Veröffentlicht inPanorama

Wie viel Schwitzen ist normal? Die wichtigsten Fragen und Antworten

Wie viel Schwitzen ist normal? – Experten geben Rat

166193807--198x148.jpg
Foto: Getty
Achselflecken auf dem Hemd, feuchte Hände vor dem Bewerbungsgespräch: Mit Schweiß hat jeder schon unangenehme Erfahrungen gemacht. Wie viel Schweiß ist normal – und wann sollte der Arzt zu Rate gezogen werden? Ein Überblick.

Essen. 

Egal, ob man in sommerlicher Hitze beim Urlaub in südlichen Gefilden schwitzt oder aus Aufregung vor einem wichtigen Termin – es ist eine salzige Angelegenheit. Denn Schweiß besteht zwar zu 99 Prozent aus Wasser, im Rest finden sich aber neben Kochsalz Mineralien wie Kalium, Magnesium und Phosphat. Ein organischer Bestandteil des Schweißes ist außerdem Harnstoff als Abfallprodukt des Körpers. Experten beantworten wichtige Fragen rund ums Schwitzen.

Warum schwitzen wir?

Wenn die salzigen Tropfen rinnen, hat der Körper die Klimaanlage eingeschaltet: Mindestens ein halber Liter Schweiß verdunstet pro Tag auf der Haut – dadurch wird dem Körper überschüssige Wärme entzogen. Sonst würde er quasi innerlich verkochen.

Wie entsteht Schweiß?

Die meisten Schweißperlen werden von so genannten ekkrinen Drüsen in der Unterhaut gebildet. Davon besitzt der Mensch zwei bis drei Millionen. Außerdem gibt es an verschiedenen Stellen des Körpers noch große Knäuel- oder Duftdrüsen (apokrine Schweißdrüsen), die vor allem bei starken Emotionen wie Angst oder Wut in Aktion treten.

Weshalb müffelt man?

Frischer Schweiß riecht nicht – erst wenn Hautbakterien aktiv werden, fängt es an zu müffeln. Besonders in den feuchten, warmen Achselhöhlen können sich die Bakterien bestens ausbreiten. Schweißgeruch ist aber nicht nur unangenehm: Bei der Zersetzung männlichen Schweißes entstehen die Stoffe Androstenol und Androstenon, die sogar in Maßen bei der Partnerwahl eine Rolle spielen können.

Was hilft gegen Schwitzflecken? 

Welche Mittel helfen gegen nasse Flecken unter den Achseln?

Meist greifen wir zu Deodorants oder Antitranspirantien. Sie unterscheiden sich in ihrer Wirkungsweise: Deos überdecken vor allem den Geruch mit parfümierten Inhaltsstoffen. Antitranspirantien wirken, indem sie die Ausgänge der Schweißdrüsen verengen – bis zu 60 Prozent weniger Schweiß gelangt an die Hautoberfläche. Deos, die über 48 Stunden wirken sollen, enthalten ebenso wie Antitranspirantien meist Aluminiumchlorid. Für Befürchtungen, dass dieser Wirkstoff Brustkrebs erzeugen könnte, liegen laut der Düsseldorfer Dermatologin Anna Mokosch keine Beweise vor: „Wenn es einen begründeten Verdacht gäbe, würden Produkte mit dem Wirkstoff sofort aus dem Handel genommen.“ Für Allergiker gibt es milde Deo-Alternativen ohne Alkohol und Aluminiumchlorid – dies kann nämlich die Haut reizen.

Kann Schwitzen krankhaft sein?

Laut Schätzungen leiden rund 13,3 Millionen Deutsche darunter, dass sie ständig komplett in Schweiß gebadet sind. Hyperhidrosis (von griechisch hyper = zuviel, hidros = Wasser) nennt sich dieses Phänomen. Schwitzen wird als übermäßig angesehen, wenn der Schweiß unabhängig von Temperatur oder körperlicher Anstrengung auftritt. Dann sollte man zum Arzt gehen und die Ursachen mit speziellen Tests überprüfen lassen. Die Folgen der Hyperhidrosis können verheerend für die Haut sein – Pilzinfektionen, Warzen oder bakterielle Infektionen entstehen und sorgen dafür, dass man sich am liebsten aus der Öffentlichkeit zurückzieht.

Welche Gründe stecken dahinter?

„Wir unterscheiden zwischen primärer und sekundärer Hyperhidrose“, sagt Anna Mokosch, Ärztin im Medical Skin Center Dr. Hilton und frühere Leiterin der Hyperhidrosis-Sprechstunde an der Universitätshautklinik Düsseldorf. „Bei der primären Hyperhidrose ist das Schwitzen selbst die Krankheit. Ihre Ursachen sind weitestgehend unbekannt.“ Unterschiedliche Umwelt- und Persönlichkeitsfaktoren, aber auch Stress und Nervosität können Auslöser sein. Bei der sekundären Hyperhidrose ist das Schwitzen ein Begleit- oder Folgesymptom einer Krankheit. Auslöser können hier etwa eine Überfunktion der Schilddrüse oder Diabetes sein. Hinzu kommt, dass man sowohl am ganzen Körper (generalisiert) als auch nur an einem klar abgegrenzten Bereich – etwa an den Achseln, Händen oder Füßen – schwitzen kann. Letzteres wird als fokale Hyperhidrose bezeichnet.

Wie können mögliche Therapien aussehen?

„Je nachdem, wie stark die Hyperhidrose ausgeprägt ist, wählt der Arzt eine individuelle Therapie für jeden Patienten“, sagt Expertin Anna Mokosch. „Dabei sollte immer mit der am wenigsten belastenden Methode begonnen und bei den Kassen nachgefragt werden, welchen Anteil der Kosten sie übernehmen.“ Eine Möglichkeit ist nach ihren Worten etwa die Iontophorese, bei der mittels pulsierenden Gleichstroms eine Reduzierung der Schweißproduktion erreicht wird. Wenn sich die Hyperhidrose auf die Achseln konzentriert, wird häufig das als Medikament genutzte Nervengift Botulinumtoxin (Botox) gespritzt. Es kann die Schweißproduktion für rund sechs bis zwölf Monate eindämmen, dann muss die Injektion erneuert werden. Gegen besonders starkes Schwitzen setzen Dermatologen auch Tabletten ein: Anticholinergika hemmen die Wirkung von Acetylcholin, dem Boten- bzw. Überträgerstoff im Nervensystem, der die Schweißdrüsen zur Produktion und Sekretion von Schweiß anregt.

Sollen sich Schweißgeplagte operieren lassen?

Die Dermatologin Dr. Tanja Fischer, Ärztliche Leiterin des Haut- und Laserzentrums Potsdam-Berlin, erklärt: „Wenn Medikamente und andere Maßnahmen nicht helfen, besteht die Möglichkeit, Schweißdrüsen dauerhaft auszuschaben, zum Beispiel mit Hilfe der sogenannten wasserstrahl-assistierten Schweißdrüsenentfernung.“ Ihre Kollegin Anna Mokosch aus Düsseldorf sieht OP-Maßnahmen, zu denen auch die Absaugung von Schweißdrüsen oder das Durchtrennen von Nervenfasern zählen, allerdings etwas skeptisch und als letztes Mittel der Wahl: „In der Regel kann man durch Kombinationen mehrerer Maßnahmen auch ohne eine Operation gute Ergebnisse erzielen, so können mögliche OP-Risiken und Nebenwirkungen vermieden werden.“

Tipps und Infos

Anna Mokosch arbeitet als Ärztin im Medical Skin Center – Dr. Hilton. Adresse: Grünstraße 6, 40212 Düsseldorf, Tel. 0211/86 29 28-28, www.dr-hilton.de
Eine spezielle Schweißsprechstunde
bietet die Hautklinik Düsseldorf, Moorenstraße 5, 40225 Düsseldorf, donnerstags von 13.30 bis 15.30 Uhr an. Mehr Informationen im Internet unter www.uniklinik-duesseldorf.de. Terminvereinbarungen unter Tel. 0211/81-17602.
Hyperhidrose-Informationen aus Sicht einer Betroffenen gibt es im Internet.