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Mit dem HKX von Essen nach Hamburg – die neue Verbindung im Test

Mit dem HKX von Essen nach Hamburg – neue Verbindung im Test

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Die neue Privatbahn „HKX“ soll eine preiswerte Alternative zur Deutschen Bahn sein. Interessant könnte sie für Nostalgiker sein: Einige Anhänger stammen vom legendären „Rheingold“-Zug, andere fuhren früher für die DDR-Reichsbahn. Servicemäßig erinnert allerdings vieles an die Deutsche Bahn. Servicemäßig erinnert vieles an die Deutsche Bahn: volle Züge, keine funktionierende Klimaanlage in Sicht.

Essen. 

Wochenende in Hamburg, immer ein Erlebnis. Wie reisen wir an? Mit dem Flugzeug ab Düsseldorf? Zu teuer. Mit dem Wagen über die Autobahn? Kostet Zeit, ist gefährlich. Also mit dem Zug. Man könnte ja in die Bahn steigen.

Aber wir wollen sparen. Deshalb nehmen wir den „Hamburg-Köln-Express“. Eine Privatbahn, die als „HKX“ vom Rheinland an die Elbe rattert, mitten durchs Ruhrgebiet mit bequemem Zustieg in Duisburg, Essen, Gelsenkirchen. Das Buchen ist einfach. Rein ins Internet, ein paar Tasten gedrückt. Macht 18 Euro pro Person für die Hinfahrt, 28 Euro für die Rückfahrt. Wir staunen. Und das sogar mit Festplatz-Reservierung.

Die Hinfahrt

Samstag, 7.55 Uhr. Der Zug fährt ziemlich pünktlich in Essen ein. Die E-Lok ist rassig-schwarz lackiert. Aber ist das wirklich unsere Bahn? Was hinter der Lokomotive steckt, sieht aus wie ein Museumszug auf einer Ausfahrt. Ein Sammelsurium aus Uralt-Waggons. Ein verblichener Wagen wurde in Basel aufgegriffen, ein anderer stammt aus dem Erbe des legendären „Rheingold“, original elfenbeinfarben-rot lackiert, mit dem „DB“-Zeichen aus der Dampflok-Ära. Wir finden Platz in einem dunkelgrünen Anhänger. „DR“ steht drauf. Offenbar ein ausrangierter Abteilwagen der DDR-Reichsbahn, der früher mal in Cottbus oder Magdeburg eingesetzt war und vom Abstellgleis zurück auf die Schiene geholt wurde.

Es riecht nach Geschichte. Immerhin wurden die Sitze erneuert. Sie sind jetzt blau und durchaus komfortabel. Der Schaffner von HKX hat graues Haar. Er trägt eine dunkle Uniform und eine buntgestreifte Krawatte. Er bittet erst mal alle Passagiere auszusteigen, die eine „Fahrkarte der Bahn, ein Bärenticket oder das Wochenendticket haben“. Denn: „Das gilt hier nicht.“ Es knarzt und quietscht. HKX tritt an. Die Route hat ihre Reize. Der Antiquitäten-Zug rast mit erstaunlichem Tempo auch über Trassen, die man nicht kennt. Dortmund sehen wir gar nicht. Wir biegen gleich hinter Gelsenkirchen nach Münster ab.

Reisen wie früher

Wir teilen das Abteil mit einem Ehepaar aus Kasachstan, das seit 17 Jahren im Rheinland wohnt und eine Menge zu erzählen hat. Frau Kasachstan muss mal. „So etwas“, sagt sie nach ihrem Ausflug aufs Bord-Klo ergriffen, „habe ich noch nie gesehen“. Da ahnt sie noch nicht, dass es auf der Rückfahrt noch übler kommt.

Die Heizung im Abteil ist ausgefallen. In der Nacht hat es noch Frost gegeben. „Soll ich sie umsetzen?“, fragt der Schaffner die Fröstelnden. Wir verlassen Münster, und der Schaffner ist nicht mehr freundlich. Durch den Bord-Funk legt er sich mit unerzogenen Passagieren „in den letzten beiden Wagen“ an: „Sollten Sie die Türen noch einmal blockieren, ist der nächste Bahnhof für sie die Endhaltestelle.“ Wenig später entdeckt der Schaffner, nun hörbar aufgebracht, Reisende, die in seinem Nichtraucherzug in vollen Zügen rauchen. Die übliche Strafe mit der Endstation droht. Natürlich muss am Ende keiner vorzeitig aussteigen. Dafür ist Hamburg in Sicht. Viel erlebt für 18 Euro. Preise wie früher mit Reisen wie früher.

Die Rückfahrt 

Es wird ein pralles Wochenende an der Alster, doch nun beginnt das wahre Abenteuer. Denn am nächsten Tag um 16.50 Uhr startet HKX die Rückreise. Der Zug soll laut „Wagenstandsanzeiger“ an Bahnsteig 12a aus zehn Waggons bestehen. Es rollen aber nur sechs in den Hamburger Bahnhof ein, es ist laut digitaler Anzeige ein „Ersatzzug“. Warum? Wird nicht geklärt. Dafür stimmen viele Sitzreservierungen in den Waggons, diesmal von der „Nordostseebahn“ übernommen, nicht mehr.

Ausgerechnet in unserem Abteil hat HKX heute die Bord-Bar eingerichtet. Eigentlich angenehm. Doch zwischen Becksbier und Bohnenkaffee ist leider für uns kein Raum. „In Wagen 2 ist Platz in Abteil 10“, rät uns der Schaffner. Also wühlen wir uns durch volle Gänge. Abteil 10? Natürlich alles voll. „Darf ich mal Ihr Ticket sehen?“, keucht der nächste Schaffner, zeigt nach links: „In Wagen 4 ist sicher noch was frei.“ Offenbar kennt der Mann seinen Zug nicht. Denn wir müssen nach rechts, quetschen uns wieder durch Koffer und Menschen.

Mollige Wärme, volles Abteil

Unterwegs stoßen wir auf den Schaffner, der uns eben in die Irre schickte. Er sagt: „Darf ich mal Ihr Ticket sehen?“ Dann nimmt er uns, danke, an die Hand, führt uns zu einem verriegelten Abteil. Erstaunlicherweise hat er den richtigen Schlüssel und wir einen Platz. Sekunden später ist leider auch diese Zug-Insel vollgelaufen. Sechs Leute auf engem Raum, die Sonne knallt rein, mollige Wärme. Keine Klimaanlage in Sicht – wie wird das wohl im Sommer?

Der Bordfunk ist diesmal so leise, dass wir nicht mehr verstehen, ob Raucher oder Blockierer an Bord sind. Die Toilette in Wagen 4 ist kaputt. Aber das Becks läuft gut. Als wir in Essen aussteigen, schauen wir auf die Uhr: Nur acht Minuten zu spät. Das ist tatsächlich wenig für eine Reise zurück in die Vergangenheit. Mal sehen, wie wir beim nächsten Mal nach Hamburg reisen.