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CDU fährt mit SPD und Grünen zweigleisig in die Sondierung

CDU fährt mit SPD und Grünen zweigleisig in die Sondierung

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Foto: dpa
Es wird ernst für das Tauziehen um die Bildung einer möglichen Regierungskoalition. Union und SPD starten am Freitag die erste Runde. Dabei soll es um wirtschaftliche Themen gehen. Kurz darauf will die CDU auch mit den Grünen sprechen.

Berlin/Düsseldorf. 

Union und SPD kommen knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl an diesem Freitag zu ersten Sondierungsgesprächen über eine große Koalition zusammen. Die Vertreter beider Seiten treffen sich um 13 Uhr in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin, teilte die CDU-Geschäftsstelle am Montag mit. Die CDU legt bei dem ersten Treffen mit der SPD den Schwerpunkt auf die Themen Wirtschaft, Arbeitsmarkt und die Stabilität des Euro. Das kündigte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe an.

CDU-Chefin Angela Merkel werde ebenfalls Kontakt zu den Grünen aufnehmen, sagte Gröhe. Dabei solle ein Sondierungsgespräch voraussichtlich für die nächste Woche verabredet werden. Die CDU stelle fest, dass es bei den Grünen „eine selbstkritische Betrachtung des bisherigen Linkskurses“ gebe. Eine wachsende Gruppe innerhalb der CDU setzt auf parallele Gespräche zu den Sondierungen mit der SPD, um sich unabhängiger von ihr zu machen. Die Grünen sind zu Gesprächen bereit, betonte Noch-Parteichefin Claudia Roth. Bisher habe es aber noch keine Einladung seitens der Union gegeben.

Steuererhöhungen größter Streitpunkt

Erster großer Streitpunkt zwischen SPD und Union ist die Frage von Steuererhöhungen. Die von der SPD geforderte Anhebung schließt die Union inzwischen strikt aus – nachdem zuvor Finanzminister Schäuble Verhandlungsbereitschaft signalisiert hatte. CDU und CSU hatten jedoch im Wahlkampf versprochen, dass es keine Erhöhungen geben werde. Die Parteispitzen bezeichnen dies als einen Grund für den Wahlsieg der Union mit 41,5 Prozent. Sie wissen, dass ihnen Wortbruch vorgeworfen werden würde, sollten sie an dieser Stelle allzuweit auf die SPD zugehen.

Die SPD geht mit einer sechsköpfigen Delegation in die Sondierung: Parteichef Sigmar Gabriel, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz, der gescheiterte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Generalsekretärin Andrea Nahles. Bei der Union sind Kanzlerin Angela Merkel, Unionsfraktionschef Volker Kauder, CSU-Chef Horst Seehofer und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt gesetzt. Darüber hinaus dürften die Generalsekretäre Hermann Gröhe (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU) sowie Kanzleramtsminister Ronald Pofalla dabei sein. Ferner wird erwogen, mit Wolfgang Schäuble einen Finanzexperten zu platzieren.

Die SPD will ihre rund 470 000 Mitglieder über einen Koalitionsvertrag abstimmen lassen. Die SPD-Spitze wird nicht über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheiden, sondern der am vorigen Freitag formal nur unterbrochene Parteikonvent mit 200 Delegierten. Der Zeitpunkt dafür ist offen.

Was ist, wenn die SPD-Basis „Nein“ sagt?

Der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas warnte seine Partei davor, es auf Neuwahlen ankommen zu lassen. In dem Fall „könnte es sich die SPD sparen, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen“, unterstrich. „Dann kann ich nur noch gute Besserung wünschen.“ Eine Mitgliederbefragung dürfe die Partei erst dann ansetzen, wenn Ergebnisse erreicht seien, für die sie werben und Zustimmung erwarten könne. Ein Nein der Basis zu einem fertigen Vertrag wäre „konsequentes Harakiri“.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte: „Die Union will faire Gespräche. Nach manchem lauten Ton aus der SPD-Führung gegen eine große Koalition müssen wir aber erst ausloten, wie ernst es den Sozialdemokraten ist.“ „Ein für alle Seiten tragbares Gesamtpaket“ müsse „natürlich auch die Stärke unseres Wahlergebnisses widerspiegeln“. Sachsens CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich sagte der „Welt“, die SPD sollte „etwas demütig sein, wenn sie ihr Wahlergebnis betrachtet“.

Spekulationen um sechs Ministerposten

Laut „Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung“ verlangt die SPD bei einer Regierungsbeteiligung sechs Ministerposten für sich. Demnach ist Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann als Kandidat für das Finanzministerium im Gespräch, SPD-Vize Manuela Schwesig als Familienministerin und Parteichef Sigmar Gabriel als Vizekanzler und Arbeitsminister. Gabriel habe allerdings auf die Medienberichte empört reagiert, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“ und zitiert den SPD-Chef mit den Worten: „Leute, die jetzt über so etwas öffentlich diskutieren, sind verrückt. Sie erwecken den Eindruck, uns gehe es nur um Posten.“

CDU-Arbeitnehmer werben intensiv um die SPD 

Die Union wiederum wirbt intensiv um die SPD und der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse CDA, Karl-Josef Laumann, warnt vor einer Regierungsbeteiligung der Grünen im Bund. „Die reale Wirtschaftspolitik von Rot-Grün in Düsseldorf taugt nicht als Blaupause für eine Bundesregierung“, sagte Laumann unserer Zeitung. Die Politik der Grünen, die sich gegen die Großindustrie, gegen den Mittelstand (über höhere Steuern) und gegen klassische Energieerzeugung richte, schade dem Industriestandort NRW, so Laumann.

Er appellierte an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), bei der möglichen Bildung einer Regierungskoalition im Bund die Interessen der NRW-Industriearbeiter im Auge zu behalten. Kraft müsse sehen, in welcher Konstellation für NRW am meisten für Arbeitsplätze und Wachstum erreicht werden könne.

Kraft sieht keine „Schnellstraße in Richtung große Koalition“

Die Sondierungsgespräche mit der Union bedeuten für die stellvertretende SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft noch keine „Schnellstraße in Richtung große Koalition“. „Eines muss klar sein: Wir werden unsere Inhalte nicht auf dem Ramschtisch verhökern.“ Wenn diese Gespräche ergäben, dass es sich lohne, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen, werde die Basis sehr eng eingebunden. „Wir haben keine Angst vor einer Großen Koalition. Wir haben aber auch keine Angst vor Schwarz-Grün oder Neuwahlen.“

Für NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) ist Schwarz-Grün „derzeit nicht geplant und nicht gewollt.“ Dagegen schloss er Rot-Rot-Grün nicht aus. Der Fraktionschef der Grünen im NRW-Landtag, Reiner Priggen, hält dagegen Schwarz-Grün für möglich. „Wir müssen jede Koalition können, die die SPD auch kann.“

Laut „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ will die SPD in Verhandlungen mit der Union sechs Ministerposten fordern: Parteichef Sigmar Gabriel könnte als Vizekanzler das Arbeitsministerium übernehmen, Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann das Finanzministerium, und SPD-Vize Manuela Schwesig das Familienressort. (mit dpa)