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Gstaad im Berner Oberland ist das Dorf der Millionäre

Gstaad im Berner Oberland ist das Dorf der Millionäre

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Schon lange ist die Schweiz ein beliebtes Land für die Reichen und Schönen dieser Welt. Im Dörfchen Gstaad wird jedoch eher residiert als geprotzt.

Gstaad. 

Der schönste Parkplatz für einen Bugatti ist ein Schaufenster in Gstaad. Gleich zwei Edelkarossen stehen im Erdgeschoss eines schmucken Chalets an der „Promenade“, der Postkarten gerechten Einkaufsstraße des 3000-Seelendorfs im Berner Oberland. Mit Wallys Snackbar gegenüber könnte der Kontrast kaum größer sein, die Holzhütte wirkt wie eine großherzige Geste des hier residierenden Jet Sets an den Durchreisenden, der seine Kreditkarte nicht in Brand setzen will: Ein Cheeseburger für zwölf Franken gilt hier unbedingt als Schnäppchen.

In den Boutiquen links und rechts haben sich die üblichen Verdächtigen eingenistet, die auf Namen wie Louis Vuitton, Hermès oder Moncler hören. Und wenn Fremdenführerin Marianne Lupi, eine sportlich schicke, sonnengebräunte und tiefenentspannte Frau Anfang 60, auf Nachfrage erzählt, dass sie im Sommer in Monte Carlo und San Remo lebt, klingt das nicht nach Angeberei, sondern erinnert eher an die Selbstverständlichkeit, mit der Reichtum in Gstaad gelebt wird. „Hier kommt keiner hin, um gesehen zu werden“, erzählt sie. „Wer das will, geht nach St. Moritz oder Zermatt“. Altes Geld sei dezent, nicht protzig.

Einwohner sind größtenteils Ausländer

Die ehemaligen Filmstars Roger Moore und Julie Andrews posieren immerhin fürs Hochglanzmagazin „Gstaad My Love“, das in den Suiten der Luxushotels kostenlos ausliegt. Aber wer sonst hinter den dicken Holzbalken der schneebedeckten Chalets residiert, lasse sich ein Gstaader nicht entlocken, versichert Frau Lupi, die schon hier lebte, als noch Gunter Sachs zur Party lud.

Nun ja, räumt sie ein, als Roman Polanski unter Hausarrest stand, weil die Schweizer überlegten, ob sie den Filmregisseur wegen eines mehr als 30 Jahre alten Sexualdelikts an die USA ausliefern sollten (was sie nicht taten), drängten sich Securitymänner und Journalisten vor dem Chalet – und mit der Geheimniskrämerei war’s vorbei. Unlängst hat mal wieder ein Haus für 125 Millionen Franken den Besitzer gewechselt, ein Unternehmer aus Kanada ließ sich die Chance nicht entgehen. Zwei Drittel der Bewohner sind Ausländer.

Federer logiert auf 400 Quadratmeter

Dass der Euro gerade absäuft und der Franken 20 Prozent teurer geworden ist, „hat schon zu allerlei Krisensitzungen im Schweizer Tourismus geführt, allerdings nicht hier“, versichert Kerstin Sonnekalb, eine fröhliche Badenserin, Mitte 30 und PR-Chefin für die Region Saanenland, eine Gruppe von acht Örtchen, zu denen auch Gstaad gehört. „60 Prozent unserer Gäste sind Schweizer, zehn bis zwölf Prozent Deutsche, und zudem haben wir 70 Prozent Stammgäste“, rechnet sie vor. Bei den Preisen, die hier herrschen, glaubt man ihr, dass ein Aufschlag von 20 Prozent nicht so viele Kunden abschreckt. Dass man sich zum Beispiel im Grenzland „große Sorgen macht“, könne sie verstehen: „Das wird eine Riesenherausforderung für den Schweizer Tourismus.“

Christof Leibenger, Verkaufs- und Marketingchef des Fünf-Sterne-Grand Hotels „Park“, räumt ein, dass seit der Ukraine-Krise ein paar russische Gäste weniger gekommen seien. „Aber dafür sind es nun halt ein paar mehr aus dem mittleren Osten.“ Die Zimmer kosten mindestens 700 Euro, die 400-Quadratmeter-Suite, in der Tennis-Champion Roger Federer mit der Familie logiert, wenn er beim ATP-Turnier im Dorf aufschlägt, 18.000 Euro. Pro Nacht. Wer das bezahlen kann, für den sind 20 Prozent Ziffern ohne Bedeutung.

Kurze Skisaison

Die ebenso hübschen, wenn auch etwas weniger eleganten Nachbardörfer mögen nicht so prominent sein, aber in Saanen oder Saanenmöser klingen die Preise auch nicht mehr ganz so bedrohlich. Billig ist freilich selbst hier nichts, der hohe Schweizer Qualitätsanspruch in allen Produkten ist aber genauso spürbar. Die mit vielen Ökotricks versehene, flammneue Jugendherberge bietet Betten ab 40 Euro – wer ins Doppelzimmer will, muss allerdings 63 pro Person hinblättern, Frühstück und Schokoladentäfelchen auf dem Kopfkissen inklusive. Fairerweise sollte man hinzufügen, dass die Herberge bei aller Nüchternheit mit den Materialien Holz, Stein und Beton wesentlich attraktiver ist als ein in die Jahre gekommenes Drei-Sterne-Hotel.

Die Skisaison ist nur kurz, von Mitte Dezember bis Mitte März, denn die Berge bieten zwar ein malerisches Panorama, sind allerdings kaum höher als 2000 Meter. Für den Skipass sind 62 Franken am Tag fällig, insgesamt 220 ganz überwiegend schöne Pistenkilometer können die Abfahrer nutzen, die meisten davon sind leicht oder mittelschwer.

120 Kilometer gibt’s für den Langläufer in der Loipe. Wer die sportlich anspruchsvolleren Herausforderungen sucht, ist in den Höhen von Zermatt sicher etwas besser aufgehoben. Charmanter allerdings nicht. Und billiger übrigens auch nicht.