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A52 ist jetzt Vermittlungssache

A52 ist jetzt Vermittlungssache

Gladbeck/Düsseldorf. 

Im jahrelangen Streit um den Ausbau der Autobahn A52 im nördlichen Ruhrgebiet startet die Landesregierung einen ungewöhnlichen Vermittlungsversuch. Vom heutigen Montag an versammelt NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) in einer eigens eingerichteten „Projektgruppe“ Befürworter, Gegner, Planungsexperten, Verkehrsverbände und Kommunalvertreter. Sie soll bis zum Sommer Vorschläge erarbeiten, wie die verfahrene Situation entlang der Bundesstraße 224 zwischen Gladbeck und Bottrop aufgelöst und der Verkehrsfluss Richtung Essen verbessert werden kann.

„Mir liegt es sehr am Herzen, bei der Lösung der Verkehrsprobleme im mittleren Ruhrgebiet rund um die B 224 endlich ein Stück weiter zu kommen. Ich freue mich auf gute Ideen am Runden Tisch, an dem wir ganz offen diskutieren wollen“, sagte Groschek unserer Zeitung. Bis Mitte des Jahres solle ein „Paket“ geschnürt werden, das auch Öffentlichen Nahverkehr und Radwege einbeziehe.

Für den Verkehrsminister ist die Mission durchaus heikel. Im März 2012 hatten sich die Gladbecker in einem Bürgerentscheid gegen den geplanten Ausbau der B224-Trasse zur A52 zwischen der Anschlussstelle Gelsenkirchen-Buer und dem Autobahnkreuz A42 in Essen-Nord ausgesprochen. Formal konnten die Gladbecker zwar nur über eine kommunale Beteiligung an einem 1500 Meter langen Tunnel auf ihrem Stadtgebiet abstimmen, mit dem der Bund den Bürgern den Autobahnbau erträglich gestalten wollte. Das Land hatte vor dem überraschenden Ausgang des Entscheids jedoch zugesagt, die Planungen nicht gegen den Bürgerwillen durchzusetzen. Streng juristisch könnte Groschek den A52-Ausbau per Ministerentscheid exekutieren.

Das Verkehrsministerium will offenbar zumindest eine kleine Lösung vermitteln, also einen verkürzten A52-Ausbau zwischen der A42 und der A2-Anschlussstelle Essen/Gladbeck. Enak Ferlemann (CDU), Staatssekretär bei Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), hatte bei einem Ortstermin im vergangenen November der nur sechs Kilometer langen und 120 Millionen Euro teuren Teilvariante „einen eigenen Verkehrswert“ zugestanden und die Finanzierungsbereitschaft des Bundes zugesagt. Die Stadt Bottrop, die regionale Wirtschaftsförderung, Spediteure und viele Berufspendler würden sich über mehr Lärmschutz oder weniger Stau freuen. Die Gladbecker dagegen lehnen selbst dieses Teilstück ab, da das nördliche Kreuz noch immer auf ihrem Stadtgebiet liegt und negative Folgen für das Naherholungsgebiet Wittringen befürchtet werden.

Aus Furcht vor dem Einstieg in eine „Transitautobahn“ quer durchs Ruhrgebiet lehnten bislang auch Umweltschutzinitiativen jede weitere Planung ab. Allerdings begrüße man Groscheks Bemühungen, „kurzfristig realisierbare Maßnahmen zur Verkehrsverbesserung gemeinsam mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, Experten und Politikern zu erarbeiten“, erklärten Martin Arnold (Mobilität-Werk-Stadt e.V.) und Dieter Küpper (Runder Umwelt Tisch Essen) auf Anfrage. Dass alle Mobilitätsarten (Auto, Bus, Bahn, Fuß und Rad) betrachtet bzw. kombiniert werden sollen, sei „sehr positiv zu bewerten“.

Wenn die Anzeichen nicht trügen, erhofft sich Groschek einen ganzheitlicheren Blick auf den drohenden Verkehrskollaps in der Emscher-Region. Was können bessere Bus- und Bahnverbindungen oder zusätzliche Mitfahrerparkplätze ausrichten? Welchen Effekt haben bessere Ampelschaltungen oder Radwege auf das Nadelöhr Gladbeck? Es soll mehr Fantasie freigesetzt werden als ein schlichtes „Ja“ oder „Nein“ zur A52, wie man es in den vergangenen Jahrzehnten kannte.

Für NRW ist das Projekt in doppelter Hinsicht ein Symbolthema. Zu einen hat sich Rot-Grün auf die Fahnen geschrieben, „aus Betroffenen Beteiligte“ zu machen. Zum anderen klagt Groschek bei jeder sich bietenden Gelegenheit darüber, dass der Bund NRW bei der Verteilung von Infrastruktur-Milliarden vernachlässige.