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Das Projekt „Metabolic Lifestyle“ behandelt Burnout-Syndrom mit Steinzeit-Lebensstil

Steinzeit-Lebensstil als Mittel gegen Burnout

Burnout
Foto: WAZ FotoPool
Mit archaischer Nahrungssuche, Schlafen nach dem natürlichen Tag-Nacht-Rythmus und keinerlei Technik gegen den Burnout angehen. Das ist die neue Methode des Projekts „Metabolic Lifestyle“ zur Behandlung der Erkrankung. Acht Freiwillge wurden in die Allgäuer Alpen geschickt und hatten Erfolg.

Hinterstein. 

Müde, schlapp und ausgebrannt? Die Lösung: Leben wie in der Steinzeit! Das zumindest schlägt ein bayerisches Institut gestressten Berufstätigen vor.

Für das Projekt „Metabolic Lifestyle“ wurden acht Freiwillige in die Allgäuer Alpen nahe Hinterstein geschickt, um ihren Stoffwechsel umzustellen. Fernab von Zivilisation und Leistungsdruck sollte dort dem Burnout-Syndrom, einer chronischen Erschöpfungserkrankung, vorgebeugt werden. Und tatsächlich belegen die ersten Ergebnisse der Studie, dass die acht Teilnehmer nach einer Woche voller Entsagungen und körperlicher Anstrengungen wacher, fitter und leistungsfähiger waren.

Archaische Nahrungssuche

Projektleiter Sebastian Spörer versichert, mit Dschungelcamp habe die Bergtour nichts zu tun. Die Teilnehmer mussten auch nicht mit Fell und Keule durch die Wälder jagen. Um ihre Stressresistenz und Vitalität zu verbessern, wurde eine archaische Nahrungssuche simuliert, erklärt Spörer. Er leitet das Erste Deutsche Zentrum für Leistungsmanagement und Burnout-Prävention in Hopferau im Ostallgäu. Die „Steinzeit-Metabolen“ – zwei Frauen und sechs Männer im Alter von 30 bis 52 Jahren – bewegten sich tagtäglich und zwar ohne Frühstück. Vom 2. bis 9. Juli legten sie insgesamt 120 Wanderkilometer zurück. Die Nahrung beschränkte sich auf Fleisch, Obst und Kräuter.

Auf technische Hilfsmittel wurde verzichtet und geschlafen wurde nach dem natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus. „In den ersten zwei bis drei Tagen haben wir schon ein wenig gelitten“, erinnert sich Spörer. Nicht nur das Wetter hätte kaum schlechter sein können, auch das Hungergefühl sei ein ständiger Begleiter gewesen. „Was das für die Moral bedeutet, muss man wohl nicht extra erläutern“, sagt Spörer.

„Den ganzen Tag nur Wiesenklee“

Teilnehmer Jürgen Pucher bestätigt: Er habe ganz schön mit sich ringen müssen. „Teilweise waren es schon Extremsituationen“, gesteht er. Die leeren Mägen hätten ununterbrochen gegrummelt. „Es gab den ganzen Tag nur Wiesenklee, vielleicht mal Erdbeeren am Wegesrand und abends Fleisch, das wir selbst zerlegen mussten“, schildert er. Doch dann stellten sich erste Erfolge ein. Die Gemüter in der Gruppe erhellten sich, vor allem weil das Hungergefühl ausblieb. „Super interessant war auch, dass meine Haut schon nach drei Tagen besser geworden ist“, berichtet der 30-jährige IT-Administrator. Er leidet unter Neurodermitis, die in Stresssituationen stets schlimmer wurde.

Projektleiter Spörer erklärt, der Stoffwechsel der Studienteilnehmer habe auf Fettverbrennung umgestellt. Die Blutstressparameter und die Herzfrequenzvariabilität, die als Indikatoren für Zivilisationskrankheiten gelten, verbesserten sich. So habe sich der Blutdruck von drei Teilnehmern, die mit schlechten Werten angereist waren, über die Projektwoche normalisiert. Der Blutzuckerspiegel sei bei allen „eklatant“ um durchschnittlich 16 Prozent gesunken, sagt Spörer. Darüber hinaus hätten sich die Cholesterinwerte der Probanden verbessert, wodurch das Herzinfarktrisiko gesenkt wurde.

Regelmäßige Alpen-Workshops geplant

IT-Administrator Pucher gesteht rückblickend, dass er vor dem Projekt ständig unter Strom stand, immer erreichbar sein musste. Die Studie habe ihn dafür sensibilisiert, mehr auf seinen Körper zu hören. Er achte nun darauf, sich Pausen zu gönnen und sich proteinreich zu ernähren. Kohlenhydrate machten nämlich schlapp. Daher verzichte er auf die früher so heiß geliebte Frühstückssemmel. Stattdessen gönne er sich jetzt erst mittags einen Salat mit Fisch oder Fleisch. „Ich habe im Job gemerkt, dass mir geistige Tätigkeiten leichter fallen, und ich schlafe auch besser“, resümiert Pucher.

Auch wenn noch nicht alle Daten ausgewertet sind, sagt Spörer: „Die Ergebnisse haben uns bestärkt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Eine an die Menschen vor 10.000 Jahren angelehnte Lebensweise reduziere Druck und damit das Burnout-Risiko. Ab nächstem Jahr werden regelmäßig Alpen-Workshops für abgespannte Berufstätige angeboten. „Wir sorgen dafür, dass Menschen motiviert im Beruf bleiben“, verspricht Spörer. Gesundheit und Stressprävention gibt es aber nicht umsonst. Rund 2.000 Euro kostet die metabolischen Bergtouristen eine Reise in die Steinzeit. (dapd)