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„Selbstplagiate“ – TU Dortmund ermittelt gegen SPD-Politiker Eumann

„Selbstplagiate“ – TU Dortmund ermittelt gegen SPD-Politiker

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Marc Jan Eumann Foto: Marc Albers
Die eigene Magisterarbeit war Basis für die Doktorarbeit des NRW-Medienstaatssekretärs Marc Eumann. Dokumente zeigen, dass er in etlichen Kapiteln bei sich selbst abgeschrieben hat, ohne dies zu kennzeichnen. Wegen der „Selbstplagiate“ ermittle die TU Dortmund wegen „illegitimen Erwerbs“ eines akademischen Titels.

Essen. 

Im Streit um seine möglicherweise plagiierte Doktorarbeit gerät NRW-Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann (SPD) weiter unter Druck. Anhand von Papieren, die der WAZ Mediengruppe vorliegen, lässt sich das Ausmaß der aufgeblasenen Promotion deutlich machen.

Bekannt ist, dass Eumann an der Universität Dortmund eine Doktorarbeit zum Thema „Der deutsche Presse-Dienst“ (dpd) vorgelegt hat, die auf seiner Magisterarbeit aus dem Jahr 1991 zum gleichen Thema basierte. Nun wird durch einen Vergleich der beiden Ar­bei­ten klar, dass Eumann sich über ganze Seiten selbst zitierte – ohne diese Selbstzitate in den Fußnoten, im Literaturverzeichnis oder sonst wie deutlich zu machen.

Dies ist ein Verstoß gegen die wissenschaftlichen Sitten. Nach den Richtlinien der TU Dortmund kann dieser Verstoß den Verlust der Doktorwürde nach sich ziehen. Eine wissenschaftliche Kom­mission prüft den Vorgang.

Fußnoten übernommen

Bislang war ein direkter Vergleich zwischen den Arbeiten nicht möglich, da Eumann in seiner Doktorarbeit nicht die Passagen deutlich gemacht hatte, die er aus der Magisterarbeit übernommen hatte. Zudem hatte Eumann erklärt, seine Magisterarbeit sei „unveröffentlicht“. Letztere Aussage trifft allerdings nicht ganz zu. So wurde seine Magisterarbeit zumindest im Bundesarchiv veröffentlicht.

Wenn man nun die öffentliche Magisterarbeit neben die im Herbert-von-Halem-Verlag publizierte Doktorarbeit legt, fallen schon in der Einleitung reihenweise nicht markierte Selbstzitate auf. Allenfalls werden einzelne Sätze geringfügig geändert.

Zahlreiche Beispiele

Beispiel: „Die vorliegende Untersuchung analysiert mit dem dpd eine dieser drei Nachrichtenagenturen und hat zum Ziel, an seinem Beispiel die Bedeutung von Nachrichtenagenturen beim Aufbau des Mediensystems im Nachkriegsdeutschland zu bewerten“, heißt es in der Doktorarbeit.

In der Magisterarbeit steht: „Die vorliegende Untersuchung nimmt eine dieser drei Nachrichtenagenturen zur Grundlage einer Beschreibung und des Versuchs einer Analyse des Aufbaus des Mediensystems in Westdeutschland.“

Es geht über nahezu sämtliche Kapitel so weiter, auch Fußnoten wurden übernommen, marginal ver­ändert oder direkt in den Haupttext eingewebt.

Doktorvater will Magisterarbeit nicht gekannt haben

Ein Beispiel aus Kapitel 5.6 der Doktorarbeit: „Ab Sommer 1946 beteiligte er sich (Sänger d. A.) – in unterschiedlichen Funktionen – an der Debatte um inhaltliche und organisatorische Fragen, die die Überführung des dpd in deutsche Hände betrafen.“

Und die Magisterarbeit: „Ab Sommer 1946 beteiligte sich Sänger an inhaltlichen und organisatorischen Fragen, die die Überführung des dpd in deutsche Hände betrafen.“

Der Doktorvater von Eumann, Professor Horst Pöttker, sagte, er habe die Magisterarbeit von Eumann nicht gekannt. Er führte weiter aus, die TU Dortmund ermittle wegen „illegitimen Erwerbs“ eines akademischen Titels.

Verklausulierter Hinweis

Allein im Vorwort der Druckfassung seiner Doktorarbeit kommt Eu­mann verklausuliert auf seine Ma­gisterarbeit zu sprechen. Die Informationen zum dpd flossen „aber nur zu einem Teil in meine von Herrn Professor Dr. Eberhard Kolb betreute Arbeit im Rahmen meines Magister-Artium-Studiums ein. Glücklicherweise habe ich die damals gewonnenen Informationen aufbewahrt, um sie schließlich – über 15 Jahre später – verwenden zu können.“ Im Literaturverzeichnis verschweigt Eumann seine Magisterarbeit, obwohl sie dort hätte erwähnt werden müssen.

Vor Studenten sagte Pöttker, selbst der vage Hinweis auf eine Magisterarbeit habe in der Fassung der Doktorarbeit gefehlt, die ihm vorgelegt worden sei. Der Hinweis müsse von Eumann kurz vor Drucklegung eingefügt worden sein. Gegenüber dieser Zeitung wollte sich Pöttker mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht mehr äußern.

Professor verteidigt die Arbeit

Der Co-Doktorvater von Eumann, Professor Ulrich Pätzold, sagte, er habe Eumanns Magisterarbeit gekannt und Eumann gerade deswegen zur Doktorarbeit gedrängt. Von einem Selbstzitat könne keine Rede sein. Das gebe es gar nicht. Pätzold scheint allerdings die Definition eines Selbstzitats in den Richtlinien seiner Uni unbekannt zu sein. Dort gelten nicht markierte Stellen aus eigenen Texten, die in andere Arbeiten eingefügt werden, als verbotenes „Selbstzitat“.

Eumann selbst wollte sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern.