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Offenbach droht EU-Ausländern: Bei Sozialhilfe Abschiebung

Offenbach droht EU-Ausländern: Bei Sozialhilfe Abschiebung

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imago50566809h~8fecfa79-99c1-4192-9f85-0c7842d85608.jpg Foto: Imago
Ein Urteil des Bundessozialgerichts und die Folgen: In Offenbach sollen EU-Bürger abgeschoben werden, wenn sie Sozialhilfe beantragen.

Offenbach. 

Das rot-grüne Offenbach will EU-Bürgern die Aufenthaltserlaubnis entziehen lassen, wenn sie Sozialhilfe beantragen. Das hat die Stadt angekündigt und bereits in fünf Fällen entsprechende Schritte eingeleitet. Den Betroffenen droht die Abschiebung. Der ungewöhnliche Schritt des sozialdemokratischen Sozialdezernenten ist die Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Dezember. Eigentlich zielt die Stadt darauf, dass eine angekündigte Gesetzesänderung auch schnell kommt.

Die Richter hatten entschieden, dass EU-Ausländer zwar von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen werden dürfen (B 4 AS 44/15 R). Spätestens nach sechs Monaten hätten EU-Ausländer aber Anspruch auf Sozialhilfe in vergleichbarer Höhe, weil es ein Grundrecht auf Sicherung des Existenzminimums gibt. An dem Urteil hatte es Kritik gegeben, weil es als Einladung an Menschen in den ärmsten EU-Ländern verstanden werden könnte. Geklagt hatte ein rumänischer Familienvater, der nach mehreren erfolglosen Versuchen, mit Arbeit Geld zu verdienen, bei den Behörden Hartz IV beantragt hatte und die Geldleistungen dann vor Gericht erstritten hat.

Stadt fürchtet Kostenexplosion

In Offenbach habe das Urteil wie in anderen Städten Entsetzen ausgelöst, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Sozialdezernent und Kämmerer Felix Schwenke (SPD) spricht von einer drohenden Kostenexplosion. Pro Kopf und Jahr müsse die hoch verschuldete Stadt 10.000 Euro aufwenden – und nun drohten Fälle, in denen EU-Bürger ausschließlich nach Offenbach kommen, um dort Sozialhilfe zu beziehen und nicht um zu arbeiten.

Deshalb werde ab sofort „so verfahren, dass in jedem Einzelfall ein Antrag auf Sozialhilfe automatisch zur Überprüfung des Aufenthaltsrechts führt“, so der Sozialdezernent. „Eine solche Überprüfung wird zum Entzug des Aufenthaltsrechts des Antragsstellers führen, da es in der Europäischen Union kein Recht auf freie Wahl des Ortes des Sozialhilfebezugs gibt.“

Derzeit wird nach Angaben der Stadt bereits in fünf Fällen eine Abschiebung wegen des Verdachts auf ungerechtfertigten Sozialhilfebezug geprüft. Ähnlich geht die Stadt bereits bei ausländischen Hartz-IV-Empfängern vor.

Schritt könnte eher symbolisch sein

Schwenke rechnet aber offenbar nicht damit, dass die Stadt in den Fällen schnellen Erfolg erzielt und die Menschen auch zeitnah abgeschoben werden. Es könnte Abschiebehindernisse wie Krankheit geben, zudem könnten Rechtsmittel eingelegt werden. „Beide Fälle könnten Offenbach am Ende teuer zu stehen kommen, wenn es bei der jetzigen Rechtsprechung bleibt.“ Menschen könnten aber abgeschreckt werden, zum Sozialhilfebezug nach Offenbach zu ziehen.

Das Offenbacher Vorgehen ist ein Weg, den der Städtetag Anfang Februar als wenig praxistauglich bezeichnet hatte. Das Aufenthaltsrecht zu entziehen, damit es keinen Anspruch auf Sozialhilfe gibt, verursache in den ohnehin mehr als ausgelasteten Ausländerbehörden vermeidbare Aufgaben, hieß es in einer Stellungnahme.

Schwenke fordert deshalb eine schnelle Gesetzesänderung, entsprechenden Worten müssten Taten folgen. „Es muss sehr schnell eine neue gesetzliche Grundlage geben, nach der arbeitssuchende EU-Ausländer in Deutschland keinen Anspruch mehr auf Sozialleistungen haben!“ Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) hat bereits angekündigt, den Sozialhilfeanspruch von EU-Ausländern beschränken. Sie hatte gesagt: „Wir müssen die Kommunen davor bewahren, unbegrenzt für mittellose EU-Ausländer sorgen zu müssen.“