Veröffentlicht inPolitik

Flottendienstboot Oker – oder was die Marine vor Syrien tut

Flottendienstboot Oker – oder was die Marine vor Syrien tut

Ein Marineschiff soll Informationen über Assads Truppen sammeln. Berlin bestreitet, dass es damit in den Konflikt eingreift. Doch es ist ein Einsatz auf der Grenze zwischen Militär und Geheimdienst.

Berlin. 

Welche Rolle spielt die deutsche Marine im Syrien-Konflikt? Seit bekannt wurde, dass „Spionageschiffe“ in dem Seegebiet unterwegs sind, verlangt die Opposition Aufklärung. Sie lenkte am Montag in Berlin die Aufmerksamkeit auf das „Kommando Strategische Aufklärung“ – auf eine Schnittstelle von Geheimdiensten und Militär.

Es geht um Frühwarn-, Fernmelde und Aufklärungseinheiten, um drei Schiffe, die auf hoher See horchen können: „Oker“, „Oste“, „Alster“. Am Wochenende sorgte die Meldung für Aufregung, dass die „Oker“ vor der syrischen Küste kreuze, Assads Armee bespitzele und die Rebellen über den Kriegsverlauf informiere. In Wahrheit lag das Flottendienstboot in Sardinien im Hafen und ist erst jetzt auf dem Weg ins östliche Mittelmeer. Ziel ist wohl die syrische Küste. Dort sammelt die Marine seit Monaten Informationen.

Eine weite Auslegung des Unifil-Mandats

Formal wird der Einsatz gedeckt durch das Unifil-Mandat. Eine Hilfskonstruktion. Bei Unifil ging es um die Befriedung des Libanon und um den Waffenschmuggel. Momentan verschafft sich die „Strategische Aufklärung“ eher einen Überblick im syrischen Bürgerkrieg. Das hilft den Militärs, dem Bundestag, der Regierung und ihren Behörden, nicht zuletzt dem Bundesnachrichtendienst (BND). Der BND ist aber nicht der Auftraggeber und hat mit der Aktion nichts zu tun. Ebenso wenig ist die Marine legitimiert, Informationen den Rebellen zu liefern.

BND-Präsident Gerhard Schindler versichert stolz: „Wir verfügen über gute Informationen aus Syrien.“ Das sei kein Glück oder Zufall. Die offizielle Linie lautet jedoch. „Wir greifen nicht in den Konflikt ein“. Das zweifelt nicht mal die größte Oppositionspartei an, die SPD, genauer: Fraktionsmanager Thomas Oppermann, der im parlamentarischen Kontrollgremium sitzt. Gerade er müsste wissen, dass Militärs und Dienste ihre Informationen austauschen. Der BND hat keinen Auftrag, die Rebellen zu unterstützen. Was aber die USA oder die Türkei mit deutschen Informationen machen, steht auf einem anderen Blatt. Auf die Frage, ob Informationen an ausländische Akteure weitergegeben werden können, antwortet Regierungssprecher Stefan Seibert vage: „Ganz generell halte ich es für normal, dass Erkenntnisse auch mit Nato-Partnern geteilt werden können.“

Offiziell sind die Soldaten „Fernmelder“

Die Geburtsstunde für das Kommando Strategische Aufklärung – etwa 7000 Mann – im rheinischen Gelsdorf liegt nicht so lange zurück. Im Balkan-Krieg 1998/99 wurde Deutschland von den Partnern nur sehr dosiert informiert. Drei Jahre später zog die Bundeswehr Konsequenzen. Seither hört das Kommando Funksprüche ab, belauscht Telefonate, fängt Faxe und Mails ab, peilt Radaranlagen an. Die Aufklärung ist in Konflikten wichtig, in Afghanistan etwa. Offiziell firmieren die Soldaten als „Fernmelder“ und haben eine Vielzahl von Horchposten, in Afghanistan, in Deutschland – und auf hoher See. Aus internationalen Gewässern können die Schiffe Hunderte Kilometer weit entfernt Telefonate und Funksprüche erfassen.

Dem Verteidigungsausschuss steht die Bundeswehr Rede und Antwort. Aber die Kontrolleure der Geheimdienste wissen wenig über die Schnittstelle zwischen Militär und Geheimdiensten. Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele forderte, das Kontrollgremium für die Geheimdienste müsse sich zeitnah mit Syrien befassen. Ähnlich äußerte sich am Montag die Linke.