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Wie Till Brönner sein Publikum „happy“ macht

Wie Till Brönner sein Publikum „happy“ macht

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Foto: imago/Future Image
Der Trompeter versöhnt Jazz und Pop mit Erfolg. Mit Film-Musik landete Till Brönner einen Album-Hit. Und derzeit ist er unterwegs – mit neuem Konzept.

Köln. 

Till Brönner

(43) spielt Jazz. Und das erfolgreich. Mit seiner Langrille „The Movie Album“ landete der Trompeter erneut einen Pop-Hit. Jürgen Overkott sprach mit ihm.

Sie sind im Augenblick mit einem neuen Programm auf Tour. Was genau ist denn neu dabei?

Es ist das größte Projekt, das ich jemals hatte und sicher auch das ambitionierteste.

Eine Big Band, die diesen Namen auch verdient.

Ein Orchester. Es ist frisch gegründet, und deshalb ist jedes Konzert neu für uns. 20 Künstlerinnen und Künstler stehen auf der Bühne, darunter sieben Streicher. Wir machen eine echte Till-Brönner-Show draus. Es gibt natürlich viele Stücke aus meinen Alben. Ich lade aber das Publikum auch ein, uns historisch zu folgen, um an Schauplätze zu gelangen, die über die ganze Welt verstreut sind. Wir fangen an mit Richard Strauss, sind in Deutschland und Europa, gehen von da aus nach New Orleans, dann nach Brasilien zu Bossa Nova und Samba, dann nach Kuba, Paris und zum Schluss kommen wir wieder zurück nach Deutschland. Wir möchten dem Publikum eine Mischung aus diebischer Spielfreude und Unterhaltung bieten.

Sie wollen Pop und Jazz wieder versöhnen.

Für mich hat die Frage, ob Jazz populäre Musik sein kann, immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch Jazz entwickelt sich. Er muss nicht immer so klingen, wie das, was mal war. Es gibt neue Entwicklungen, auch Trends, denen sich Jazz stellen oder versagen muss. Das ist seine Aufgabe.

Beim Blick auf das Repertoire Ihres jüngsten Albums fällt auf: Das letzte Stück ist „Happy“. Was macht Sie dabei happy?

(lacht) Zunächst mal: Es ist ein Song, der aus einem Film stammt. „Happy“ war ein Zufallsprodukt. Wir haben das Stück gespielt, und plötzlich war eine ungeheuere Energie da. Dann haben wir das Ganze mal zwei Wochen liegen lassen, und dann fiel uns die Energie des Stücks erneut auf. Wir haben dann beschlossen es mit ins Programm zu nehmen. Und tatsächlich ist es jetzt das letzte Stück in unserem Konzert – und gar nicht mal das schlechteste (lacht).

Das Stück hat etwas geschafft, was in Zeiten eines musikalischen Überangebots ganz selten ist: Es ging um die Welt. Wie funktioniert es im Konzertsaal?

Wir haben den Song für die Bühne etwas verändert – wobei unsere Musik sowieso nie so klingt wie auf der Platte. „Happy“ kommt gut an. Wo es kommt, wird nicht verraten (lacht).

Funktioniert das Stück im Konzertsaal so wie in den ungezählten Videoclips – fängt das Publikum an zu tanzen?

Das wäre ein Geschenk, oder ? Wir haben schon einige Konzerte gegeben, bisher war die Reaktion am Ende immer gleich…sie sehen mich glücklicherweise lächeln.

Erwartet Ihr Publikum so etwas?

Wenn man zu einem Brönner-Konzert geht, weiß man nie genau, was einen erwartet (lacht). Die Menschen sind positiv überrascht. Wir haben einige Passagen dabei, die das Publikum fordern. Aber gerade das wird geschätzt, merken wir. Es macht einfach höllischen Spaß!

Wie kamen Sie auf die Idee ein Filmmusik-Album zu machen?

Ich kam gar nicht umhin, festzustellen, dass die Trompete in Filmen immer wieder in entscheidenden Momenten eingesetzt wird. Man muss natürlich aufpassen. Die Trompete ist ein Militär-Instrument. Sie ist oft zu hören, wenn beispielsweise eine amerikanische Flagge gefaltet wird – oder wenn etwas Bombastisches gezeigt wird. Ich selbst habe ja eher einen Hang zum warmen, weichen Klang.

Sind Sie als Kino-Zuschauer ein Romantiker?

Eine romantische Komödie ist okay für mich. Aber für mich ist die allergrößte Kunst ein gut gemachtes Melodram. Und wenn ein Action-Film nicht überfrachtet ist, finde ich das auch interessant. Wenn ich ins Kino gehe, ist das für mich so ähnlich wie der Besuch in einem guten Restaurant. Das muss alles rund sein. Das Kino muss mich entlassen mit dem Gefühl: Schön, dass du hier warst. Oder der Film muss mich zum Nachdenken angeregt haben.

Bewegt Sie Musik dazu, bei einem Film dranzubleiben?

Gute Film-Musik kann für mich einen mittelmäßigen Film in der Wahrnehmung anheben.

Haben Sie selbst mal Film-Musik geschrieben?

Ja, das habe ich. Aber das ist für jemanden, der so viel reist wie ich, eine Herausforderung. Mir macht das aber großen Spaß. Ich habe beispielsweise „Höllentour“ von einem der wenigen deutschen Oscar-Preisträger – Pepe Danquart – vertont: Die Tour 2003, die letzte unbefleckte, wenn man so möchte. Aber Film-Musik erfordert sehr viel Anwesenheit. Man muss eng mit dem Regisseur in Kontakt sein, zeitlich sehr flexibel sein. Als Live-Künstler nicht immer einfach.

Ein Jazzer, dem es gelungen ist, Fernseh-Hits wie die „Tatort“-Melodie oder Kino-Melodien wie „Das Boot“ zu schreiben, ist Klaus Doldinger. Sind Sie etwas neidisch?

Klaus Doldinger war viele Jahre lang mein Vorbild. Es sind Entwicklungen, die ein bisschen von zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten abhängen. Er hat frühzeitig angefangen, fürs Fernsehen zu schreiben. Und dann kam das Angebot von Wolfgang Petersen für „Das Boot“. Klaus Doldinger hatte größtes Talent zur Filmmusik, ein bewundernswerter Mann. Heute läuft es ziemlich anders, die Zeit kann man nicht mehr zurückdrehen. Ich glaube, das würde Klaus Doldinger heute sogar selbst sagen.