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Tanzverbot an Karfreitag – was erlaubt ist und was nicht

Tanzverbot an Karfreitag – was erlaubt ist und was nicht

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Foto: dpa
In den meisten Bundesländern gelten an Karfreitag strikte Regeln und Verbote. Kritiker finden die gesetzlichen Vorgaben nicht mehr zeitgemäß.

Essen. 

Karfreitag gilt Christen als Tag der Buße. Gemäß der biblischen Überlieferung soll Jesus an diesem Tag verurteilt und gekreuzigt worden sein. Daher gilt er als „stiller Feiertag“. In den meisten Bundesländern – so auch in NRW – gelten strikte Regeln, darunter auch das häufig diskutierte Tanzverbot. Wir klären auf: Was ist an Karfreitag erlaubt und was nicht – und was sagen die Kritiker?

Was ist an Karfreitag in NRW verboten?

Neben den Bestimmungen für Sonn- und Feiertage regelt §6 im Feiertagsgesetz NRW die Verbote für die sogenannten „stillen Feiertage“. Zu diesen zählen Volkstrauertag, Allerheiligensonntag, Totensonntag und Karfreitag. Märkte, gewerbliche Ausstellungen, sportliche und musikalische Veranstaltungen und der Betrieb von Spielhallen sind untersagt. An Karfreitag gelten diese Bestimmungen bis Samstag, sechs Uhr. Auch verboten ist das Aufführen von Filmen, die vom Kultusministerium nicht genehmigt wurden. Auch Theateraufführungen während der Hauptzeit der Gottesdienste sind nicht erlaubt. Laut §7 ist Tanzen bereits am Gründonnerstag ab 18 Uhr untersagt.

Was ist erlaubt?

An Feiertagen sind laut Gesetzestext „Arbeiten, die zur Erholung im Rahmen der Freizeitgestaltung dienen“, erlaubt. Somit dürfen Museen, Zoos, Fitnessstudios und Saunen öffnen. Auch Gastwirte können ihre Arbeit fortsetzen, erklärt Isabel Hausmann vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein (Dehoga): „Gaststätten und Restaurants dürfen öffnen, aber sie müssen das Musikverbot einhalten.“

Halten sich alle Betreiber an die Regeln?

Wer Glück hat, kann an Karfreitag in seine Lieblingsbar gehen. In Discotheken wird man eher selten Erfolg haben. „Aber ein paar schwarze Schafe gibt es immer“, sagt Hausmann. Die Betreiber müssen mit einem Bußgeld in vierstelliger Höhe rechnen. Im vergangenen Jahr etwa wurden in Essen drei Veranstalter zur Kasse gebeten. Regelmäßig ist an diesem Tag auch die Tunerszene im Revier unter dem Motto „Car-Freitag“ unterwegs. In Bochum strahlt eine kleine Gruppe den Film „Das Leben des Brian“ aus – was seit 1980 an Karfreitag eigentlich verboten ist.

Sind die Regeln in allen Bundesländern gleich?

Die Verbote sind auf Landesebene geregelt. Mit Ausnahme von Bremen, Berlin und Hamburg gelten in den Bundesländern ganztägige Tanzverbote. In Berlin etwa wird jedes Jahr an Karfreitag das Turnturnier das „Blaue Band“ eröffnet. Die Bestimmungen gelten in der Landeshauptstadt von vier bis 21 Uhr, in Bremen sogar nur von sechs bis 21 Uhr. In Hamburg müssen die Menschen von zwei Uhr bis zwei Uhr am folgenden Tag auf Musik verzichten.

Was sagen die Kritiker?

„Das Verbot ist nicht mehr zeitgemäß“, bemängelt Isabel Hausmann vom Dehoga. „Die Gesellschaft ist so multikulturell, dass man das nicht mehr verallgemeinern kann.“ Die Menschen sollten selbst entscheiden können, wie sie ihre Freizeit nutzen, meint sie. Zudem entstünden bei Kneipen und Bars finanzielle Verluste. „Restaurants können damit eher leben, weil Musik dort nicht so wichtig ist“, sagt Hausmann.

Die Piratenpartei NRW stört sich ebenfalls an der Bevormundung durch den Staat: „Was ein selbstbestimmter Bürger in seinem privaten Umfeld macht, ob Disco- oder Gottesdienstbesuch, sollte jedem Einzelnen selbst überlassen sein“, sagt Michele Marsching, Vorsitzender der Piraten-Fraktion im Landtag. Er kritisiert auch, dass die momentanen Vorgaben für alle Glaubensgruppen gleichermaßen gelten. „Diese Art des Schutzes einer speziellen Glaubensgruppierung ist überholt“.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov gaben drei Viertel der Befragten an, keinen Gottesdienst an Ostern besuchen zu wollen. Eine Mehrheit von 53 Prozent sprach sich dafür aus, das Tanzverbot beizubehalten, 38 Prozent der Befragten waren dagegen.

Was sagt die Kirche?

Das Bischöfliche Generalvikariat Münster verweist auf die lange Feiertagstradition, die sich auch im Grundgesetz wiederfände. „Generell gilt, dass Feiertage zu allen Zeiten und in allen Gesellschaften maßgeblich zur Qualität des Zusammenlebens in einer Gesellschaft beigetragen haben und beitragen“, erklärt ein Sprecher des Bistums Münster. „Denn die Menschen brauchen Zeiten, an denen sie nicht arbeiten müssen, an denen sie mit ihren Familien und Freunden zusammen sein können und an denen sie, wenn es ihnen wichtig ist, auch gemeinsam Gottesdienst feiern können.“ Außerdem stellt der Bistumssprecher in den Raum, ob es wirklich eine Zumutung sei, wenige Tage im Jahr nicht hektisch zu sein.

Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, wirbt dafür, die Zwangspause an Karfreitag beizubehalten. Die Erinnerung an den Tod Jesu trage Traurigkeit in sich, die sich in der Stille widerspiegele. „Feiertage ohne den Inhalt, ohne das, was sie ausmacht, zu begehen, ist sinnlos. Es bräuchte ja auch keinen Tag der Arbeit ohne Mai-Kundgebungen.“ (lo,ac,epd,dpa)