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Jurist Udo Vetter verlässt Piratenpartei – „Sie liegt im Koma“

Udo Vetter verlässt Piratenpartei – „Sie liegt im Koma“

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Udo Vetter Rechtsanwalt in der ARD Talkshow GÜNTHER JAUCH am 23 02 2014 in Berlin Thema der Sendun Foto: imago
Udo Vetter verlässt die Partei der Individualisten, die die Basisdemokratie im Internet entwickeln wollten: Der politische Alltag der Piratenpartei war – nicht nur für ihn – eher eine Quälerei. Das „Experiment Basisdemokratie“ hält er für gescheitert, sieht allerdings regionale Unterschiede. Etwa bei den Piraten an Rhein und Ruhr.

Düsseldorf. 

Zwei Jahre lang hat sich der Jurist Udo Vetter auf das Abenteuer Piratenpartei eingelassen. Zur Bundestagswahl stand er sogar auf Platz zwei der Piraten-Liste in NRW. Nun warf Vetter die Brocken hin. Tief frustriert verlässt er die Partei. Er ist das Chaos, die wilden Beleidigungen, die Flügelkämpfe leid.

„Am Anfang gab es noch ein tolles Gemeinschaftsgefühl“, erzählt er. „Aber inzwischen werden Leute, die sich für die Partei engagieren, auf Versammlungen niedergebrüllt und fertiggemacht.“

Das Experiment „Basisdemo­kratie“ ist Vetters Ansicht nach ­gescheitert. Wenn jeder überall und jederzeit mitreden kann, gebe es ­keine Entscheidungen mehr. Sein bitteres Resümee: „Die Partei ist vielleicht noch nicht tot, aber sie liegt im Koma.“

NRW-Piraten nimmt Vetter von der Kritik aus

Der Düsseldorfer erzählt von Richtungskämpfen und von einer kleinen, aber lauten Gruppe von extrem Linken, die insbesondere von Berlin aus nach Einfluss bei den Piraten strebten. Die NRW-Piraten nimmt Vetter ausdrücklich von der Kritik aus. „Das ist noch eine Achse der Vernunft. Die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl waren gutbürgerlich, ins­gesamt haben die Piraten an Rhein und Ruhr einen sozialliberalen Charakter. In Bayern und Baden-Württemberg ist das ähnlich.“

Doch viele NRW-Piraten tun es Vetter gleich und kehren der Partei den Rücken: In den vergan­genen sechs Monaten verlor die ­Piratenpartei kontinuierlich Mitglieder. Lag deren Zahl im Oktober vergangenen Jahres noch konstant bei über 6000, sind es mittlerweile weniger als 5700 Piraten in NRW – Tendenz sinkend. 1943 davon sind stimmberechtigt. In Bayern und ­Baden-Württemberg sieht die Kurve nicht viel anders aus. Sinkende ­Mitgliederzahlen als Sinnbild für den von Vetter beschriebenen ­Zustand: einen äußerst kritischen.