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Abschaffung der Kirchensteuer soll ins SPD-Programm

Abschaffung der Kirchensteuer soll ins SPD-Programm

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Foto: Thomas Frey/dpa
Bei den Sozialdemokraten und den Grünen werden die Stimmen lauter, die eine Abschaffung der kirchlichen Privilegien fordern. Diese Forderung möchten die Laizisten in der SPD im Parteiprogramm für die Bundestagswahl verankern.

Berlin. 

Es war ein bitteres Jahr für die Kirche. Damals, 1803. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss musste sie Land abgeben. Als Trostpflaster bekamen die kirchlichen Repräsentanten eine Apanage.

Ergänzt durch neuere Verträge zahlt der Staat bis heute Millionen an die evangelische und katholische Kirche, um etwa die Gehälter von Bischöfen und Pfarrern zu bezahlen. 2012 haben die Bundesländer nach Berechnungen des Kirchenkritikers Carsten Frerk etwa 475 Millionen Euro berappt, darunter Nordrhein-Westfalen 31 Millionen, Thüringen 22,3 Millionen und Niedersachsen 40,7 Millionen.

Nun mehren sich die Stimmen bei SPD und Grünen, die die staatliche Finanzierung beenden wollen. „Es kann nicht angehen, dass der Staat für die Privilegierung einer Religionsgemeinschaft bezahlt“, sagte Adrian Gillmann, Bundessprecher der sozialdemokratischen Laizisten, dieser Zeitung. Der Arbeitskreis will klerikale Privilegien abschaffen und dies im Bundestagswahlprogramm der SPD verankern. „Wir werden Anträge zur Änderung des Wahlprogramms einbringen, um eine klare Trennung von Staat und Kirche zu erreichen“, kündigte Gillmann an.

Blasphemie-Paragraph soll gestrichen werden 

Neben dem Ende der staatlichen Bezahlung von kirchlichen Würdenträgern fordern die Laizisten die Abschaffung der Kirchensteuer und die ersatzlose Streichung des „Blasphemie“-Paragrafen 166 im Strafgesetzbuch. So drohen bis heute auf „Gotteslästerung“, die den öffentlichen Frieden stören kann, bis zu drei Jahre Gefängnis.

„Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen Tarifverträge erhalten, künftig streiken und ohne Einschränkung Betriebsräte bilden dürfen.“ Derzeit arbeiten rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland nach kirchlichem Arbeitsrecht, das Mitarbeitervertretungen vorsieht.

Außerdem dürfen die Beschäftigten nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2012 nur unter bestimmten Bedingungen streiken. Die Kirchen selber hatten jahrelang darauf beharrt, dass der Arbeitskampf bei ihnen ausgeschlossen sei. Weiter wird von den Mitarbeitern erwartet, dass sie mit den kirchlichen Moral- und Glaubensvorstellung übereinstimmen. Andernfalls drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung.

Idee findet auch bei anderen Parteien Unterstützer 

Forderungen wie die der SPD-­Laizisten will der Arbeitskreis Säkulare Grüne im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen durch Änderungsanträge verankern. „Es gibt immer mehr Menschen unter uns, die konfessionsfrei oder nicht-christlichen Glaubens sind, es gibt sehr viele unterschiedliche Religionsgemeinschaften in Deutschland“, begründete Arbeitskreissprecherin Mariana Pinzón Becht den Vorstoß.

Die Privilegien der großen christlichen Kirchen und anderer, wie jüdische Gemeinden und Zeugen Jehovas, stellten eine Diskriminierung jener dar, die nicht Mitglieder einer dieser „anerkannten Religionsgemeinschaften“ seien.

Zuspruch aus dem Bundestag

Indirekter Zuspruch zu den Plänen kommt aus der Grünen-Bundestagsfraktion. Im Grundsatzprogramm der Partei werde die erreichte Trennung von Kirche und Staat „positiv gewürdigt“, sagte der kirchenpolitische Sprecher Josef Winkler dieser Zeitung. „Ich gehe davon aus, dass dies auch im Wahlprogramm seinen Niederschlag finden wird.“

Die Ideen von Seiten der SPD und der Grünen finden zum Teil auch in den anderen Parteien Anklang. Vor Kurzem gab es Forderungen in der FDP, die Zahlung der Staatsgelder für die Kirche auf den Prüfstand zu stellen. Linksfraktionschef Gregor Gysi wiederum zeigte sich offen für einen Systemwechsel bei der Kirchensteuer.