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NRW gehen die Schüler aus

NRW gehen die Schüler aus

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Foto: ddp

Düsseldorf/Essen. 

Prognose: Manche Gegend könnte bis 2019 jede vierte Schule schließen. Theoretisch. Wie soll die Politik reagieren?

Endlich mal eine Statistik, bei der das Ruhrgebiet im Mittelfeld liegt: Das Statistische Landesamt hat die Entwicklung der Schülerzahlen bis zum Jahr 2019 vorausberechnet. Es erwartet, dass nur in drei Städten wieder mehr Kinder an die Schulen strömen, nämlich in Köln, Bonn und Düsseldorf. Landstriche wie die Kreise Coesfeld, Heinsberg oder der Hochsauerlandkreis dürften hingegen ein Viertel ihrer Schüler verlieren. Irgendwo dazwischen: das Revier. So erwartet Duisburg ein Rückgang um 12,9 Prozent, Essen um 7,7, Bochum um 15, Dortmund um 8,7 Prozent. Nur im nördlichen und südlichen Ruhrgebiet dürften die Rückgänge etwas stärker ausfallen.

Sinkende Schülerzahlen kennt man seit 40 Jahren: 1970 wurden in NRW noch über 316 000 Erstklässler eingeschult. Danach sank die Zahl dramatisch, 1985 stand sie bei 155 000, hatte sich also in 15 Jahren mehr als halbiert. Es kam noch einmal ein Aufschwung, doch 1997 knickte die Kurve wieder, und seitdem sinkt sie sanft aber beständig. Vergangenes Jahr hatten wir noch knapp 167 000 Erstklässler, und 2019, so haben die Statistiker errechnet, werden es wohl 148 000 sein. Grund ist der demografische Faktor – der Umstand, dass immer we­niger Kinder geboren werden.

Löhrmann: Die Lösung ist die Gemeinschaftsschule

Seit Jahren streitet die Landespolitik darüber, wie sie am besten auf sinkende Schülerzahlen reagieren soll. Vor allem die Schulentwicklungsplanung in den ländlichen Kommunen ist davon berührt. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) verwies am Dienstag wie erwartet auf die Gemeinschaftsschule, um trotz des Schülerrückgangs ein vielseitiges Schulangebot sichern zu können. „Es geht darum, unsere Kommunen zukunftsfest und für Familien und die Wirtschaft gleichermaßen attraktiv zu machen”, sagte sie.

Dagegen ist für die FDP die Gemeinschaftsschule kein Weg. „Es wird sicher mehr Schulverbünde geben”, erwartet Ingrid Pieper-von Heiden, „aber wir halten auf jeden Fall an differenzierten Bildungsgängen fest.” Aus Sicht der FDP-Schulexpertin werden Nachbarkommunen bei der Planung mehr als heute kooperieren müssen. Die FDP rechnet insgesamt mit weniger Schulen im Land und setzt bei der Bewältigung des Schülerschwunds unter anderem auf kleinere Klassen. Auch die Lehrerstellen müssten dem System unbedingt erhalten bleiben.

Die CDU spricht von Säulen und ihren Kernen

Auch CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann forderte mehr Vielfalt im Schulsystem. Er glaube nicht, dass der negative Trend bei den Anmeldezahlen an Hauptschulen zu stoppen sei, sagte er. Vor dem CDU-Parteitag, der über eine Neuausrichtung in der Schulpolitik berät, plädierte Laumann erneut für ein System mit zwei tragenden Säulen. „Der Kern der einen Säule werden die Gymnasien sein, der Kern der anderen Säule die Realschulen”, so Laumann. Um diese Kerne werde es weiter gut funktionierende Hauptschulen und Gesamtschulen geben. Die „Einheitsschule” lehnte er ab.

Das Statistikamt traf am Dienstag auch eine Prognose für die einzelnen Schulformen. Erwartet wird demnach ein abrupter Einbruch der Zahlen am Gymnasium, weil 2013 der 13. Jahrgang wegfällt. So viel ist sicher. Für die Vorlieben der Eltern ist die Statistik hingegen blind. „In der Modellrechnung wird ein stabiles Bildungsverhalten unterstellt“, heißt es in den Erläuterungen. Das stimmt, wie man an den Anmeldezahlen der Hauptschulen gesehen hat, nicht immer mit dem wahren Leben überein.