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Kölner Kostüm-Flohmärkte sind Paradiese für Narren

Kölner Kostüm-Flohmärkte sind Paradiese für Narren

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Foto: Felix Heyder
Noch kein Kostüm? In Köln räumen viele Jecke ihre Keller aus und bieten die alten Kostüme an. Die originellsten Schnäppchen gibt es für wenig Geld.

Köln. 

Kornblumenblau ist der Himmel am herrlichen Rheine heute nicht, draußen grieselt es und taucht die alten Fassaden der Kölner Südstadt in grauen Nebel. Aber hier drinnen, in der imposanten Lutherkirche, ist es allein schon wegen der vielen Menschen warm, die sich durch die Gänge schieben. Es gibt Kölsch und Kaffee, Frikadellen und Halve Hahn und Kostüme, jede Menge Kostüme, eines schöner als das andere. Karneval feiern kann jeder, Karneval leben kann man nur hier, auf einem der Kölner Kostümflohmärkte, die immer mehr Zulauf gewinnen. Alaaf!

Kornblumenblau ist auch eines der Prunkhütchen, die Mali Kaiser-Soethout für kleines Geld anbietet. 26 bis 32 Euro kosten die Kreationen, die aus jeder Frau in drei Sekunden ein jeckes Mädchen machen. „Angefangen habe ich für die Kinder in der Schule. Und als die aus dem Alter raus waren, da fehlte mir was. Deshalb mache ich nun Hüte für Erwachsene“, erzählt Frau Kaiser-Soethout.

Nun schneidet die 59-Jährige rechtzeitig vor der Session runde Pappdeckel aus, bügelt sie und klebt sie so zusammen, dass sie ein kleines Deckelchen bilden. Dann wird die Folie geklebt und verziert – grüner Samt und silberne Bänder, ein Seepferdchen und ein paar Muscheln drauf, fertig ist der Meerjungfrauhut. Schwarz-orange das Hütchen mit Spitze, rot und pink, mit Pfeifenreiniger und Tortenschirmchen die üppige Variante und der Klassiker ist „rut-wiess“, in kölschen Farben mit Herzchen und Sternen.

Latzhose, Federboa, fertig!

Und was trägt man dazu? „Einfach ein T-Shirt in der Farbe des Hutes“, sagt die Karnevals-Künstlerin, auch eine Federboa, wenn man es elegant möchte. Oder rustikal – Freundin Carola Kruse (53) nimmt eine weiße Malerlatzhose und färbt sie in der Hütchenfarbe ein. So werden sie feiern gehen.

Fündig geworden ist auch die Familie Bußmann: Fatima (37), Markus (33) und Heidi (21/2) haben die Karnevals-Tüte fast voll. Markus hat ein Sultans-Kostüm aus bestickter Seide für 80 Euro ergattert, Fatima eine maßgeschneiderte Dompteursjacke in rot (50 Euro). Damit geht’s in die „Lachende Kölnarena“ und auf den Zoch.

Lappenanzüge, -Kragen, -Röcke, -Stulpen sind Dauerbrenner, sie sind aus vielen bunten Stofffetzen, die wie Schuppen übereinandergenäht werden, und sehen hinreißend aus. Überhaupt wird viel selbst gemacht, das Kostüm von der Stange ist verpönt. Hier trägt der Pirat den Dreispitz mit Lichterkette, Straußenfedern, Totenköpfen und Weihnachtskugeln, ein Jäger hat den funkelnden Hirsch auf dem Kopf und die Narrenkappen sind aus Schottenkaro- oder Kulturbeutelstoff, Leopardenfell, Hasenplüsch – „Kappe11“ macht so etwas – für 39 Euro pro Stück.

Sogar Taschen werden feilgeboten, selbst gemacht aus Chips-Tüten, aus einem roten Null-acht-fuffzehn-Blouson macht die jecke Schneiderin mit Borten und Biesen und Knöpfen eine Gardejacke (120 Euro), den weißen Tüllrock (30 Euro) und den Bonbon-bestückten Dreispitz dazu, und fertig ist das lustige Funkenmariechen, begleitet vom Galan in Uniform aus dem Fundus eines Musikkorps aus den USA, dunkelgrün mit silberner Schärpe und Anzughose – 120 Euro kostet das komplett.

„In Köln hat doch fast jeder einen Schrank mit aussortierten Kostümen im Keller“, erzählt Sonja Grupe von der Initiative „Südstadt Leben“, die den Flohmarkt in der Luther-Kirche 2009 ins Leben rief. „Mit sechs Ständen und einer Band haben wir angefangen. Dann wurde es immer mehr. Heute haben wir 45 Aussteller und viele Hundert Besucher.“

Schunkeln im Gardebademantel

Die Kostüme sind von Privatleuten oder aber auch aus dem Theaterfundus. Und von begabten Karnevals-Profis mit pfiffigen Ideen. Colette Borchardt ist so eine, sie fertigt Gardemäntel mit den dazugehörigen Kappen aus – Bademänteln! Seit rund fünf Jahren hat sie die Mäntel im Repertoire, für die sie mehrmals die Woche Flohmärkte abklappert auf der Suche nach braunen, orangen, grün-blau gestreiften oder geblümten Schock-Exemplaren, um daraus prachtvolle Jeckenmäntel für 125 Euro zu schneidern. Vorne wird der Mantel abgeschnitten, mit Rüschen und Kordeln verziert. „Allein 200 Stunden hat meine Mama Knöpfe angenäht“, erzählt die dreifache Mutter (48), die aus dem Ruhrgebiet kommt. Tolles Kostüm, warm ist es auch.

„Ich ben ene Räuber, leev Marielche, ben ne Räuber durch un durch…“ singen die Höhner, und man kann nicht widerstehen und kauft zum Abschied eine Federboa für vier Euro von einer imposanten Närrin in einem über und über mit Knöpfen geschmückten Trachtenkleid, die Zopfperücke trägt und auf ihre Brille lange Wimpern geklebt hat. Und das Hütchen kauft man auch, das kornblumenblaue.


Die nächsten Kostümflohmärkte in der Kölner Lutherkirche (Südstadt), Martin-Luther-Platz, sind am 22. (17-21 Uhr), 23. und 30. Januar (11-16 Uhr) und am 24. Januar (11-17 Uhr) im Bürgerzentrum Engelshof, Oberstraße 96.