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Tierschutzbund will verpflichtenden Tierhalter-Führerschein

Tierschutzbund will verpflichtenden Tierhalter-Führerschein

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Meerschweinchen sind sehr soziale Tiere und sollten mindestens paarweise gehalten werden. Der Tierschutzbund will, dass das jetzt auch in einer Verordnung festgelegt wirde - neben weiteren Pflichten für Heimtierhalter. Foto: imago/imagebroker
Der Tierschutzbund hat eine Verordnung vorgelegt, die die Haustierhaltung viel genauer regelt. Bisher spielte die Regierung nicht mit.

Berlin. 

Der Deutsche Tierschutzbund will, dass Menschen vor dem Kauf von Haustieren einen Sachkundenachweis ablegen müssen: Hunde, Katzen, Meerschweinchen & Co. nur noch für die, die den Tierführerschein haben. Der Verband schlägt einen umfangreichen Entwurf für eine Tierschutzverordnung vor, die detaillierte Vorschriften zum Umgang mit Heimtieren macht. Bisher gibt es ein solches Regelwerk etwa in der Schweiz, in Deutschland aber nicht.

Das Tierschutzgesetz ist viel allgemeiner gehalten und geht nicht so weit. „Es kann quasi jedermann nach Gutdünken ein beliebiges Tier halten oder mit einer Tierart züchten“, sagt Tierschutzbundpräsident Thomas Schröder. Auch zum Handel mit Heimtieren gibt es kaum Vorgaben. Behörden hätten mit der Verordnung Handhabe, in vielen bisher nicht geregelten Fällen wegen Ordnungswidrigkeiten Bußgelder zu verhängen. Der Rahmen im Tierschutzgesetz reicht bis zu 25.000 Euro.

Im ersten Schritt nur Säugetiere

Die Experten haben ein 28 Seiten langes Regelwerk als Vorschlag erstellt, das auch Gesetzeslücken schließen soll. Es geht ans zuständige Landwirtschaftsministerium und die Fraktionen mit der Aufforderung, aktiv zu werden. Der Vorschlag des Tierschutzbundes befasst sich nur mit Säugetieren – andere Tierarten könnten ergänzt werden, „wenn eine Eignung zur Haltung als Heimtier wissenschaftlich nachgewiesen wurde“. So stellen sich die Tierschützer die Verordnung unter anderem vor:

  • Tierhalterführerschein: Bei jeder Neuanschaffung eines Heimtieres soll der zukünftige Tierhalter der zuständigen Behörde einen Nachweis über seine Tierhaltungsmöglichkeiten und Kenntnisse zur Tierart vorlegen müssen. Begründung: Viele Fehler im Umgang mit den Tieren rührten von Unwissenheit her. Rückwirkend soll die Pflicht nicht gelten.Händler sollen überprüfen und dokumentieren müssen, ob ein Käufer die Kenntnisse hat und ein Tier artentsprechend unterbringen kann.
  • Chippflicht für Katzen und Hunde: Katzen sollen einen Transponder bekommen. Bei Hunden ist das bereits in manchen Bundesländern vorgeschrieben. Um Tiere und Halter einander besser zuordnen zu können, sind die Tiere dann in einer dafür vorgesehenen Datenbank zu registrieren.
  • Kastrationspflicht für Katzen: Wer Katzen auch ins Freie lässt, soll männliche und weibliche Tiere grundsätzlich vor Eintritt der Geschlechtsreife von einem Tierarzt kastrieren lassen müssen. Bereits erwachsene Tiere sollen ebenfalls kastriert werden.
  • Betreuungspflicht: Es soll ein Recht für Haustiere festgeschrieben werden, dass sich täglich eine Betreuungsperson mit ihnen beschäftigt – der Anspruch ist von Art zu Art sehr verschieden. Auch Sichtschutz, Versteck- und Beschäftigungsmöglichkeiten sind in dem Entwurf geregelt.
  • Nachweispflicht in Portalen: Wer im Netz Hunde oder Katzen anbietet, soll dem Portal einen Nachweis vorlegen müssen, dass er das Tier art- und verhaltensgerecht gehalten und im Falle des Verkaufes eines Jungtieres art- und verhaltensgerecht aufgezogen hat.
  • Fensterpflicht: Um Tageslicht zu erhalten, sollen Räume Öffnungen zum Tageslicht haben, die mindestens ein Achtel der Bodenfläche betragen. Tiere sollen auch Recht auf natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus haben.
  • Verkaufsverbot im Freien: Heimtiere auf Parkplätzen oder auf Märkten unter freiem Himmel zu verkaufen, verbietet der Entwurf.
  • Verbot von Qualzuchten: Das Verbot gibt es bereits im Tierschutzgesetz, die Kriterien werden in dem Entwurf aber erweiter.
  • Hilfeleistungspflicht: Wer ein Heimtier verletzt oder „sein Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt hat“, muss dem Tier die erforderliche Hilfe zu leisten.
  • Impfpflicht: Das soll gelten für Hunde, aber auch für Katzen und Kaninchen, wenn sie ans Freie gelassen werden.
  • Paarpflicht für sozial lebende kleine Haustiere: Bei Meerschweinchen zum Beispiel ist es nicht artgerecht, ein Tier alleine zu halten. Der Entwurf der Verordnung will Halter zwingen, für ein „verwitwetes“ Tier neue Gesellschaft aufzutreiben, es „fachgerecht zu vergesellschaften“. Viele verantwortungsvolle Tierhalter berücksichtigen das auch bereits, einzelne Tierschutzvereine bieten auch Miet-Meerschweinchen bis zum Tod des verbliebenen Tieres an.
  • Mindestgrößen: Für einzelne Arten wird einzeln festgelegt, wie groß ein Käfig mindestens sein muss – bei Goldhamstern (zwingend einzeln zu halten) etwa mindestens ein Quadratmeter, für Kaninchen im Freien mindestens sechs Quadratmeter, drinnen mindestens 1,20 Quadratmeter bei ausreichendem Auslauf. Räume, in denen Katzen gehalten werden, müssen mindestens zwei Meter hoch sein, mindestens 15 Quadratmeter Grundfläche haben. Bei mehr als zwei Katzen müssen pro Tier mindestens vier weitere Quadratmeter vorhanden sein. Der Entwurf sieht auch Regelungen zu Versteckmöglichkeiten und Beschaffenheit von Katzentoilette und Katzenstreu vor.
  • Halsbandverbot für Katzen – sie könnten sich erwürgen. In einem Anhang ist zudem gesammelt, welches Spielzeug ungeeignet ist und nicht gestattet sein sollte.

Rheinland-Pfalz kämpft für Verordnung

Vor der Bundestagswahl ist nicht damit zu rechnen, dass noch konkrete Initiativen ergriffen werden. Aber im Wahlkampf könnte es für manche Tierfreunde eine Rolle spielen, wie sich die Parteien dazu stellen.

Einen Verbündeten hat der Tierschutzbund in jedem Fall im von einer Ampel reagierten Rehinland-Pfalz. Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, sich auf Bundesebene für eine Heimtierschutzverordnung einzusetzen. 2012 hatte das damals rot-grün-regierte Land unter Kurt Beck im Bundesrat einen Antrag dazu eingebracht.

Bundesregierung ließ 2012 Vorstoß scheitern

Der Antrag wurde nach Angaben des Tierschutzbundes im gesamten Paket der Novelle des Tierschutzgesetzes abgestimmt – die Verordnung kam aber nicht. Verordnungen werden von der Bundesregierung erlassen, selbst eine Mehrheit des Bundesrats kann sie dazu nicht verpflichten. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte keinen Handlungsbedarf gesehen.