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Geldwäsche zur Terror-Finanzierung im Blick der NRW-Behörden

Geldwäsche zur Terror-Finanzierung im Blick der NRW-Behörden

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Unternehmen in NRW tun zu wenig gegen Geldwäsche Foto: Patrick Seeger / dpa
Geldwäsche-Verdachtsfälle haben sich in NRW in fünf Jahren mehr als verdoppelt. Für Polizei hat Aufdeckung von Terror-Finanzierung höchste Priorität.

Düsseldorf. 

In den Akten des Düsseldorfer Landeskriminalamtes sind gehäuft zweifelhafte Geldgeschäfte und unklare Finanztransfers aufgetaucht. Banken und Sparkassen melden seit fünf Jahren mehr Geldwäsche-Verdachtsfälle in Nordrhein-Westfalen. Die Zahlen steigen von 2843 im Jahr 2012 auf 6230 im Jahr 2015. Rund 31 Millionen Euro konnte die Polizei zuletzt beschlagnahmen. In Essen sind es 7,4 Millionen, mehr als fünf Millionen in Münster und 3,3 Millionen in Recklinghausen.

Immer mehr Fälle von Geldwäsche werden gemeldet

Der Trend halte auch im ersten Halbjahr 2016 an, sagte der zuständige Dezernatsleiter Thilo Scherschlicht unserer Redaktion. Bundesweit ist festzustellen: Im ganzen Bundesgebiet klettern die Verdachtszahlen auf knapp 30 000. Sie liegen damit um ein Drittel höher als noch 2013.

Als Geldwäsche bezeichnet man die Verschleierung der Herkunft von illegal erworbenem Vermögen, das in den normalen Wirtschafts- und Geldkreislauf eingeschleust wird. Geldwäsche fällt meistens durch hohe Bargeld-Einzahlungen auf. Heute schlagen Banken schneller Krach, wenn sie solche Unregelmäßigkeiten wittern.

Scherschlicht führt die Verdoppelung der Meldungen auf die „höhere Sensibilität der Geldinstitute zurück, verdächtige Transaktionen so schnell wie möglich mitzuteilen“. Auch eine Gesetzesvereinfachung trägt dazu bei. Ein Verdacht muss nicht unbedingt erst dann gemeldet werden, wenn er zwingend zu einer Anzeige führen könnte. Außerdem wächst der Kontrolldruck der Bankenaufsicht Bafin.

Terrorismus finanziert sich größtenteils durch illegale Gelder

Die Sicherheitslage durch islamistischen Terrorismus hat sich verschärft. Westliche Dienste gehen davon aus, dass sich der Terrorismus teils durch illegale Drogen- und Kunsthandels-Geschäfte finanziert. Die Terror-Finanzierung unterliege einer stärkeren Beobachtung durch die NRW-Behörden, sagt Scherschlicht: „Die Bekämpfung der Terrorismus-Finanzierung hat für uns die allerhöchste Priorität“.

Und das wohl aus guten Gründen. An Rhein und Ruhr hat die Spur des Geldes 2015 gleich 57 mal in den Terror-Bereich geführt. Im Jahr 2014 war das erst 35 mal der Fall. So sind einem Kreditinstitut „Transaktionen auf Konten von insgesamt 18 Personen“ aufgefallen. Über zwei Jahre kam es immer wieder zu Überweisungen von zusammen 155 000 Euro auf das Konto einer Firma in Spanien.

Inzwischen ist klar, dass diese Finanzierung der salafistischen „Lies!“-Stiftung zugute kommt, die unter Beobachtung steht. Sie verteilt im Ruhrgebiet in Fußgängerzonen den Koran und wirbt dabei nach Einschätzung von Verfassungsschützern Sympathisanten für eine extremistische Ausrichtung des Islam an.

Banken hätte die Finanzierung der Anschläge von 9/11 auffallen müssen

Der große Teil der Nutznießer der Geldwäsche kann der organisierten Kriminalität zugeordnet werden. Im Jahr 2015 flogen viele Fälle von nicht gemeldeten Erträgen aus Geldautomaten-Betrug auf. Auch gegen betrügerische Autohändler wird wegen Steuerhinterziehung ermittelt. In Hagen konnten die Polizei illegale Überweisungen in die Türkei aufdecken, vier Hauptverdächtige festnehmen und 40 weitere Mittäter identifizieren.

Deutschland und seine Geldinstitute stehen immer wieder wegen einer zu lässigen Beobachtung krimineller Geldströme in der Kritik. So hat der Haupttäter von 9/11, der Islamist Mohammed Atta, in den Jahren vor dem 11. September 2001 viele Gelder erhalten. Bei einer Hamburger Bankfiliale wurden rege Kontobewegungen registriert. So erhielt er die Gelder zur Ausführung der Angriffe auf das New Yorker World Trade Center. Dieser Vorgang hätte Aufmerksamkeit erregen müssen. Dem Geldwäsche-Beauftragten der Bank war es aber nicht aufgefallen.

Immobilien- und Kunstmarkt als Tummelplatz der Geldwäscher

Der Wissenschaftler Kai Bussmann kritisiert in einer Studie für das Bundesfinanzministeriums, dass heute der Nicht-Banken Sektor zu wenig im Visier der Ermittler stehe. Die Geschäfte von Immobilien- und Autohändlern, sowie der Kunstmarkt werden zu wenig beobachtet.

Auch bei Internet-Geschäften geht immer mehr Geld bar über den Tisch. „Das gesamte Geldwäschevolumen in Deutschland dürfte sich wahrscheinlich in der Größenordnung von über 100 Milliarden Euro bewegen“, so Bussmann.

Keine Ehre unter Betrügern: Kriminelle betrügen Kriminelle

Den LKA-Finanzermittlern fällt es manchmal schwer, zwischen Täter und Opfer zu unterscheiden – wenn Gangster Gangster über den Tisch ziehen. Die Fahnder sind jetzt über ein Ermittlungsverfahren einer Art Kriminalkomödie auf die Spur gekommen, die in Norddeutschland spielt.

Nach dem Tod ihres Freundes hat dort eine 65-Jährige dessen Vermögen auf ein ausländisches, von ihr eingerichtetes „Offshore“-Firmenkonto gebucht. So trickste sie die Erben aus. Nachdem die Frau 6,4 Millionen Euro in bar abgehoben hatte, wohl um ein schönes Leben zu führen, fiel sie auf einen österreichischen Heiratsschwindler herein. Der erleichterte sie um die Hälfte der ergaunerten Summe. Die Sache flog auf. Die 65-Jährige ist wegen Steuervergehen und Betrug in Haft.