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Wie sich der Comedystar Mario Barth selbst demontiert

Wie sich der Comedystar Mario Barth selbst demontiert

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1492DE00FE71C96D.jpg Foto: dpa
Früher füllte Mario Barth Stadien. Heute macht der Berliner mit fragwürdigen politischen Äußerungen Schlagzeilen. Was treibt ihn an?

Berlin. 

Womöglich hat sich Mario Barth selbst erschrocken. Über die empörten Reaktionen, auch über den Beifall von weit rechts. Also beteuert er in einem selbstgedrehten Video, dass er mit Nazis nichts zu tun haben wolle. Nur: Das macht Barths Äußerungen der letzten Wochen nicht ungeschehen.

Bisher war er einfach ein Kleinkünstler, der mit schlichter Komik über Geschlechterklischees respektablen Erfolg hat. Inzwischen fragen nicht nur seine durchaus zahlreichen Kritiker, sondern auch Fans: Was geht in diesem Mann vor?

Neues Video hilft Barth nicht aus der Klemme

Der Schlusspunkt seiner fragwürdigen Auftritte war erreicht, als Barth (44) in dem Video nun seine Lügenvorwürfe gegen die Presse untermauerte. In konfuser Wortwahl sagte er: „Letzten Endes ist auch der Zuschauer schuld, dass die Presse so spektakulär berichtet, weil, wenn einer schreibt: ‚Tachchen, Dienstag ist nichts passiert‘, ist ja langweilig.“ Medien müssten „korrekt berichten. Und dann muss sich jeder seine eigene Meinung bilden. Ich kann doch nicht als Nachrichtensender die Meinungen manipulieren. Sollte man nicht tun.“

Zuvor hatte Barth in einem Facebook-Video aus New York behauptet, Medien hätten die Proteste gegen den neugewählten US-Präsidenten Donald Trump vor dessen Hochhaus an der Fifth Avenue erfunden. Auf diese Weise wandte er sich an Menschen, die tatsächlich glauben, dass viele Berichte, Fotos, Videos und Polizeimeldungen in den Medien gefälscht sind. Was Barth schlicht nicht beachtet hatte: Die Proteste fanden erst abends statt, zudem war die Straße wegen einer Parade abgesperrt. Den Lügenpresse-Vorwurf nahmen prompt Rechtspopulisten wie der Chef der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Heinz Christian Strache (47), auf: „Mario Barth zeigt auf, wie uns diverse Medien für dumm verkaufen wollen.“

Kritik setzt ihm zu

Wie Mario Barth über die Presse denkt, erzählt er an einem trüben Herbsttag nach einem Auftritt in Oldenburg. Der frühere Urlaubsanimateur ist aus Berlin gekommen. Sein Programm heißt „Männer sind bekloppt, aber sexy“, mehr als zwei Stunden kalauert er vor 4500 Zuschauern darüber, wie er seiner Freundin den falschen Quark aus dem Supermarkt mitbringt („Vollfett“) und wie seine Dirty-Talk-Versuche im Schlafzimmer („Na, du Drecksschlampe“) darin enden, dass er auf dem Sofa übernachten muss. Nach der Show spricht er darüber, wie ihm die Schmähungen, die er seit Jahren erdulden müsse, zu schaffen machen.

Henryk M. Broder nannte ihn in einer „Spiegel“-Polemik einst einen „Zeremonienmeister des Prekariats“. Wenn Barths Komik als Unterhaltung gelte, könne jeder Kuhfladen darauf bestehen, „zukünftig mit Pizza Margarita angeredet zu werden“. Stefan Niggemeier bescheinigte ihm in der „FAZ“ „eine aggressive Dummheit“.

Am Anfang hat es wehgetan

Barth sagt dazu, am Anfang habe ihm das wehgetan. Er sei auch nur ein Mensch. Der Komiker will diese Kommentierungen nicht vergessen, zu Journalisten hat er ein angespanntes Verhältnis. Einerseits braucht er sie als Plattform und ist für jeden Spaß zu haben. Auf kritische Fragen reagiert er hingegen unwirsch.

„Heute kommen Kritiker teilweise gar nicht in die Show und schreiben trotzdem, die sei nicht lustig. Das ist unglaubwürdig und respektlos den mehr als 600.000 Fans gegenüber, die bisher mein aktuelles Programm gesehen haben.“ Die Medienschelte käme daher, dass die Zeitungen immerzu Themen aufbauschten. Vielen Journalisten unterstellt Barth elitäres Denken.

Mario Barth, der geschickte Selbstvermarkter

Barth hält sich für den besseren Aufklärer. Auf RTL moderiert er eine Sendung, in der er sich als seriöser Berichterstatter ausgibt und den Eindruck erweckt, dass der Staat überall unser Geld verschwendet, dass deutsche Politiker allesamt unfähig und korrupt sind. Die neuste „Barth deckt auf“-Ausgabe läuft am kommenden Mittwoch. Der Berliner verweist auf bis zu drei Millionen Zuschauer und folgert daraus, dass er gute Arbeit mache: Die Leute schalteten ja nicht ein, „weil die nur ein Programm empfangen können“.

Seit 2001 tourt er mit Geschichten über seine zickige Freundin durchs Land. Damit hat er Stadien gefüllt, er ist der Kopf einer Vermarktungsmaschine, die von Tassen über Kleidung bis hin zu eigens geprägten Geldmünzen alles Mögliche mit seinem Konterfei verkauft. Doch das Mann-Frau-Thema, glaubt Barth, ist irgendwann auserzählt. Er sucht nach einem neuen Image. „Ich mache Alltagscomedy“, sagt Barth. So lesen sich seine kruden Botschaften aus New York wie der unbeholfene Versuch, sich als Satiriker ins Gespräch zu bringen und offene Rechnungen mit „den Medien“ zu begleichen.

Vielleicht sollte er doch lieber weiter über seine zickige Freundin reden.