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70 neue Hinweise nach Nazi-Terrorgruppe NSU

70 neue Hinweise nach Nazi-Terrorgruppe NSU

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Federal Prosecutor's Office Press Conference About Neo-Nazi Investigations
Einen Tag nach dem Start der bundesweiten Fahndung nach Unterstützern der rechtsextremistischen Terrororganisation NSU, haben die Behörden 70 neue Hinweise. Beim BKA spricht man allerdings von einer schwierigen Suche: Die mutmaßlichen Terroristen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe seien wohl kaum aufgefallen.

Baden-Baden. 

Die Öffentlichkeitsfahndung nach den drei mutmaßlichen Mitgliedern der Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) hat erste Reaktionen gebracht. Einen Tag nach Start der Fahndung seien beim Bundeskriminalamt rund 70 neue Hinweise eingegangen. Damit erhöhe sich die Zahl der Hinweise von etwa 250 auf 320, sagte ein BKA-Sprecher am Freitag dem SWR Hörfunk.

Allerdings sei die Zahl der Hinweise „nach wie vor relativ gering“, sagte der Sprecher weiter. Die mutmaßlichen NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe seien sehr konspirativ vorgegangen und wohl deshalb kaum aufgefallen.

Neun ausländische Kleinunternehmen erschossen

Die Ermittler wollen jetzt die Aufenthaltsorte der drei mutmaßlichen Rechtsterroristen in den vergangenen Jahren rekonstruieren. In diesem Zeitraum soll die Gruppe mehr als fünfzig Mal Wohnmobile angemietet haben und in ganz Deutschland unterwegs gewesen sein.

Die Neonazi-Terrorgruppe soll von September 2000 bis April 2006 in Nürnberg, München, Hamburg, Rostock, Dortmund und Kassel acht türkischstämmige und einen griechischen Kleinunternehmer erschossen haben. Dabei wurde laut BKA in allen Fällen eine Pistole der Marke Ceska mit Schalldämpfer eingesetzt. In den Ceska-Mordfällen ist nach Angaben der Ermittler eine Belohnung von 300.000 Euro ausgelobt.

Hatte Terrorgruppe Verbindungen ins Saarland?

Die Zwickauer Terrorgruppe hatte offenbar Verbindungen ins Saarland. Es bestehe der Verdacht, dass ein Zusammenhang zu einer Serie von Brandstiftungen in Völklingen und einem Anschlag auf die Wehrmachtsausstellung 1999 in Saarbrücken bestehe, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Samstagausgabe) laut Vorabmeldung. Den Informationen zufolge hat Beate Zschäpe, die mutmaßliche Komplizin der beiden Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, eine Bekenner-DVD an eine türkische Einrichtung in Völklingen geschickt.

In Völklingen gab es von 2006 bis zum September 2011 eine Serie von Brandstiftungen an Häusern, die von türkischen Einwanderern bewohnt wurden. Bei den Bränden wurden 20 Personen verletzt.

Ein weiterer Verdachtsfall gegen Zwickauer Terrorzelle

Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zur Zwickauer Terrorzelle werden möglicherweise um einen weiteren Verdachtsfall erweitert. Die Staatsanwaltschaft Gera will ein Verfahren an die Bundesanwaltschaft übergeben, in dem sechs Neonazis aus Thüringen die Beschaffung von Plastiksprengstoff zur Last gelegt wird, wie der „Tagesspiegel“ (Samstagausgabe) unter Berufung auf den Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera, Jens Wörmann, schreibt. „Es erscheint sinnvoll, dass die Bundesanwaltschaft sich auch damit befasst“, sagte Wörmann der Zeitung.

Eine mögliche Verbindung zu den Ermittlungen gegen die Zwickauer Terrorgruppe ergibt sich dem Bericht zufolge über einen der sechs Beschuldigten in dem Geraer Verfahren, den ebenfalls aus Jena stammenden Neonazi André K. Er habe die mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gekannt. Zudem gelte André K. als Weggefährte des am Dienstag in Jena festgenommenen Ex-NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben, dem die Bundesanwaltschaft die Unterstützung der Terrorbande vorwirft.

Im Fall der Beschaffung von Plastiksprengstoff ermittele die Staatsanwaltschaft Gera bereits seit 2010 gegen André K. und fünf weitere Rechtsextremisten. Zu den Beschuldigten des Geraer Verfahrens zähle auch der ehemalige Anführer der Wehrsportgruppe Hoffmann, die in den 1970er Jahren in Bayern aktiv war, schreibt die Zeitung.

Ein Sprecher der Bundesanwaltschaft sagte am Freitagnachmittag in Karlsruhe, das Geraer Verfahren sei bislang nicht Gegenstand der Ermittlungen gegen die Gruppierung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Die Bundesanwaltschaft habe bei ihren Ermittlungen derzeit „eine Handvoll Personen im Visier“. (dapd)