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Stadt Mülheim prüft mögliche Abschaffung der Straßenbahnen

Stadt Mülheim prüft mögliche Abschaffung der Straßenbahnen

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Foto: Oliver T. Mueller
Verfall der Infrastruktur: Die Stadt Mülheim will die Straßenbahnen einmotten und in Zukunft komplett auf Busse setzen. Der Erhalt des Schienennetzes ist für die mit rund einer Milliarde verschuldeten Stadt schlicht zu kostspielig. Bereits am Donnerstag muss im Stadtrat die Grundsatzentscheidung fallen.

Mülheim/Düsseldorf. 

Mülheim bereitet den Abschied vom Schienenverkehr vor. „Wir können uns den Unterhalt von sechs Straßenbahn- und U-Bahn-Linien nicht mehr leisten“, sagte der Kämmerer der mit etwa eine Milliarde Euro verschuldeten Stadt, Uwe Bonan, am Mittwoch auf Anfrage. Bereits am Donnerstag muss im Stadtrat die Grundsatzentscheidung fallen. Die örtliche Verkehrsgesellschaft hat grünes Licht für 20 dringend benötigte Straßenbahnen beantragt.

Das Problem Mülheims ist das Problem aller Städte. Bund und Länder haben zwar in früheren Jahren den Ausbau von Schienensystemen mit 90 Prozent der Kosten bezuschusst. Ersatz und Erneuerung aber bleiben überwiegend bei den Städten hängen.

Schlechte Nachrichten für Verkehrsbetriebe kommen aber nicht nur aus Berlin. Beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr steht am Freitag eine Umstellung der Fördersystematik für Neufahrzeuge auf der Tagesordnung. Bislang konnten sich Verkehrsbetriebe dafür aus einem Fördertopf bedienen, der zuletzt 64 Millionen Euro ausmachte. Geplant sind nun Pauschalen, die direkt an die Städte fließen und an keinen Zweck gebunden sind – mithin auch zum Defizitausgleich dienen können. „Wir werden zu Bittstellern bei Pleite-Städten“, sagte ein regionaler Bahnvorstand. „Wie das endet, ist klar“.

Mit Mülheim verbundene Städte sind entsetzt

Mittlerweile regt sich bundesweiter Widerstand. Die Dachgesellschaft der Verkehrsbetriebe (VDV) wirbt in Berlin seit einiger Zeit für eine finanzielle Beteiligung des Bundes an Erneuerungsinvestitionen. Die Gespräche sollen bald durch öffentliche Aktionen befeuert werden. Unter dem Titel „Damit Deutschland vorne bleibt“ hat sich ein Verbund aus der Deutschen Bahn, großen Verkehrsgesellschaften und Herstellerfirmen zusammengefunden, der noch vor der Bundestagswahl Druck ausüben will. „Wenn die Infrastruktur im Nahverkehr verfällt“, so ein Sprecher, „legt sich die Politik mit Millionen Fahrgästen täglich an.“

In Mülheim hat die Gewerkschaft Verdi für Donnerstag bereits zu einer Kundgebung aufgerufen. Reiner Bus-Verkehr könne leicht privatisiert werden. Essen, Duisburg und Oberhausen, die Städte, die mit Mülheim per Bahn verbunden sind, sind entsetzt: Die Mülheimer Verkehrsgesellschaft befördert 28 Millionen Menschen im Jahr. Ebenfalls 28 Millionen Euro beträgt das Defizit.