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Junge Muslime sind Lehrern ein Rätsel

Junge Muslime sind Lehrern ein Rätsel

Deutsche Lehrer wissen nach Ansicht des Dortmunder Erziehungswissenschaftlers Ahmet Toprak „zu wenig“ über junge Muslime. Ein neuer Leitfaden soll Pädagogen helfen. Sie müssen den Jugendlichen stärker deutlich machen, wer das Sagen hat.

Berlin. 

Deutsche Lehrer wissen nach Ansicht des Dortmunder Erziehungswissenschaftlers Ahmet Toprak „zu wenig“ über Wertvorstellungen und Denkweisen von Eltern aus traditionellen türkischen oder arabischen Milieus. „Viele glauben: Die Eltern haben einfach keine Lust sich zu kümmern.“ Aber das sei kein Desinteresse, sondern Scheu und eine fundamental andere Auffassung von Erziehung.

„Die Erziehungsstile im Elternhaus stehen im Widerspruch zu denen in der Schule“, so Toprak. Zusammen mit seinem Bochumer Kollegen Aladin El-Mafaalani hat der Wissenschaftler im Auftrag der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung einen Leitfaden für Pädagogen und Erzieher zusammengestellt.

„Das Leben von muslimischen Jugendlichen ist für uns noch immer ein Dunkelfeld“, bestätigte Familienstaatssekretär Hermann Kues bei der Vorstellung des Leitfadens in Berlin. Der Kernpunkt: Eine auf deutsche Mittelschichtfamilien ausgerichtete Lernkultur trifft in den traditionellen Milieus türkischer und arabischer Herkunft auf ein eher autoritäres Verständnis von Erziehung und Unterricht. Betroffen seien bis zu 40 Prozent der rund vier Millionen Muslime in Deutschland.

Es muss klar sein, wer das Sagen hat

„Es gibt hohe Bildungserwartungen bei türkischen Eltern“, so El-Mafaalani. Aber: Die meisten traditionell eingestellten Eltern halten sich aus schulischen Belangen heraus. „Die Erziehungsberechtigung geht für die Schulzeit auf den Lehrer über.“ Elterngespräche seien unüblich, auch bei Problemen. „Eine Lehrkraft in der Türkei oder in Syrien, wo ich herkomme“, sagt El-Mafaalani, „würde sich nie an die Eltern wenden. Hier lösen die Lehrer das Problem selbst.“

Toprak meint: Die Kinder und Jugendlichen bräuchten mehr Orientierung und eine andere Ansprache. Autoritärer also? „Sicher wäre das ein Weg“, sagt auch El-Mafaalani. Aber das Wort hört in Deutschland keiner mehr gern – weil es nach Willkür klingt. Also sagt Toprak lieber: „autoritativ“. Das heißt: Es muss klar sein, welche Regeln es gibt und wer das Sagen hat.

Dass besonders Lehrerinnen ein Akzeptanzproblem bei jungen Machos aus türkischen und arabischen Unterschichtfamilien haben, sehen die Wissenschaftler, wollen aber kein Argument daraus machen: „Auch in der Türkei ist der Großteil der Lehrer in der Grundschule weiblich.“