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Adrian Pfahl – Goldjunge mit 28

Adrian Pfahl – Goldjunge mit 28

Gummersbach. 

Adrian Pfahl hat sich beim VfL Gummersbach in der Handball-Bundesliga durchgesetzt und sich einen Platz in der Nationalmannschaft erkämpft. Zur WM in Schweden fährt der 28-Jährige als Deutschlands Hoffnungsträger.

Die Kinderstimmen im Hintergrund sind nie zu überhören, wenn man Adrian Pfahl zu Hause anruft. Töchterchen Lena (zwei Jahre) und Söhnchen Felix (drei Monate) babbeln immer mit – gerade jetzt, da ein neuartiges Küchengerät ausprobiert wird. So ein Alleskönner, der mahlt, schneidet, rührt, mixt und gart. Klar, dass die Kids da neugierig sind. Für die Organisation des turbulenten Familienlebens setzen Adrian und Ehefrau Jenny in ihrem Gummersbacher Heim auch auf modernste Technik. Dem 28-jährigen Familienvater sind Frau und Kinder letzten Endes sogar noch wichtiger als Handball. Demnächst muss Familie Pfahl allerdings für eine Weile auf den Papa verzichten. Am zweiten Januar trifft sich die deutsche Nationalmannschaft zur Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Schweden (14. bis 30. Januar). Zu Beginn des neuen Jahres geht Handball mal vor – ausnahmsweise.

Für Adrian Pfahl wird’s das erste große internationale Turnier sein. Schon jetzt gibt’s so gut wie keinen Zweifel daran, dass er auch nach der endgültigen Nominierung des Kaders, der noch von 19 auf 16 Spieler reduziert wird, dabei bleibt. Denn wenn es im Handball einen „Aufsteiger des Jahres“ gäbe, könnte der für 2010 nur Adrian Pfahl heißen.

Fehlstart verhindert

„In dem Alter rechnet man eigentlich schon nicht mehr damit,“, sagt er über sein Länderspieldebüt im Juni bei der WM-Qualifikation in Dortmund gegen Griechenland, „mich hat es riesig gefreut, diese Chance noch zu bekommen.“ Die hat er zweifellos genutzt. Als es im Oktober in Göppingen gegen Österreich um die Qualifikation zur EM 2012 in Serbien ging, verhinderte er mit dem Tor zum 26:26 Sekunden vor Schluss einen schweren Fehlstart der Mannschaft von Heiner Brand. Es war das siebte Pfahl-Tor in dieser Begegnung.

War das der Durchbruch? „Nein, das war eher das Pokal-Turnier der Final Four im Frühjahr in Hamburg“, erzählt der Rückraumspieler. Vor allem Gastgeber HSV Hamburg wird die Galavorstellung des Linkshänders im Halbfinale ewig in Erinnerung behalten. Denn es war der bis dato in der Bundesliga noch nicht so sehr bekannte Adrian Pfahl, der den Turnier-Favoriten mit sechs Treffern beim 35:27-Erfolg seines VfL Gummersbach vor dem Endspiel stoppte.

„Die Hamburger hatten einen Mann nicht auf der Rechnung, das war Adrian Pfahl. Er hat das Spiel entschieden“, lautete Heiner Brands Erklärung

für die damalige Sensation

. Weil Pfahls Leistungen auch in der Bundesliga regelmäßig stimmten, führte ihn eine Karriere voller Kuriositäten dann doch noch in die Nationalmannschaft.

Gummersbach schon den Rücken gekehrt

Innerlich – und sogar vertraglich – hatte er den Gummersbachern Ende 2008 bereits den Rücken gekehrt. Im Sommer 2008 hatte ihn der damalige VfL-Coach Alfred Gislason ins Bergische Land geholt, doch weder bei dem Isländer noch bei dessen Nachfolger Sead Hasanefendic kam er richtig zum Zug. „Ich hatte schon bei Balingen-Weilstetten unterschrieben und wollte mit der Familie zurück nach Baden“, erinnert er sich. Doch dann verletzte sich Alexis Alvanos, und Pfahl konnte endlich zeigen, was er im rechten Rückraum kann. Ein tolles Spiel mit zehn Toren in Wetzlar war der Auftakt zu einer gelungenen Rückrunde, und am Ende wollte ihn der VfL dann doch unbedingt behalten. Folge: Um den Wechsel zu verhindern, wanderte eine satte Ablösesumme aus Gummersbach ins Schwabenland.

Mittlerweile ist Adrian Pfahl sicher: „Das war genau die richtige Entscheidung.“ In Gummersbach ist er zum Führungs- und zum Nationalspieler geworden, hier fühlt sich die Familie wohl, hier sieht er zumindest seine nähere Zukunft. Der HSV, der Pfahl gerne in sein Star-Ensemble eingegliedert hätte, holte sich eine Absage. Der 28-Jährige: „So ein Wechsel ist ja immer auch ein Risiko. Hier habe ich mir meine Position erkämpft. Wer weiß, wie das in Hamburg wäre.“ Außerdem unternimmt der VfL gerade große Anstrengungen zur Zukunfts-Sicherung. Und da wäre Pfahl gerne dabei. „2012, spätestens 2013 soll die neue Halle für rund 4000 Zuschauer stehen, die wir schon lange brauchen. Damit eröffnen sich dem Verein neue Perspektiven.“

Den WM-Triumph 2007 erlebte er übrigens beim Public Viewing in einer Sporthalle in Kaarst – kurz nachdem Frau Jenny mit den dortigen Verbandsliga-Handballerinnen gespielt hatte. „Damals war ich Zweitliga-Spieler bei Bayer Dormagen und die WM nur ein ganz ferner Traum,“ erinnert er sich. In Schweden wird er mitspielen. Auch eine schöne neue Perspektive.