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Düsterer Dortmund-Krimi: Was macht der Tatort aus der Stadt?

Nach Dortmund-Krimi: Was macht der Tatort aus der Stadt?

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Foto: WDR/Thomas Kost
Die ARD-Krimireihe Tatort kann ein großer Werbefaktor sein: Duisburg war zuerst verärgert, Münster jubelt seit Jahren und Dortmund bleibt erstmal gelassen.

Ruhrgebiet. 

Mord und Totschlag, Drogen und Prostitution, Kriminelle, wohin das Auge blickt. Und der Himmel über Dortmund ist so düster wie die Stimmung der Ermittler. „Das Fremdenverkehrsamt Dortmund denkt nach jeder Sendung über Frühpensionierung nach“, spottete jemand nach der jüngsten Tatort-Folge im Internet.

Sigrun Späte, stellvertretende Geschäftsführerin bei DORTMUNDtourismus, kennt das schon. Immer, wenn sonntags in der ARD ein Tatort aus ihrer Stadt über den Bildschirm flimmert, wird diskutiert im Netz. Schlecht fürs Image des Ruhrgebietes seien die Krimis, glauben viele. Ganze Stadtteile würden fälschlich als Ghetto dargestellt, Kommissar Faber und sein Team könnten dafür sorgen, dass Touristen die Stadt meiden.

Manche Touristen fragen gezielt nach der Nordstadt

Späte winkt ab. „Wir haben noch nie von Gästen gehört, die wegen des Tatortes weggeblieben wären.“ Im Gegenteil, „manche fragen gezielt nach der Nordstadt“, dem Problemviertel der Stadt. „Da sind aber auch viele Besucher, die auf den Spuren des BVB wandeln wollen“, sagt Späte.

Ansonsten, sagt die Touristikerin, sei man von Tonlage und Machart des Sonntagskrimis nicht überrascht worden. „Klar hätten wir es gerne, wenn auch ein paar schöne Bilder aus der Stadt gezeigt würden“, gibt sie zu. „Aber das ist ja kein Werbefilm.“

Das sieht auch ARD-Tatort-Koordinator Gebhard Henke so. Man bemühe sich um „spannende, authentische Geschichten.“ Da herrsche nicht Friede, Freude, Eierkuchen. „Wenn man Tatort-Stadt geworden ist, muss man damit leben, dass auch Dinge thematisiert werden, die nicht so toll sind.“

Münster – eine Ausnahme

Ausnahme von der Regel ist Münster, wo der Krimi oft zur Komödie wird, wenn das Duo Thiel und Boerne auf Mörderjagd geht. „Es ist unglaublich, was der Tatort uns beschert hat“, schwärmt Juliane Unkelbach vom Münster Marketing. „Nach jeder Folge von hier steigt die Zahl der Anrufe bei uns.“ Deshalb hat man bereits vor einiger Zeit reagiert und einen Krimiführer entwickelt, der den Besuchern den Weg zu wichtigen Schauplätzen der Serie zeigt, aber auch Drehorte des ebenfalls in Münster beheimateten ZDF-Krimis „Wilsberg“ kennt. „Das wird hervorragend angenommen.“ Allerdings ist es auf dem Prinzipalmarkt oder in Wilsbergs Antiquariat auch schöner als in der Dortmunder Nordstadt.

Trotzdem muss man im Revier die Hoffnung nicht aufgeben. Denn auch in weniger attraktiven Städten kann eine Krimireihe einiges bewirken. Albuquerque in den USA etwa erlebt seit der Serie „Breaking Bad“ einen wahren Ansturm von Touristen. Und im schwedischen Ystad spricht man gar von einem „Wallander-Effekt“, seit der von Henning Mankell erschaffene Kommissar dort ermittelt. Dabei ist der Mann nicht unbedingt eine Ausgeburt der Freude.

Er habe noch nicht erlebt, dass ein Krimi das Image einer Stadt beschädigt hätte, sagt auch Jürgen Block, Geschäftsführer der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland. Im Gegenteil: „Tatort-Stadt zu sein ist schon etwas Besonderes.“

In Duisburg gibt es heute eine Schimanski-Gasse

Manchmal braucht es nur ein wenig Zeit, um das zu merken. „Denken sie an Schimanski“, sagt Henke. „Den hat in Duisburg anfangs auch keiner gemocht.“ Nicht nur, weil er dort fahndete, wo die Stadt ihre Schattenseiten hat, vor allem, weil er das genau Gegenteil des damals ungeheuer beliebten Hansjörg Felmy war, der als Heinz Haferkamp einst überaus korrekt und unauffällig auf Essener Straßen für Ordnung sorgte. Heute dagegen ist der von Götz George gespielte Schmuddel-Ermittler eine Duisburger Touristenattraktion mit einer nach ihm benannten Gasse und speziellen Führungen.

In Dortmund würde man Touristen auch gerne zu Drehorten bringen. Wenn es denn welche gäbe. „Aber es wird ja immer nur ganz kurz in der Stadt gedreht“, sagt Späte. „Mehr Drehtage wären schön.“ Doch da kann Gebhard Henke keine Abhilfe in Aussicht stellen. Gedreht wird auch in Zukunft überwiegend in Kölner Studios. Aus Kostengründen. Mehr Außenaufnahmen in der jeweiligen Tatort-Stadt würden schnell 100 000 Euro zusätzlich kosten. „Und die“, bedauert der Koordinator, „können wir uns nicht leisten.“