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Burger King kündigt nach Wallraff-Report „Aktionsplan“ an

Burger King kündigt nach Wallraff-Report „Aktionsplan“ an

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Foto: RTL
Der Wallraff-Report über Gammelware in Burger-King-Filialen hat sich als Volltreffer erwiesen. Der RTL-Film löste im Netz einen Sturm der Entrüstung aus. Der attackierte Betreiber unterhält etliche Filialen in NRW. Mit ihm will Burger King nun einen „Aktionsplan“ entwickeln.

Köln. 

RTL-Chef Frank Hoffmann hatte sich viel vorgenommen. Bei seinem Amtsantritt vor einem Jahr kündigte der Kölner TV-Manager an, Deutschlands größter Privatsender solle mehr journalistische Bedeutung erhalten.

Dabei setzt er auf Jenke von Wilsmdorfs Rollen-Experimente – und auf Günter Wallraffs „Undercover“-Reportagen. Am Montagabend startete der Altmeister verdeckter Recherche mit einem Lebensmittel-Dreiteiler. Das Ergebnis der Reportage schockt Verbraucher – und die ARD.

Wallraff nennt Ross und Reiter

RTL gelang mit der Verpflichtung des „Teams Wallraff“ ein cleverer Schachzug. Der 71-Jährige ist ein journalistischer Markenartikel. Das Publikum kennt ihn, und es weiß, was es von dem „Mann, der bei Bild Hans Esser war“ (Wallraff-Bestseller) zu erwarten hat: Er recherchiert gern „ganz unten“ (Titel eines weiteren Buch-Hits), nimmt sich gern – so viel Populismus darf sein – große Namen und populäre Produkte vor. Zudem steht der Verbraucher-Robin-Hood für Abteilung Attacke. Das heißt: Wallraff nennt Namen.

Auch bei seinem Report über einen Burger-Bräter ging er sofort ran an die Buletten. Wallraff-Spezi Alexander Römer gelang mit versteckter Kamera der stichprobenartige Nachweis, dass Deutschlands größter Franchisenehmer bei der amerikanischen Schnell-Imbiss-Kette Burger King, Ergün Yildiz, Gammelware verkauft.

So wurde bei Haltezeiten und Mindesthaltbarkeitsdaten für Frischware getrickst. Eine Spülmaschine fehlte. Obendrein hatten hygienisch sensible Bereiche wie Türen zum Kühlraum eine Keimbelastung wie sonst nur Toiletten. Grund: zu viele Aufgaben für zu wenig Personal. Zugleich wies die Reportage Lohndumping nach.

Die Holding von Yildiz betreibt auch in NRW etliche Burger-King-Filialen. Unter anderem vier in Essen, zwei in Bochum, drei in Dortmund, drei in Gelsenkirchen, zwei in Hagen, drei in Oberhausen.

Burger King wie Yildiz hatten Gelegenheit, sich in der Sendung zu den Vorwürfen zu äußern; sie nutzten sie nicht. Burger King Deutschland reagierte erst nach der Sendung auf den Proteststurm und nannte die Vorwürfe „sehr beunruhigend“. Die „dargestellten Handlungen“ stellten eine „Verletzung unserer Unternehmenswerte dar“ und widersprächen jeglichen Verpflichtungen, denen sich das Unternehmen im Bezug auf Lebensmittelsicherheit und Produktqualität verschrieben habe.

Burger King Deutschland betont, dass sich die in der Reportage erhobenen Vorwürfe gegen den rechtlichen und wirtschaftlich unabhängigen Franchise-Nehmer richten. Mit diesem wolle man nun einen „Aktionsplan“ entwickeln, damit in den betroffenen Filialen küftig „qualitativ hochwertige Produkte in einer sicheren und sauberen Umgebung“ geboten werden können.

Volltreffer für RTL

Damit leistet Altmeister Wallraff das, was die Öffentlich-Rechtlichen mit Investigativ-Formaten leisten möchten: Missstände nachzuweisen, um Verbesserungen herbeizuführen. Im Vergleich zu Wallraffs Doku sind etliche Ausgaben des „Markenchecks“ der ARD läppisch, von der Info-Reihe „ZDF-zoom“ ganz zu schweigen.

Beim Publikum haben RTL und Wallraff einen Volltreffer gelandet. Günther Jauch lieferte Wallraff mit „Wer wird Millionär?“ einen guten Zuschauer-Vorlauf, der Sozialaufklärer wusste seine Chance zu nutzen. In der angepeilten Zielgruppe der unter 50-Jährigen war Wallraffs Report die Nr. 1. Selbst beim Gesamtpublikum hielt er sich gut.

Bei Facebook kam es knüppeldick

Weit wichtiger noch für die Wirkung des Wallraff-Werks waren aber die Reaktionen im Netz. Sie hätten deutlicher nicht ausfallen können. Auf Facebook kam es für Burger King knüppeldick. Jenifer Gabriels Kommentar steht stellvertretend für Tausende: „Ekelhaft, was ich da heute im Fernsehen gesehen habe. Die bekommen von mir kein Cent mehr. Und wie mit den Mitarbeitern umgegangen wird, echt traurig, dass es so was in Deutschland noch gibt.“