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Verbieten oder nicht? Städte uneins bei Burkini-Erlass

Verbieten oder nicht? Städte uneins bei Burkini-Erlass

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Foto: picture alliance / dpa
  • Im Jahr 2000 in Australien erfunden, beschäftigt der Burkini seit Jahren Bädergesellschaften, Gerichte und Ministerien
  • Eine städtische Schwimmbäder verbieten die Badebekleidung wegen Sicherheits- oder Hygienebedenken
  • Befürworter sehen in Burkinis eine Möglichkeit, eine bessere gesellschaftliche Teilhabe für strenggläubige Musliminnen zu ermöglichen

Essen. 

Im multikulturellen Ruhrgebiet haben die Städte auch fünf Jahre nach einem Erlass des Schulministeriums zum Ganzkörperbadeanzug für junge Musliminnen keine einhellige Meinung darüber, ob sie die sogenannten Burkinis in öffentlichen Bädern erlauben oder verbieten. Während Oberhausen jüngst sein Okay zum Badeanzug aus langer Hose, Langarmshirt und Haube gegeben hat, ist er beispielsweise in einigen Dortmunder und allen städtischen Bädern in Bottrop wegen Sicherheits- oder Hygienebedenken untersagt. Sport- und Interessensverbände appellieren, Toleranz walten zu lassen, damit auch streng gläubige Frauen und Mädchen Schwimmunterricht bekommen können.

Schwimmunterricht im Burkini

Im Jahr 2000 in Australien erfunden, beschäftigt der Burkini seit Jahren Bädergesellschaften, Gerichte und Ministerien. So hat das NRW-Schulministerium 2011 als Reaktion auf ein Gerichtsurteil erlassen, dass Burkinis beim Schulschwimmen in öffentlichen Bädern erlaubt werden sollten. Auf diese Weise sollte auch Mädchen aus streng gläubigen Familien ermöglicht werden, im Klassenverband schwimmen zu lernen.

In Oberhausen etwa war der Burkini nur während der Schulschwimmzeiten erlaubt. Jetzt wurde das Burkini-Verbot gänzlich aufgehoben. Der städtische Gebäudemanager Hartmut Schmidt erklärte dies auch mit Blick auf Flüchtlinge aus dem islamischen Kulturkreis: „Ich meine, dass man auch ihnen die Chance einräumen muss, hier schwimmen zu lernen.“

In Duisburg hatte der Integrationsrat 2015 lieber getrennte Schwimmzeiten für Muslime gefordert. Die Stadtspitze entschied sich stattdessen, Burkinis zuzulassen. Christen und Muslime sollen gemeinsam schwimmen. „Aus unserer Sicht wirkt das integrationsfördernd“, heißt es aus dem Rathaus.

In Bottrop liegt der Anteil der Muslime unter dem Duisburger Schnitt. Burkinis seien kein Thema, heißt es aus dem Rathaus – und zudem in städtischen Bädern untersagt. Ein Stadtsprecher erklärt das mit hygienischen Bedenken. „Es geht um den Stoff, der häufig nicht dem Material der üblichen Badekleidung entspricht.“

Rettung werde erschwert

Joachim Heuser kennt Vorbehalte gegen Burkinis. Er ist Sprecher der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen, die als Fachverband knapp 6000 Bäder vertritt – und Burkinis als Badekleidung ebenso empfiehlt wie Badeanzüge, Bikinis oder Badehosen. Heuser schränkt dies nur insofern ein, als dass die Ganzkörperanzüge keine Taschen haben dürfen und aus Elasthan oder Polyester hergestellt sein sollen. „Es gibt aber mittlerweile einige Firmen, die Burkinis anbieten, auch bei Schwimmwettkämpfen sind sie zugelassen.“

Während in den Hallenbädern der Stadt Dortmund Burkinis erlaubt sind, verbietet die gemeinnützige Gesellschaft „Sportwelt Dortmund“ die Ganzköperanzüge in ihren Freibädern. Geschäftsführerin Claudia Heckmann nennt die Gefährdung der Schwimmerinnen als Grund: „Die Stoffe der Burkinis saugen sich mit Wasser voll.“ Sie würden dadurch schwerer. Bekleidung erschwere zudem grundsätzlich eine Rettung im Notfall. Ein Argument, das Rettungsschwimmer zurückweisen. Achim Wiese, Sprecher der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), sagt: „Der Burkini kann für eine Badende gefährlich werden, wenn sie nicht schwimmen kann.“ Für den Retter sei es unerheblich, ob jemand Kleidung trägt. „Wenn eine Person in Alltagskleidung ins Wasser fällt, muss man sie ja auch retten können.“ Entscheidend sei aber, ob jemand schwimmen und bei der Rettung helfen kann. Daher seien Schwimmkurse so wichtig.

Erleichterung für die Frauen

Aber schwimmen denn Musliminnen schlechter? Nicht unbedingt, heißt es beim Landessportbund, Vertreter von knapp 19 000 Sportvereinen in NRW. „Aber sie sind seltener in Vereinen“, stellt Siggi Blum fest. Der Landessportbund hat in den vergangenen Wochen recherchiert, wie Vereine das ändern wollen. „Die Vereine gehen sehr pragmatisch mit den Fragen der Integration um“, sagt Blum.

Blum berichtet von geschulten Multiplikatoren, aber auch von speziellen Vereinsangeboten. „Es gibt traditionelle Frauen, die nicht gemeinsam mit Männern schwimmen wollen. Auch sie wollen wir erreichen.“ Burkinis seien deshalb durchaus zu unterstützen, sagt Blum. „Sie bieten eine super Erleichterung für diese Frauen, um ihnen eine soziale Teilhabe möglich zu machen.“