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In NRW droht wegen Überalterung dramatischer Lehrermangel

In NRW droht wegen Überalterung dramatischer Lehrermangel

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Max-von Laue Gymnasium in Koblenz. Freiwillige Projektarbeit im Chemielabor. Für ihre vorbildliche Förderung erhielt die Schule den Hugo Henkel Preis der Firma Henkel. Gesellschaft Bildung Schule Chemie Chemieunterricht x1x xkg 2011 quer Schule Projektarbeit Bildung Wissen Karriere Ausbildung Schüler Lehrer Klassen Gymnasium Schulsystem lernen Chemie Naturwissenschaften Deutschland Koblenz Schülerinnen Mädchen diversity Gruppenarbeit Foto: imago
Eine aktuelle Studie warnt: Vor allem in den Naturwissenschaften werden demnächst Pädagogen fehlen. Ein Grund: Überalterung der Lehrerschaft.

Berlin/Düsseldorf. 

Kluge Köpfe verzweifelt gesucht: Der Lehrermangel in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) wird sich in NRW in den nächsten zehn Jahren deutlich verschärfen. Wie der Essener Bildungsforscher Klaus Klemm in einer neuen Studie prognostiziert, fehlen den Schulen bis r 2025 in einzelnen Fächern mehr als die Hälfte der Lehrer.

Besonders groß werden die Lücken in den Fächern Technik, Physik und Chemie: Hier wird in zehn Jahren „nur zwischen 20 und 50 Prozent des Bedarfs gedeckt werden können“, so Klemm. Auch im Bereich Informatik werde fast jeder zweite Lehrer fehlen. Gleichzeitig wünschen sich nach einer aktuellen Umfrage des IT-Verbands Bitkom 75 Prozent der Schüler an weiterführenden Schulen Informatik als Pflichtfach. An den Hauptschulen ist der Wunsch besonders groß: Hier sind es sogar 83 Prozent.

Forscher sieht zwei Ursachen

Klemm sieht zwei Ursachen für die drohende Verschärfung des Fachlehrermangels: Bereits heute ist fast jeder zweite der MINT-Lehrer an weiterführenden Schulen in NRW älter als 50 Jahre – von den derzeit rund 52 000 Fachlehrern wird daher rund die Hälfte in den nächsten Jahren altersbedingt ausscheiden. Zwar rücken junge Lehrer nach – doch nicht genug: „Wenn nicht deutlich mehr Studienanfänger ein MINT-Fach wählen“, erläutert Prof. Klemm, „wird der Nachwuchs in keinem der MINT-Fächer die entstehende Lücke schließen können.“

Hinzu kommt: An etlichen Schulen werden MINT-Lehrer bereits jetzt fachfremd eingesetzt. Klemms Studie im Auftrag der Telekom-Stiftung zeigt, dass zuletzt bei den Gymnasiallehrern nur 70 Prozent der Informatiker in ihrem Fach unterrichteten, bei den Mathematiklehrern waren es immerhin rund 90 Prozent.

NRW steht mit Lehrermangel und Nachwuchsproblemen allerdings nicht alleine da: Laut Klemm seien die Prognosen auch auf andere Bundesländer übertragbar, im Osten seien sie sogar noch dramatischer. Der Bildungsforscher fordert daher nun die Hochschulen auf, mehr gegen Studienabbrecher zu tun – etwa durch bessere Beratung. Ebenso wichtig sei es, die Zahl der MINT-Studenten zu erhöhen, vor allem der Studentinnen. Nur jeder vierte Informatiklehrer in NRW sei eine Frau.

Mehr Schüler begeistern

FDP-Chef Christian Lindner findet Klemms Studie alarmierend: „Wer die Schulen so austrocknen lässt, braucht sich über die fehlende Ausbildungsreife und den Fachkräftemangel nicht zu wundern.“ Lindner forderte gestern die Landesregierung auf, den Lehrerberuf attraktiver zu machen, etwa mit einer leistungsgerechten Bezahlung.

NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann dagegen setzt vor allem darauf, mehr Schülerinnen und Schüler für ein Lehramtsstudium in den MINT-Fächern zu gewinnen. „Das hilft langfristig dabei, den Lehrkräftebedarf zu decken“, sagte die Grünenpolitikerin dieser Zeitung.