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Drei NRW-Städte stehen in der Kriminalitäts-Statistik vorn

Drei NRW-Städte stehen in der Kriminalitäts-Statistik vorn

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Großeinsatz gegen Wohnungseinbrüche in Düsseldorf - ein Archivbild. Auch in der Landeshauptstadt ist die Gegend rund um den Hauptbahnhof ein Angstraum für viele Bürger. Foto: Kai Kitschenberg/Funke Foto Services (Archiv)
Wie sicher ist NRW? Das fragen sich nach Köln viele. Tatsächlich zählen drei NRW-Städte zu den gefährlichsten – und die Aufklärungsquote ist niedrig.

Köln/Düsseldorf/Dortmund. 

Köln, Düsseldorf, Dortmund. Es sind die drei Städte, die in der Liste der sechs gefährlichsten Kommunen Deutschlands zu finden sind – neben Frankfurt, Berlin und Hannover. Der Trend ist in der Neujahrsnacht durch die Vorgänge am Kölner Hauptbahnhof nur bestätigt worden. Solche Dramen und die Daten der bundesweiten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) verfestigen zunehmend Zweifel, die es schon lange gibt: Hat das vermeintlich „ruhige“ Bundesland NRW Probleme mit der harten Kriminalität und deren Eindämmung?

In Köln war die Polizei unter den Augen der Öffentlichkeit hilflos. War das zum ersten Mal so?

Leider nein. In den letzten drei Jahren ist es zu ähnlichen Vorgängen gekommen. Im Oktober 2014 rotteten sich 5000 Hogesa-Hooligans, Rechtsextreme und Straftäter hinter dem Kölner Hauptbahnhof zusammen. Schwere Ausschreitungen folgten. Die Polizei brauchte Stunden, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen. 50 Beamte wurden verletzt. In Aachen vertrieben im Herbst 2013 im Ostviertel 60 Bewohner 20 Polizeibeamte, weil diese einen 21-jährigen Flüchtigen stellen wollten. Der Kreis der Angreifer bestand hier aus Drogendealern und illegal Eingewanderten.

Wie sicher können wir an Rhein und Ruhr noch leben?

Wahr ist: Die weit überwiegende Mehrzahl der Menschen in Nordrhein-Westfalen wird nie im Leben Berührung mit Kriminalität bekommen. Meist ist die Furcht davor viel größer. Wahr ist aber auch: Polizei und Justiz zählen jährlich rund sechs Millionen Straftaten in Deutschland. 1,5 Millionen davon meldet Nordrhein-Westfalen. Das ist ein Viertel der deutschlandweiten Kriminalität und deutlich über dem Anteil des Landes an der Zahl der Bundesbürger. Allerdings gehört zu dieser Rechnung auch eine Expertenerfahrung: Bundesländer mit einer prägend großstädtischen Bevölkerung – besonders also NRW – sind „krimineller“. Denn die meisten Straftaten gibt es dort, wo es die meiste Anonymität sie verbirgt.

In welchen Großstädten sind die Menschen besonders heftig von Straftaten betroffen?

Für die direkte Belastung hat die PKS die Messzahl „Straftaten je 100 000 Einwohnern“. Dadurch ergibt sich folgendes deutschlandweites Ranking: Frankfurt mit 16 292 Straftaten liegt auf den unrühmlichen Platz 1, es folgen Köln (15 009), Berlin (14 908), Düsseldorf (14 757), Hannover mit 14 756 und Dortmund mit 14 078 Taten je 100 000 Einwohnern. Damit liegen drei NRW-Städte in der Gruppe der ersten sechs mit besonderer Kriminalitätsbelastung – noch vor Hamburg (13 724), Leipzig und Bonn.

Wo liegen die Ursachen für diese hohen Belastungen?

Für fast jede der betroffenen Städte sind spezielle Erklärungen möglich. Oft ist entscheidend, ob der jeweilige Ort ein Verkehrsknotenpunkt ist. In Frankfurt beispielsweise treiben die zahlreichen Einreisevergehen am größten Flughafen der Republik die Zahlen hoch. In NRW werden die Hauptbahnhöfe von Köln, Düsseldorf und Dortmund und neuerdings auch deren Bus-Terminals von Banden heimgesucht, die Gepäck- und Taschendiebstähle begehen. Hier kommt auch der „Antanztrick“ ins Spiel, der in der Kölner Silvesternacht eine so große Rolle gespielt hat. Hannover und Berlin sind wiederum Zentren des Drogenhandels.

Straßenkriminalität mit Raub oder tätlichen Angriffen spielt eine wichtige Rolle. Wie sieht es damit in den anderen NRW-Großstädten aus?

Tatsächlich beträgt der Anteil der Straßenkriminalität, zu der auch die Kölner Vorgänge gezählt werden können, fast 22 Prozent aller deutschen Straftaten. Deshalb ist die „interne“ NRW-Statistik dieser Kriminalitäts-Spielart besonders interessant. Köln liegt 2014 mit 47.086 Fällen aus diesem Bereich an der Spitze. Erst mit weitem Abstand folgen Düsseldorf (25 353) und Dortmund (23 003). Dortmunds direkte Nachbarn, die Bochumer, zählen nur 8000 solcher Fälle, Essen rund 15 000 und Duisburg 11 597. Wer etwas über die tatsächliche Belastung durch Straßenkriminalität wissen will, muss aber auch hier die Zahl der Fälle je 100 000 Einwohner kennen. Da liegt Düsseldorf nur knapp hinter Spitzenreiter Köln – und bundesweit noch vor Hamburg und Berlin.

Viel zu tun für die NRW-Polizei. Schafft sie es, die meisten Taten aufzuklären?

Bei weitem nicht – weder speziell bei der Straßenkriminalität noch bei anderen Straftaten. Nordrhein-Westfalen hat seit vielen Jahren mit rund 49 Prozent die drittschlechteste Aufklärungsquote aller Bundesländer. Nur Hamburg und Berlin sind noch mieser. Dabei geht es hier nicht um Stellen hinter dem Komma. Schon der Bundesdurchschnitt liegt bei knapp 55 Prozent. Und die Polizei in Bayern und Thüringen klärt 64 Prozent der Straftaten auf. Wichtig zu wissen: Mord und Totschlag werden fast überall im Bundesgebiet hundertprozentig aufgeklärt. Das liegt daran, dass die Mehrzahl der Tötungsdelikte in Familien oder Bekanntenkreisen vorkommen, die Täter also schneller zu identifizieren sind.

Wie sieht das in NRW aus? Klärt die Polizei hier mal mehr, dort mal weniger gut auf?

Die Trefferquote liegt im Ruhrgebiet deutlich höher als im Rheinland. In Bochum, Dortmund, Duisburg und Essen, wo überall über 50 Prozent erreicht werden, kommt die Polizei sogar besser als im Landesdurchschnitt ins Ziel. Die Aufklärungsquoten in Köln (43,4 Prozent), Düsseldorf (42,3) und Bonn (47,3 ) hinken klar hinterher. Gerade die Aufklärung der Straßenkriminalität fällt aber überall besonders schwer. Die Zahlen schwanken im Revier zwischen 12,3 Prozent (Essen) und 19,2 in Oberhausen. Damit hat Oberhausen schon fast Münchner Werte.