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Familienvater wird zum Priester geweiht

Familienvater wird zum Priester geweiht

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Foto: Nienhaus
Im Bistum Münster wird Pfingsten ein besonderer Mann zum Priester geweiht. Paul Vatheuer hat drei Kinder, ist verwitwet – und beschreitet nun einen Lebensweg, auf dem er schon einmal unterwegs war.

Essen. 

Wenn zu Pfingsten in Münster drei Diakone zu Priestern geweiht werden, dann ist das schon eine kleine Besonderheit. Denn drei neue Priester sind in Zeiten des erdrückenden Priestermangels schon eine relativ große Zahl. Aber diese Weihe hat noch aus einem ganz andern Grund Ausnahme-Charakter: Denn einer der neuen Priester ist 66 Jahre alt, Witwer, Vater von drei erwachsenen Kindern und Großvater mehrerer Enkelkinder.

Paul Vatheuer ist ein Exot unter den Priestern in Deutschland. Ein Priester mit Ehe-Erfahrung, einer, der drei Kinder groß gezogen hat – davon dürfte es hierzulande, sagen die, die es wissen müssen, höchstens eine Handvoll geben – wenn überhaupt.

Dabei war der pensionierte Leiter einer Grundschule aus Rheine schon einmal kurz davor, Priester zu werden. Das war während seiner Ausbildung zum Technischen Zeichner. „Ich habe dann auch mein Abitur in Bad Driburg auf einer Schule für Spätberufene nachgemacht“, erzählte Vatheuer der Münsterländischen Volkszeitung. Aber dann sei er seiner späteren Frau begegnet, wurde Lehrer, gründete eine Familie. In seiner Gemeinde allerdings blieb er sehr aktiv.

So aktiv, dass er schließlich Diakon werden wollte. Ein Kirchendienst, den auch ein verheirateter Mann seit dem 2. Vatikanischen Konzil übernehmen kann. Meist ist das Diakonat allerdings die Durchgangsstufe auf dem Weg zur Priesterweihe. Das Amt des „Ständigen Diakons“ kann haupt- oder nebenamtlich ausgeübt werden. Ständige Diakone können taufen, predigen, beerdigen. Die Messe jedoch dürfen sie nicht feiern.

Vatheuer besuchte für seine Weihe zum Diakon Wochenend-Seminare und machte ein Grundstudium der Theologie per Fernkurs. 1983 wurde er dann geweiht. „Das war für mich schon wichtig, vor Gott zu versprechen, dass ich diese Aufgabe jetzt für den Rest meines Lebens erfüllen werde“, erzählte Vatheuer, der jetzt, in der Woche vor seiner Priesterweihe, mit seinen beiden künftigen Amtsbrüdern streng abgeschirmt Exerzitien macht.

Der pensionierte Schulleiter sprach lang mit seinen Kindern

30 Jahre lang arbeitete er als Ständiger Diakon in Rheine – bis ihn vor zwei Jahren ein Schicksalsschlag traf. „Ganz plötzlich, von einer Minute auf die andere, ist seine Frau gestorben“, erinnert sich Bernhard Lütkemöller, Pfarrer in St. Dionysius in Rheine, wo auch Vatheuer mitarbeitete. „Das hat ihn tief getroffen.“ Irgendwann dann sei Vatheuer zu ihm gekommen und habe gesagt: „,Ich war ja ursprünglich auf dem Weg, Priester zu werden.’ Und ich hab ihm gesagt: ,Paul, das ist eine Überlegung, die wohl bedacht sein will.’“

Der Schulleiter, der damals ja schon pensioniert war, habe dann eine längere Zeit nachgedacht und sehr, sehr viele Gespräche im Bistum Münster geführt und mit seinen drei Kindern. „Dann hatte Vatheuer das Gefühl, es gehe im Bistum nicht recht weiter mit seinem Anliegen. Daraufhin hab ich ihm geraten, mit Bischof Felix Genn zu reden.“

Die Gemeinde freut sich über die Personal-Verstärkung

Und der habe Zustimmung signalisiert — geknüpft an zwei Bedingungen: Vatheuer müsse prinzipiell „versetzbar“, sein, also auch in eine neue Gemeinde gehen, und er müsse noch ein Praktikum machen. Nach einer weiteren Bedenkzeit war Vatheuer einverstanden, weiß der Pfarrer. Inzwischen allerdings habe Bischof Genn zugesichert, dass es wohl sinnvoller sei, wenn Vatheuer in Rheine bleibe. „Er kennt die Pfarrei und da ist ja auch das Grab seiner Frau“, erklärt Lütkemöller.

Er jedenfalls freue sich schon auf die Verstärkung für die Gemeindearbeit. Und die war wohl dringend nötig. Denn nach einer ersten Zusammenlegung von Gemeinden steht im kommenden Jahr eine weitere an. Und dann sollen rund 16 000 Katholiken zur Groß-Pfarrei gehören – mit dann fünf aktiven Priestern und fünf, die bereits das „Pensionsalter“ von 75 Jahren erreicht haben und nur noch aushelfen. „Mit Vatheuer haben wir dann aber stabile Personal-Verhältnisse“, sagt Lütkemöller. Der Neue wird also schon sehnlichst erwartet.