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Die Panamericana zieht abenteuerlustige Touristen magisch an

Die Panamericana zieht abenteuerlustige Touristen magisch an

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Panama vom Kanal aus entdecken © 2012 AP. Photographer: Arnulfo Franco Foto: AP
Was für den einen die Deutsche Bäderstraße ist, ist für den anderen vielleicht die Panamericana: ein Traum. Allein der Name dieser Verbindung von Alaska bis Feuerland verheißt schon Abenteuer. Also machen sich Auto- und Motorradfahrer, Camper, ja sogar Radler, immer wieder auf den Weg.

Panama-Stadt. 

Hunderte wagen jährlich die Abenteuerfahrt von Alaska bis Feuerland – mit Wohnmobil, Geländewagen, Motorrad oder Fahrrad. Nicht alle schaffen es. Ohne Flugzeug oder Schiff läuft gar nichts. Denn die Traumstraße hat in der Wildnis eine gefährliche Lücke.

Das waren Zeiten! Bis vor wenigen Jahren standen immer wieder gestrandete Touristen fassungslos vor der Deutschen Botschaft in Panama Stadt. Sie fragten nach einem halben Tag Rückfahrt verzweifelt, warum die Straße kurz vor Kolumbien plötzlich endet. „Die ist doch auf unserer Karte dick eingezeichnet“.

Vor dem Zeitalter des Internets war es etwas schwieriger, an zuverlässige Reiseinformationen über die Panamericana zu kommen. Manche Abenteurer kauften sich wohl die falsche Landkarte. Und manche machen das wohl heute noch.

Im Darien-Nationalpark im Süden Panamas endet die Straße im Busch. Das Schutzgebiet ist wegen seiner unerforschten und seltenen Pflanzen und Tiere Unesco-Weltnaturerbe. Weiter geht die Panamericana erst nach knapp 100 Kilometern in Kolumbien. Diese Lücke, „Darien Gap“ genannt, ist der Übergang von Mittel- zu Südamerika.

Indianische Ureinwohner

Hier gibt es Malaria, Cholera, kleine Wasserstraßen, Sümpfe und Trampelpfade für indianische Ureinwohner, aber auch für Wegelagerer und die Drogenmafia. Im Darien wird die Asphaltstraße, die 300 Kilometer zuvor zehnspurig durch Panamas Hauptstadt führte, nach und nach zur Sand- und Holperpiste. Wenige Kilometer hinter dem Ort Yaviza ist an einer Reihe von Buden und Häuschen aus Holz im tiefsten Busch endgültig Schluss.

Die durchgehende Kartenmarkierung der weltbekannte Strecke, die englisch Pan-American Highway und spanisch Carretera Panamericana heißt, sind politischen Träumern und schlecht informierten Kartographen zu verdanken. Das haben auch immer wieder Mitarbeiter der Deutschen Botschaft den gestrandeten Fahrern – höflich und diplomatisch formuliert – klar gemacht.

Wer mit Wohnmobil, Geländewagen oder VW Käfer von der Prudhoe im Norden in Alaska bis zum Südzipfel Amerikas in Argentinien unterwegs ist, dem bleibt das Containerschiff von Colón in Panama nach Cartagena in Kolumbien, um den Darien zu umgehen, was mit 1300 bis 2600 US-Dollar (rund 970 bis 1940 Euro) zu Buche schlägt. Hinzu kommen die Flugkosten für die Reisenden.

„Einfacher ist das mit dem Motorrad“, sagt Udo Beume aus Köln. Der Restaurantbesitzer, Logistik- und Reisexperte in Panama Stadt empfiehlt Bikern einen Seetrip für Mann und Maschine. Attraktiv ist der regelmäßige Shuttle als Fünf-Tages-Trip von den San Blas Inseln nach Cartagena, zum Beispiel mit dem Fährschiff „Stahlratte“. Das kostet 900 US-Dollar für Fahrer mit Bike inklusive Segeln, Relaxen, Schnorcheln, Inseltrips und Verpflegung.

26.000 km von Alaska bis Feuerland 

Die Panamericana zieht etwa 26.000 Kilometer durch den Kontinent, nur ein Teil ist als klassische Schnellstraße befahrbar. Vor allem durch die USA und Mexiko geht es recht flott. Doch auf dem Land – vor allem in Zentralamerika, in Peru und Ecuador – machen mancherorts Pferdekarren, Ziegen und andere Tiere die Reise zur Geduldsprobe.

Und weil die Traumstraße seit Jahrzehnten Millionen Touristen anlockt – auch wenn viele nur ein kleines Stück befahren – schmückt sich gern jedes Dorf, jede Kirche, jeder See im Umkreis von 100 Kilometern mit dem Etikett der berühmten Route. Viele Nebenstrecken entstanden. Inzwischen locken über 45.000 Kilometer nach dem Motto „Wir sind Panamericana“ Besucher an. Durch 14 Länder führt sie, mit Seitenrouten sind es ein halbes Dutzend mehr.

Die Route ist eine Straße der Herausforderungen, der Schönheit, der Träume, Sehnsüchte und des Todes. Sie hat schon viele Opfer gefordert: bei Unfällen, Überfällen und auch bei Mordanschlägen, vor allem im Grenzgebiet zwischen Panama und Kolumbien. Es lauern noch andere Fallen. Zum Beispiel in Nicaragua unweit der Grenze zu Costa Rica: Die Sonne versinkt im Pazifik. Lange Kokospalmen werden zu Schatten. Die meisten Fahrzeuge schalten ihr Licht ein, aber nicht alle.

Rinder blockieren die Straße

Hier am Abzweig nach San Juan El Sur unweit von Ozean und Nicaragua-See fährt ein betagtes Moped, mit Hänger und Gemüsekörben auch in diesen Abendstunden ohne Licht, ebenso zwei Fahrradrikschas und das Pferdefuhrwerk, das gerade abbiegt. Auch tagsüber zwingen nicht selten langsame Traktoren und Rinder, die die Straße überqueren, zu großer Vorsicht. Und 7000 Kilometer weiter südlich in der Atacama-Wüste im Norden Chiles sind Auto- und Buswracks sowie Holzkreuze Zeugnisse von Unglück und Tod.

Manche Globetrotter sind mit Auto und schwerem Bike ein bis zwei Jahre unterwegs, Radler brauchen drei bis fünf. Es geht auch schneller. Doch unterwegs locken so viele Highlights und Welterbestätten. Dazu zählen Maya- und Inka-Ruinen, feinsandige Palmenstrände, Kraterseen, Kolonialstädte, Wüste und Urwald mit üppiger Flora und Fauna sowie im Nord- und Südzipfel des Kontinents ewiges Eis.

Eines der berühmtesten Ziele nahe der Panamaricana ist der Atitlan-See im Hochland von Guatemala mit Vulkanen, ursprünglichen Maya-Dörfern und farbenprächtigen Märkten. Eine Verbindungsroute durch die Berge Anfang der 1940er Jahre hat den über 1500 Meter hohen See überhaupt erst auf die touristische Landkarte gesetzt.

10.000 „Gringos“ leben bei Panajachel

In und um die Kleinstadt Panajachel am Atitlan leben über 10.000 „Gringos“, darunter auch Künstler, Geschäftsleute und Aussteiger aus Deutschland. Manche sind auch während ihres Trips von Alaska nach Feuerland hier hängengeblieben oder später zurückgekehrt.

„Natürlich profitieren alle am See auch von der Panamericana“, sagt Hans Schäfer. Er stammt aus Allmendingen im Alb-Donau-Kreis und betreibt im 600-Seelen Dorf Jaibalito am See eine Posada mit Zimmern, Speis‘ und Trank. Schäfer, der früher viel Motorrad fuhr, hat noch einen Tipp: „Bitte nicht nach Sonnenuntergang auf der Panamericana fahren. Wegen der häufigen Erdrutsche gibt es Behinderungen und Baustellen, die kaum beleuchtet und schlecht gesichert sind.“

Die Idee, Amerika vom Nord- bis zum Südzipfel mit einer durchgehenden Straße zu verbinden, ist fast 90 Jahre alt. 1925 unterschrieben 17 amerikanische Staaten in Buenos Aires einen Vertrag zum Bau der Mammutstraße. Die Strecke entstand nach und nach, Anfang und Ende in Alaska und im argentinischen Feuerland sind bis heute nicht geteert, und andere kleine Abschnitte auch nicht. Die Orte der Gletscher und des Eises haben außer Pinguinen und Eisbären auch nur sehr wenige Besucher.

Auch für Radler ist die Traumroute interessant 

Und wer kein Geld und keine Zeit für die Tour durch Las Americas hat, der kann doch dabei sein. Es gibt hunderte Bücher, Reportagen, Filme, TV- und Radioreportagen und Internet-Blogs. Jeder kann in Gedanken und mit dem Finger auf der Landkarte mitreisen.

Radfans erfahren so, dass die steile Straße in Boliviens Hauptstadt auch von Nicht-Profis zu schaffen ist. „Die Einfahrt nach La Paz durch das 4100 Meter hoch gelegene El Alto war wesentlich weniger schlimm, als wir befürchtet hatten“, schreibt eine Radlergruppe im Internet.

Und auch ein alter grüner Käfer hat es geschafft: „Nach 16 Monaten und über 52.000 unfallfreien Kilometern auf der Panamericana haben wir doch tatsächlich unser Ziel erreicht, die Stadt, die von sich behauptet, die südlichste der Welt zu sein: Ushuaia“, heißt es auf www.panamericana-im-alten-vw.de .

Noch ist das Loch nicht geschlossen

Und wann wird die Panamericana zur Vollendeten und das Loch geschlossen? Die nächsten Jahre sicher nicht. Denn die fehlende Landverbindung nach Kolumbien schützt Urvölker und Natur im Darien und erschwert die Einfuhr von Drogen, Maul- und Klauenseuche. Da ist sich die Mehrheit der Panamaeños sicher. Das ist auch ganz im Sinne der Politik in Washington. Es gibt immer wieder private Pläne, einen regelmäßigen Fährbetrieb auch für Autos wieder aufzunehmen. Das würde Fahrzeit und Kosten reduzieren.

Informationen und SicherheitAbenteurer haben die Durchquerung der Darien-Lücke zu Fuß, mit Rucksack und Kanupassagen geschafft und darüber detailliert berichtet. Doch das Auswärtige Amt in Berlin warnt: „Im Osten und Süden der Urwaldprovinz Darien, insbesondere im Grenzgebiet zu Kolumbien, bestehen hohe Sicherheitsrisiken. Es wird dringend davon abgeraten, sich dort aufzuhalten.“

Im Reisehinweis für Panama findet sich für Unkundige in Zeiten des Internet tatsächlich folgender Hinweis: „Entgegen den Angaben auf verschiedenen Landkarten gibt es auch keine Straßenverbindung nach Kolumbien.“ Immer wieder riskieren Waghalsige aus Abenteuerlust die gefährliche Reise mit dem Geländemotorrad. Das wird dann häufig auf verschiedenen kleinen Booten verstaut, die auf Wasserarmen durch Wildnis und Dschungel schippern. (dpa)