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Wie New York an die Opfer des 11. September erinnert

Wie New York an die Opfer des 11. September erinnert

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Foto: Funke Foto Services
9/11 hat sich in das Bewusstsein der Menschen eingebrannt – für immer. Ein emotionaler Besuch der neuen Gedenkstätte in New York.

New York, die Stadt, die niemals schläft, sich immer wieder neu erfindet – freiwillig und unfreiwillig – in einem zuweilen rasanten Tempo. In Big Apple werden Trends gesetzt, die dort schon wieder out sind, wenn sie in Europa gerade ankommen. Die Metropole mit ihren rund 8,5 Millionen Einwohnern, Schmelztiegel aller Rassen, Religionen und Kulturen, steht seit Jahrhunderten für den Inbegriff der Freiheit – und vielleicht seit dem 11. September 2001 ganz besonders.

Heute, knapp 14 Jahre nach dem Attentat auf das World Trade Center, bei dem 2983 Menschen ermordet wurden, ist das neue, noch nicht ganz fertig gestellte One World Trade Center mit dem 9/11 Memorial und den Gedenkbrunnen „Reflecting Absence“ oft erster Anlaufpunkt von Touristen aus aller Welt. 9/11 hat sich in das Bewusstsein der Menschen eingebrannt – für immer.

Die Tragödie wird gegenwärtig

Das weitläufige Areal rund um die Pools, die in den Fußstapfen der beiden 2001 eingestürzten Türme stehen, ist eine einzigartige Gedenkstätte. In den quadratischen Becken, umgeben von schlichten Bronzetafeln mit den eingravierten Namen aller Opfer, stürzen künstliche Wasserfälle neun Meter in die Tiefe – ein ewiger Kreislauf.

Es werden Erinnerungsfotos gemacht. Die Menschen lächeln für die Lieben daheim, aber ausgelassen ist niemand. Schilder mit Benimmregeln fordern die Besucher auf, sich angemessen zu verhalten, doch wirklich ermahnt werden muss niemand. Sehr schnell wird an diesem Ort die Tragödie gegenwärtig, fließen Tränen, werden vereinzelt Gebete gesprochen.

Noch emotionaler ist der Besuch des 9/11 Memorial. Es hält die Erinnerung wach und dokumentiert die Geschichte des 11. September 2001. Die Hintergründe der Attentate auf New York, das Pentagon und Flug 93 in Pennsylvania werden erklärt. Auch die Bombenexplosion am 26. Februar 1993 durch Islamisten in der Tiefgarage des World Trade Centers ist Bestandteil der Dokumentation des Angriffs auf die westliche Welt. Tausende von persönlichen Gegenständen der Getöteten, verbeulte Feuerwehr- und Polizeiautos, verstaubte Fahrräder, die noch immer an einem Ständer angekettet sind, ein Teil der Treppe, die etlichen Menschen das Leben gerettet hat, verformte Stahlträger der Türme, erschütternde Filmdokumente und vieles mehr macht fassungslos.

Tondokumente, die unter die Haut gehen

Nur die Lobby des Memorial ist überirdisch, nur in sie dringt Tageslicht. Immer tiefer geht es über Treppen und Rampen hinein in den Untergrund, immer dunkler wird es, immer stiller die Menschen. Auch dort können viele ihre Tränen nicht zurückhalten, besonders in der „Kapelle“, wo von jedem der 2983 Opfer ein Bild hängt. Die Hinterbliebenen – Ehepartner, Eltern, Kinder und Freunde – erzählen ganz Persönliches aus dem Leben der Menschen, die sie verloren haben.Tondokumente, die unter die Haut gehen.

New York hat den Anschlag überlebt. „Yes,we can“ war einst der Wahlslogan von Barack Obama. „Yes, we can“ dürfen auch die New Yorker stolz von sich behaupten. Sie haben den Folgen des Anschlages getrotzt, sind nicht in Depression verfallen, haben aus Ground Zero eine ewige Erinnerungsstätte erwachsen lassen und mit dem Bau des One World Trade Centers der Südspitze Manhattans eine neue Skyline gegeben. Sie ist mehr als nur eine optische Auferstehung.

Der fertiggestellte erste Turm, das höchste Gebäude der westlichen Hemisphäre von 541 Metern in 102 Etagen und mit einer Spitze von 124 Metern, dominiert den gesamten Komplex. Der zweite Turm, geplant vom dänischen Architekten Bjarke Ingels, wird erst in einigen Jahren die derzeit prominenteste Baulücke der Welt geschlossen haben.

Ein atemberaubender Blick

Heute kann sich der New-York-Besucher im One World Observatory auf der 100 bis 102 Etage einen atemberaubenden Blick gönnen – an klaren Tagen bis zu 50 Meilen weit. 32 Dollar muss er allerdings hinlegen. Dafür aber wird er in 47 Sekunden mit dem Fahrstuhl auf den 102. Stock katapultiert, sieht in dieser Zeit die Geschichte New Yorks in LED-Technik an sich vorbei rauschen, kann in schwindelerregender Höhe an einer stylischen Bar ein paar Drinks genießen. Abwärts simuliert die Fahrstuhlkabine einen kreiselnden Helikopterflug zurück auf die Erde.