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E-Shishas und Hotpants – Was an manchen Schulen alles verboten ist

E-Shishas und Hotpants – Was an manchen Schulen verboten ist

Preußische Sitten total verpönt: Eine bayerische Schule verbot ihren Schülern, "Tschüss" zu sagen., Eine Schule in Erftstadt verbat den Schülern, Sido zu hören., Diese Frau schreibt Bücher, die an einem sächsischen Gymnasium nichts zu suchen haben: Joanne K. Rowling, Autorin von Harry Potter.
Preußische Sitten total verpönt: Eine bayerische Schule verbot ihren Schülern, "Tschüss" zu sagen., Eine Schule in Erftstadt verbat den Schülern, Sido zu hören., Diese Frau schreibt Bücher, die an einem sächsischen Gymnasium nichts zu suchen haben: Joanne K. Rowling, Autorin von Harry Potter. Foto: Foto: dpa
Die Schule: ein Ort, an dem Freiheiten und Vorschriften in einer klugen Balance gehalten werden wollen. Auch die jüngsten Vorstöße zum Verbot von Smartphones auf Pausenhöfen in NRW zeigen: Die Schulen regeln solche Dinge am liebsten selbst. Was ist verboten, was nicht? Versuch eines Überblicks.

Essen. 

Immer mehr Schulen in NRW führen strenge Handy-Verbote ein. Nicht nur im Unterricht – auch auf den Pausenhöfen ist die Nutzung von Mobiltelefonen und internetfähigen Smartphones dann untersagt. Die Schulen entscheiden darüber selbst, wie auch über andere Dinge, die den Schulfrieden stören können. Was das sein kann? Hier ist eine Liste von Vorfällen der letzten Jahre, die allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann.

1.) Das Hotpants-Verbot

Das evangelische Heidehof-Gymnasium in Stuttgart hatte schon seit Jahren in der Schulordnung stehen, dass die Schüler in angemessener Kleidung zu erscheinen haben. So richtig aktuell wurde das aber im Sommer 2013: Damals häuften sich Schülerinnen in Hotpants. Die Schulleitung schritt rigoros ein: Wer das erste Mal in den in den ultrakurzen Hosen erschien, wurde ermahnt. Wer es wieder tat, musste ein schwarzes T-Shirt der Größe XXL überziehen, das die Haut auf sehr unvorteilhafte Weise verhüllte. Man darf annehmen, das half.

2.) Das Lonsdale-Verbot

Irgendwann im Jahr 2004 bemerkten die Lehrer der Reinhold-Nägele-Realschule im baden-württembergischen Weinstadt, dass immer mehr Schüler die Dresscodes von Rechtsextremen und Neonazis in ihre Schule trugen: Hemden, Jacken, Mützen mit den Schriftzügen von Consdaple, Thor Steinar, Lonsdale und Pitbull, dazu Bomberjacken, Springerstiefel, das Zahlensymbol „88“. Als es darüber zum Streit kam, beschloss die Schulkonferenz ein Verbot der umstrittenen Schriftzüge in der Schule. Auch an einzelnen Schulen in anderen Bundesländern wurden solche Verbote beschlossen – zu landesweiten Verboten kam es allerdings nirgends.

3.) Das Jogginghosen-Verbot

In der Handelsakademie und Handelsschule im österreichischen Innsbruck hat die Rektorin den Trainingslook verboten. „Von allen SchülerInnen wird ein gepflegtes Äußeres verlangt (keine Jogginghose)“, heißt es in einer Checkliste für die Schüler. Die Schulleiterin begründet im österreichischen Fernsehen das Verbot mit Fürsorge: „Wir sind ja eine berufsbildende Schule, die für die Wirtschaft ausbildet. Da gehören natürlich angemessene Kleidung und gutes Auftreten dazu.“ Die Schule lehnt es aber ab, bei Nichtbeachtung Strafen zu verhängen.

Im Januar 2012 erklärte die Direktorin der Mittelschule St. Nikola im bayerischen Passau ihre Schule zur Hallo- und Tschüss-Freien Zone. Die norddeutsche Art zu Grüßen empfand Petra Seibert als unhöflich. „Wir bemühen uns, ohne diese beiden Grußformeln in unserem Haus auszukommen“, stand auf einem Aushang in der Schule. Und: „Über ein ‚Grüß Gott‘ und ein freundliches ‚Auf Wiedersehen‘ freuen wir uns jedoch jederzeit.“ Die Passauer Initiative stieß bei vielen Bayern auf Wohlwollen, aber nicht bei allen. Auch die Politik reagierte gespalten. Ein landesweites Preußisch-Verbot an den Schulen ist jedenfalls nie diskutiert worden.

5.) Das Grüß-Gott-Verbot

Anfang 2011 kursierte in Baden-Württemberg eine E-Mail, in der es hieß, an Schulen in der Landeshauptstadt Stuttgart dürfe die ortsübliche Grußformel „Grüß Gott“ nicht mehr gebraucht werden – und zwar aus Rücksichtnahme auf muslimische Schüler. Eltern reagierten entstetzt. Bis sich herausstellte, dass an der Sache überhaupt nichts dran war. Die Staatskanzlei, damals noch in den Händen der CDU, stellte klar, dass es sich bei der E-Mail um eine Fälschung handele. „Eine Anweisung gegen das ‚Grüß Gott‘ ist in Baden-Württemberg undenkbar.“ Im Übrigen hätte sich auch nie ein Muslim darüber beschwert.

6.) Das Kruzifix-Verbot

Vielleicht war der Schreiber der Stuttgarter E-Mail ja durch einen Vorfall in Niedersachsen inspiriert: Kurz vor ihrer Vereidigung im April 2010 hatte hier die designierte Sozialministerin Aygul Özkan (CDU) gefordert, das Kruzifix habe in staatlichen Schulen nichts zu suchen. Schulen in kirchlicher Trägerschaft wollte sie zwar ausgenommnen wissen, aber das änderte nichts an dem Aufschrei, der danach durch die Republik ging. Ministerpräsident Christian Wulff hatte alle Hände voll zu tun, das „Missverständnis“ auszuräumen.

7.) Das W-Lan-Verbot

Im Mai 2011 empfahl der Europarat ein Verbot von Mobiltelefonen, schnurlosen DECT-Telefonen und W-Lan-Systemen in Schulen. Grund sei der „Schutz von Kindern und Jugendlichen“ vor elektromagnetischer Strahlung, argumentierte der Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, lokale und regionale Angelegenheiten in einer Beschlussvorlage. Das Papier vom 6. Mai 2011 ist heute nicht mehr auf der Seite des Europarates verfügbar. Wie zu erwarten, blieb die Initiative folgenlos. Allerdings beschäftigen sich in Israel der Oberste Gerichtshof und die Regierung mit einer Klage gegen Drahtlos-Netzwerke an den Schulen des Landes.

2005 verbat die Bonner Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien den Verkauf des Albums „Maske“ von Rapper Sido. Gerichte bestätigten diese Entscheidung. „Ich nehm‘ jeden Tag Drogen, mal weniger, mal mehr. Mal mit Action und mal ganz leger. Doch am Wochenende geht’s erst richtig los. Pillen fressen, Nasen zieh’n, Wodka saufen, prost!“, heißt es in einem der Lieder. Das Verbot brachte aber wenig, Kinder und Jugendliche schafften es auch auf illegalem Weg, an die Songs heranzukommen. Der Rektor der Don-Bosco-Schule in Erftstadt mochte das nicht länger mit anhören. Er verbat seinen Schülern, die illegalen Lieder auf dem Schulgelände zu hören. Wer bei einer Stichprobe erwischt wurde, musste seinen MP3-Player abgeben, Rückgabe nur an die Eltern.

9.) Das E-Zigaretten-Verbot

Als das Rauchen an deutschen Schulen verboten wurde, gab es sowohl unter den Schülern wie auch unter den Lehrern einige, die auf E-Zigaretten auswichen. In Nordrhein-Westfgalen gab es dazu im Jahr 2011 einen Erlass, der das Rauchen von E-Zigaretten bei schulischen Veranstaltungen verbat, inklusive Klassenfahrten. In diesen Tagen startete auch das bayerische Kultusministerium eine Initiative, die das Verbot von E-Zigaretten an Schulen zum Ziel hat – und von E-Shishas im Übrigen auch.

10.) Das Zucker-Verbot

Im August 2012 machten sich die Grünen und die Deutsche Diabetes-Hilfe für ein bundesweites Verbot von zuckerhaltigen Getränken an den Schulen stark. Spitzenpolitikerin Renate Künast kippte damals eine Schubkarre mit Zucker auf den Hof der Heinrich-Seidel-Grundschule im Stadtteil Wedding – um darauf aufmerksam zu machen, wie viel Zucker Kinder pro Jahr aufnehmen, wenn sie jeden Tag Limonade trinken. Die Weddinger Schule war aber nicht gemeint: Hier wurden schon damals keine zuckerhaltigen Getränke mehr verkauft, dafür konnte jedes Kind seine Trinkwasserflasche an einer Trinkwasseranlage selbst auffüllen. Und eine Sekundarschule im schweizerischen Hitzkirch hat außer Limonaden auch Energy-Drinks verboten, weil immer wieder Kinder „aufgedreht im Klassenzimmer auffallen und sich nicht mehr konzentrieren können“, wie die Schulleiterin in der Luzerner Zeitung berichtete.

11.) Das Gebets-Verbot

Im Mai 2010 entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, dass Schulen muslimischen Schülern das öffentliche Beten verbieten dürfen. Geklagt hatte ein 16-jähriger Schüler des Diesterweg-Gymnasiums im Stadtteil Wedding. Er hatte in einer früheren Instanz sein Gebetsrecht durchgesetzt, woraufhin die Schule ihm einen Gebetsraum zur Verfügung stellte. Anträge auf Einrichtung solcher Räume gab es danach auch in anderen Berliner Schulen. Doch die Richter entschieden im Sinne der Verwaltung. Die sah durch den „Demonstrationscharakter des islamischen Gebetes“ den Schulfrieden gefährdet – und erklärte sich außer Stande, für alle Religionsgemeinschaften an allen Schulen Gebetsräume einzurichten.

Im Jahr 2007 verbannte das Johannes-Kepler-Gymnasium in Chemnitz die Geschichten des Zauberlehrlings Harry Potter aus dem Unterricht. Eltern von zwei Schülern einer fünften Klasse hatten religiöse Bedenken geäußert, bestätigte die Schulleitung. Die Eltern wollten nicht, dass ihre Kinder sich mit der in den Büchern enthaltenen Mystik beschäftigen. Die Lehrerin habe daraufhin das Buch «Rennschwein Rudi Rüssel» behandelt, so berichtete die Deutsche Presse-Agentur damals. Auch Schulen in Großbritannien und in den USA haben Harry-Potter-Verbote ausgesprochen.