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Vor 30 Jahren wurde der digitale Smiley erfunden

Vor 30 Jahren wurde der digitale Smiley erfunden

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Scott E. Fahlman Foto: ap
Bitte recht :-). Vor 30 Jahren schuf der US-amerikanische Wissenschaftler Scott F. Fahlman aus einer Laune heraus den digitalen Smiley. Tatsächlich aber ist das Grinse-Gesicht, von Fahlman aus den Tastatur-Zeichen Doppelpunkt-Bindestrich-Klammer gestaltet, viel älter und keine Erfolgsgeschichte.

Washington. 

Man muss die ganze Sache wirklich von der Seite aus betrachten. Als Scott Fahlman am 19. September 1982 um 11.44 Uhr in seinem Büro an der Carnegie Mellon Universität von Pittsburgh an seinem Computer auf die Sende-Taste drückte und dabei zur Kontrolle den Kopf schief hielt, konnte niemand ahnen, was ein liegendes Grinsegesicht zwischenmenschlich auslösen kann. 30 Jahre später werden weltweit täglich Millionen E-Mails und Textmitteilungen verschickt, an deren Ende entweder 🙂 oder 🙁 zu finden ist. Ganz zu schweigen von der Vielzahl greller „Emoticons“, die in der Netz-Gemeinde als fester Sprachersatz für nahezu jeden Gemütszustand dienen. Fahlman findet: viel zu oft.

Der 64-jährige Forscher, der sich bis heute mit künstlicher Intelligenz und neuronalen Netzen beschäftigt, kann die vielen bunten Gefühlsgesichter nicht wirklich leiden, für die seine Zeichenkombination Pate stand. Mal haben sie Tränen, mal Mundschutz, mal Sonnenbrillen auf. „Sie sind hässlich und unterlaufen die Herausforderung, mit der herkömmlichen Tastatur neue Smileys zu erschaffen“, sagte Fahlman der „Huffington Post“.

Der Smiley eroberte die Internet-Chatrooms im Sturm

Genau darum ging es dem aus Medina/Ohio stammenden Wissenschaftler anfangs. Um innerhalb der äußerst empfindlichen Vieldenker-Kollegenschaft sicher zu stellen, dass Ironie oder Sarkasmus im täglichen E-Mail-Verkehr richtig verstanden wird, dachte sich Fahlmann das dem alten Kinderbuch-Muster Punkt-Punkt-Komma-Strich-Fertig-ist-das-Mondgesicht entlehnte Symbol für Freude und Enttäuschung aus. Der Doppelpunkt – das sind die Augen, der Bindestrich – das ist die Nase, die Rechtsklammer – das ist der Mund mit den nach oben gezogenen Mundwinkeln. „Hat keine zehn Minuten gedauert.“ Dass sein Smiley die Internet-Chatrooms im Sturm erorbern sollte und heute als legitimer Ersatz für die Unfähigkeit oder den Unwillen gilt, Gefühle in Worte zu fassen, davon hätte Fahlman nie zu träumen gewagt.

Zumal der Smiley bei Licht betrachtet gar nicht seiner ist. Wirklich erfunden hat das gelbe Grinsen einer, der damit kein Glück haben sollte. Harvey Ball, ein Werbe-Designer, der im Zweiten Weltkrieg mit der US-Armee vor Okinawa lag und nur knapp einem Mörser-Angriff entging, dachte sich das universelle Glückssymbol 1963 für eine Versicherungs-Gesellschaft aus, die damit ihr ramponiertes Betriebsklima aufpeppen wollte. 45 Dollar Honorar war sein Lohn.

Was Ball vergaß, sich das Copyright zu sichern, holte 1972 der findige französische Journalist Franklin Loufrani nach. Er veränderte kurz die Original-Proportionen des gelben Strahlemanns, ließ die Grafik in über 80 Ländern schützen, verkaufte das Signet später an Firmen wie den Jeans-Hersteller Levi-Strauss und den Schokoriesen Mars und verdiente damit weit über 100 Millionen Dollar. Der im Internet kursierenden filigranen Variante von Fahlman mochte Loufrani nicht viel abgewinnen. „Das sind doch nur Zeichen.“

Als Verliebte noch Tränen in die Tinte fließen ließen

Es sind die Zeichen der Zeit. Etliche Computerprogramme erzeugen heute aus der Zeichenfolge Fahlmans unaufgefordert gelb angestrichene Smiley-Punkte. Dem Überangebot an digitalem Grinsen in allen Lebenslagen, rät Fahlman, kann man sich manchmal nur unter Einsatz der Löschtaste erwehren.

Heerscharen von Wissenschaftlern haben zudem Art und Gebrauch der Kurzbotschaften analysiert und mit nicht verbalen Symbolen aus der Vorzeit verglichen. Ergebnis: Zu Goethes Zeiten ließen besorgte Mütter schon mal Tränen in die Tinte kullern und Verliebte ihre Post-Botschaften mit zum Kuss geöffneten Lippen oder penetrantem Moschus-Duft verzieren, um jenseits des Aufschreibbaren Gefühle zu zeigen. Heute gilt : )))) als Ausdruck höchster Verzückung, umgekehrt : ((((( als Beweis größter Säuernis. Und wo früher Rosen geschenkt wurden, heißt es heute durch die Blume so: @–)—

Scott Fahlman sieht die Entwicklung mit gemischten :-/ Gefühlen. Manchmal überkommt ihn aber auch so etwas wie Schadenfreude. Dann streckt der Mann, der den Smiley etabliert hat, der Welt kurz die Zunge raus. Wie das geht? Ganz einfach so 😛

Natürlich von der Seite aus betrachtet.