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Auf Menorca ticken die Uhren anders

Auf Menorca ticken die Uhren anders

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„Menorca ist eben Menorca“, sagen die Einheimischen über die Baleareninsel, die 1993 zum Unesco-Biosphärenreservat erklärt wurde. Wer mag, kann diese zu Fuß, per Rad oder Pferd erkunden, Weinberge durchwandern oder sich in unberührten Buchten mit türkisblauem Wasser entspannen.

Menorca. 

Von Otto von Bismarck stammt das Bonmot: „Wenn die Welt untergeht, ziehe ich nach Mecklenburg-Vorpommern. Dort passiert alles 50 Jahre später.“ Nun könnte man Mecklenburg-Vorpommern getrost durch Menorca ersetzen. Denn auch auf der kleinen Baleareninsel ticken die Uhren anders. Dies spürt man ganz besonders auf dem Land, in den kleinen Hotels und Agroturismos, jenen Bauernhöfen, die Gäste bei sich willkommen heißen.

Da ist Binigaus Vell. Die ehemalige Käserei aus dem 19. Jahrhundert liegt nur 900 Meter vom Dorf Es Migjorn Gran entfernt. Doch kaum hat man das Hofportal des 20-Zimmer-Hotels passiert, befindet man sich in einer anderen Welt. Sind es die mächtigen Kiefern, deren Äste sich im Wind wiegen? Der Blick von der Terrasse über die weite Ebene? Die Freundlichkeit der Gastgeber? Schwer zu sagen. Sicher ist nur, dass dieser Ort etwas Besonderes hat. Und das fanden wohl schon die Ureinwohner der Balearen. Schließlich haben die Talayots, die vor rund 3000 Jahren auf Menorca lebten, genau an dieser Stelle einen Rundturm errichtet. Er steht heute noch – unmittelbar neben dem Hotel. Und man fühlt sich berührt, wenn man in die Höhe steigt, um von dort die wunderbare Aussicht zu genießen. Und was grünt sie grün, Mallorcas kleine Schwester, die 1993 zum Unesco-Biosphärenreservat erklärt wurde.

Am Käse kommt man auf Menorca nicht vorbei

Landwirtschaftliche Nutzung und Naturerhalt schließen sich eben nicht aus. Und so wurde in Binigaus Vell noch bis vor rund zehn Jahren Käse produziert, für den die Insel so berühmt ist. Heute allerdings widmen sich die Besitzer der Zucht von menorquinischen Pferden. Jener kräftigen, dunklen, ganz eigenen Rasse. Einige der prachtvollen Rösser stehen Hotelgästen für Ausflüge zur Verfügung. So geht es zu unberührten Buchten mit türkisblauem Wasser. Oder auf dem Camí de Cavalls entlang, dem Jahrhunderte alten „Weg der Reiter“, der einst dazu gedient haben soll, Feinde rechtzeitig zu erspähen und in die Flucht zu schlagen. Denn der Pfad, der heute nur zu Fuß, per Rad oder Pferd erkundet werden darf, führt einmal um die Insel, immer der 190 Kilometer langen Küste entlang.

Am Käse kommt man auf Menorca natürlich nicht vorbei, auch wenn er auf Binigaus Vell nicht mehr hergestellt wird. Dafür gibt es ja das Landhotel Hort de Sant Patrici in Ferreries. Dort kann man nicht nur den Mitarbeitern der Familie Casals beim Käse machen über die Schulter schauen. Man kann ihn auch nach Herzenslust probieren. Dazu lässt man sich ein Gläschen hauseigenen Wein einschenken, denn auf Hort de Sant Patrici wird auch Rebensaft gekeltert.

Sieben Kilometer von Menorcas Hauptstadt Maó

Schön zum Unterschlüpfen ist auch das Sant Joan de Binissaida mit seinen zwölf Zimmern. Das schmucke Haupthaus stammt aus dem Jahr 1830. Und darin befindet sich unter anderem die Suite Rossini – man merkt, der Eigentümer ist ein großer Opernfreund. Zu diesem Paradezimmer gehört sogar eine eigene kleine Kapelle. So war das früher auf den Balearen: In den Herrenhäusern gab es fast immer auch eine geweihte „capilla“. Zu dem Hof, sieben Kilometer von Menorcas Hauptstadt Maó entfernt, gehören zwölf Hektar Land, auf denen Schafe grasen. Lamm ist denn auch ein Gericht auf der Speisekarte des Hotel-Restaurants. Wer mehr auf Gemüse und Obst steht, kommt ebenfalls auf seine Kosten: Bohnen, Auberginen, Paprika, Feigen, Erdbeeren und vieles mehr werden selbst angebaut. Der Küchenchef kreiert daraus Köstliches wie Feigensalat mit delikaten Käse-Raspeln oder Kürbis-Carpaccio.

Ein guter Tropfen dazu stammt bestenfalls aus der nur wenige Kilometer entfernten Bodega Binifadet. Dort verkauft Weingutbesitzer Carlos Anglés. Seine Liebe zu den Tintos, Blancos und Rosados spürt man allenthalben: Jeder ist bei ihm willkommen, jeder darf kostenlos probieren, jeder kann auf eigene Faust eine Tour durch seine Weinstöcke unternehmen. Und es kann sein, dass Carlos Anglés dann irgendwann mit ein paar Käsehäppchen daherkommt, seiner neuen Kreation, bei der doch glatt Ziegenkäse mit Rotwein aromatisiert wurde. Woran man sieht: Die Insel ist sehr eigen. „Menorca ist eben Menorca“, sagen die Einheimischen und zucken mit den Schultern. Aber das zu entdecken, macht ja gerade Spaß.