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NRW-Städte gehen gegen Schrottimmobilien vor

NRW-Städte gehen gegen Schrottimmobilien vor

Leerstehende Schrottimmobilien an der Dürerstraße.jpg
Foto: FUNKE Foto Services
Ein Jahr nach Inkrafttreten des Wohnungsaufsichtsgesetzes treten die Kommunen immer häufiger Vermietern wegen Verwahrlosung ihrer Immobilien auf die Füße.

Düsseldorf/Duisburg. 

Das „Problemhaus“ hat sich in ein „Geisterhaus“ verwandelt. In Duisburg-Bergheim wertet man das bereits als Fortschritt. Der Gebäudekomplex „In den Peschen 3- 5“ steht heute leer. Im vergangenen Jahr spielten sich hier noch tumultartige Szenen ab, die landesweit Schlagzeilen machten.

Bis zu 2000 Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien lebten zusammengepfercht in 72 Wohnungen. Lärm, Dreck und rechtspopulistische Demonstrationen vor der Haustür setzten der Nachbarschaft zu. Die Stadt Duisburg wirkte lange ohnmächtig – bis ihr das Land ein neues Instrument in die Hände legte.

Juristisch heikel

Seit April 2014 gilt in NRW das „Wohnungsaufsichtsgesetz“. Städtische Behörden können nunmehr gegen Vermieter vorgehen, wenn Wohnungen überbelegt oder verwahrlost sind. Konkret muss ein Erwachsener mindestens neun Quadratmeter Platz zur Verfügung haben und ein Kind mindestens sechs. Fließend Wasser, Strom, funktionierende Haustechnik und schimmelfreie Bausubstanz gehören nun zur gesetzlich geforderten Mindestausstattung.

Selbst wenn es gar keine Mieter-Beschwerden gibt, hat der Staat nun Eingriffsmöglichkeiten. Diese behördliche Grätsche in die Vertragsfreiheit zwischen Vermieter und Bewohner ist juristisch heikel. Doch sie wurde notwendig, weil vor allem in einigen Ecken des Ruhrgebiets Matratzenlager und Schrottimmobilien immer häufiger zum Geschäftsmodell taugten.

Kommunen gehen gegen Missstände vor

Damit ist nun Schluss. Nicht nur das „Problemhaus“ in Duisburg-Bergheim konnte mit Hilfe des neuen Gesetzes für unbewohnbar erklärt werden. Auch andere NRW-Kommunen gehen öfter gegen Missstände in Privathäusern vor. „Das Wohnungsaufsichtsgesetz wird sehr gut angenommen“, so ein Sprecher von Bauminister Michael Groschek (SPD).

In Duisburg, Dortmund, Oberhausen, Gelsenkirchen, Aachen und Düren nutzen die Behörden laut Bauministerium bereits die neuen Möglichkeiten, um unlautere Geschäftspraktiken von Vermietern zu unterbinden. Ein Leitfaden werde erarbeitet, um noch mehr Städten die Anwendung weiter zu erleichtern.

Von Zwangsgeld bis zur Schließung

„Mit dem Wohnungsaufsichtsgesetz haben wir den Wohnungsämtern ein scharfes Schwert in die Hand gegeben“, erklärt die Grünen-Landtagsabgeordnete Daniela Schneckenburger, die als Schuldezernentin in ihre Heimatstadt Dortmund wechselt. Der Maßnahmenkatalog reicht vom Zwangsgeld bis zur Schließung. Allein in Dortmund wurden in den vergangenen zehn Monaten 49 Verfahren gegen Vermieter eingeleitet. In der Mehrzahl der Fälle beseitigte der Hausbesitzer die beanstandeten Mängel. Ein Mietshaus erklärten die Behörden jedoch für unbewohnbar – es gab keine Wasserversorgung.

„Das neue Instrument der Wohnungsaufsicht hat sich bewährt“, glaubt auch die Duisburger SPD-Abgeordnete Sarah Philipp. Die Städte könnten schneller und effektiver auf Überbelegung und Verwahrlosung reagieren. „Ohne das Wohnungsaufsichtsgesetz wäre es schwerer geworden, eine Immobilie wie das Duisburger Problemhaus leerzuziehen“, sagt Philipp.

70 Schrotthäuser in Duisburg

Die Duisburger Stadtspitze hat eigens eine „Task Force“ gebildet, die eine Art Kataster mit bis zu 70 Schrottimmobilien im Stadtgebiet zusammengestellt hat. Bereits dreimal musste die schärfste Sanktion, die „Unbewohnbarkeits-Erklärung“, in Duisburg verhängt werden. Allein im ersten Quartal 2015 rückten sie Behörden zwölf Mal unter Berufung auf das neue Wohnungsaufsichtsgesetz aus.

Ein Allheilmittel gegen abgewohnte Mietskasernen hat Rot-Grün gleichwohl nicht geschaffen. Dortmunds Planungsdezernent Ludger Wilde machte zuletzt gegenüber dem städtischen Wohnungsausschuss deutlich, dass man lediglich grobe Missstände beseitigen lassen könne. „Bis der ordnungsgemäße Gebrauch zu Wohnzwecken wieder gewährleistet ist“, so Wilde. Die wirkliche Aufwertung einer Problemimmobilie gehöre leider nicht zum Instrumentenkasten. Auch die Stadt Duisburg scheiterte bislang mit dem Versuch, das leere „Problemhaus“ in Bergheim aufzukaufen und abreißen zu lassen.