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Julia Timoschenko – Ikone oder skrupellose Opportunistin?

Julia Timoschenko – Ikone oder skrupellose Opportunistin?

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Kaum frei, rief Julia Timoschenko die Opposition zum Weiterkämpfen auf. Foto: Imago Stock & People
Die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko ist nach zweieinhalbjähriger Haft wieder da. Die eiserne Lady der Ukraine, die im Westen gerne als Ikone gesehen wird, polarisiert in ihrer Heimat. Und noch immer ziehen milliardenschwere Wirtschaftsbosse die Strippen in dem Land.

Kiew. 

Zunächst einmal ist die eiserne Lady der Ukraine zurück: Julia Timoschenko, die frühere Regierungschefin, rief noch am Samstag aus einem Rollstuhl heraus die Oppositionellen auf dem Maidan in Kiew zum weiteren Kampf auf. Dabei war sie erst kurz zuvor nach zweieinhalb Jahren aus der Haft entlassen worden.

So schnell, wie sie sich als Wortführerin initiierte – so schnell akzeptierte sie der Westen als führenden Kopf der Opposition. Kanzlerin Angela Merkel etwa gratulierte ihr am Sonntag und bot ihr eine Reha-Maßnahme in Deutschland an, um ihren Bandscheibenschaden auszukurieren. Catherine Ashton, die Außenbeauftragte der Europäischen Union, bezeichnete ihre Freilassung als „wichtigen Schritt“.

Ikone oder Opportunistin?

So schillernd ihr erster Auftritt war: Die im Westen als Ikone dargestellte Timoschenko mit ihrem markanten blonden Haarkranz polarisiert in ihrer Heimat. Kritiker sehen in ihr eine skrupellose Opportunistin ohne klare Positionen. Sie lasten ihr zudem an, dass sie in den von Korruption geprägten 1990er-Jahren als Chefin eines Energieunternehmens zu enormem Reichtum kam. Andere sehen in ihr eine bewundernswerte Verfechterin der ukrainischen Souveränität und der Ausrichtung des Landes in Richtung Europa.

Timoschenko selbst orientiert sich an starken Frauen, die Geschichte machten: Im Kiewer Büro, in dem sie vor ihrer Inhaftierung arbeitete, hingen Porträts von Jeanne d’Arc, Madeleine Albright und Margaret Thatcher. Wie die einstige britische Premierministerin wird auch Timoschenko oft als „Eiserne Lady“ bezeichnet. In der Ukraine heißt sie auch einfach „vona“ – „sie“.

Vitali Klitschko als größter Konkurrent fürs Präsidentenamt

Als größter Konkurrent um das Präsidentenamt gilt immer noch Vitali Klitschko, denn auch der Ex-Boxweltmeister strebt nach der Macht – auch wenn ihm Charisma und Redegewandtheit fehlen. Eine wichtige Rolle spielt auch Oleg Tiagnibok, Kopf der rechtsextremem Partei Swoboda, der mit Klitschko eine Zweckgemeinschaft gegründet hat.

Janukowitschs Rückzug und Timoschenkos Freilassung ist freilich nicht allein der Hartnäckigkeit der Opposition zu verdanken. Offenbar zogen drei Oligarchen die entscheidenden Strippen – und ziehen sie noch. Laut „Zeit Online“ etwa rückten seit Anfang Februar die Könige der Wirtschaft nach und nach von Janukowitsch und seiner Regierung ab.

Kontrolle über 40 Abgeordnete

Tatsächlich ist ihr Einfluss enorm. Oligarch Rinat Achmetow etwa hat laut Forbes 15,4 Milliarden Dollar. Mit seiner Holding System Capital Management kontrolliert er die Stahl- und Kohleindustrie, besitzt den Fernsehsender Ukraina und den Champions-League-Club Schachtjar Donezk.

Achmetow soll etwa 40 Abgeordnete kontrollieren – ebenso wie der Oligarch Dmitri Firtasch, der auf 637 Millionen Dollar geschätzt wird. Nach Medienspekulationen setzt Achmetow auf Timoschenko, während Firtasch die Klitschko-Partei Udar unterstützt. Der dritte im Bund ist Schokoladenproduzent Pjotr Poroschenko. Ihm wiederum geht es vor allem um eine Annäherung an den Westen. (mit dpa/rtr)