbunden mit dem Aus nach der Vorrunden bei der WM 2006 und der EM 2008 sowie mit der verpassten Qualifikation zur WM 2010.

Der heutige Nationalcoach Michal Bilek hatte die Mammutaufgabe bereits 2009 übernommen. „Wir haben auf diesem Weg über 50 Spieler getestet“, sagte Bilek. „Und das war eier der Gründe, warum unsere Resultate anfangs nicht stimmten“, sagte er. Auch in der Qualifikation zur EM 2012 stimmten die Ergebnisse nicht immer. Die Tschechen, Zweiter mit elf Punkten Rückstand auf Welt- und Europameister Spanien, mussten nachsitzen und lösten erst in den Playoffs gegen Montenegro das EM-Ticket.

Feuchtfröhlich im Flieger

Das führte auf dem Rückflug zu wilden Szenen. Angeblich habe sich das Team bei einer feuchtfröhlichen Feier in luftiger Höhe die Kleidung gegenseitig vom Leib gerissen. Es gab eine Geldstrafe und reichlich Kritik. Doch die ist inzwischen verstummt. Die Unterstützung ist den tschechischen Spielern sicher, denn ihr Lager werden sie in Breslau aufschlagen, 280 Kilometer von Prag entfernt. „Das könnte ein wichtiges Thema sein“, sagte Rosicky. „Unsere Fans können vor den Spielen an- und dann wieder abreisen. Diese Möglichkeit werden sie sicher nutzen“, sagt er.

Nutzen wollen die Tschechen die Rolle des Außenseiters. Denn in der Gruppe A scheint eine Menge möglich. Zwischen Co-Gastgeber Polen, Russland und den Tschechen werden wohl die beiden Plätze für das Viertelfinale vergeben. Zünglein an der Waage in der Gruppe A könnten wieder einmal die Griechen sein. (dapd)