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Vor zehn Jahren wurde Pluto zum Zwergplaneten degradiert

Vor zehn Jahren wurde Pluto zum Zwergplaneten degradiert

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Einst hatte unser Sonnensystem neun Planeten. Bis einer vor zehn Jahren zum Zwerg schrumpfte. Wie es zur Herabstufung von Pluto kam.

Göttingen/Paris. 

An diesem Mittwoch vor zehn Jahren, am 24. August 2006, verlor unser Sonnensystem seinen neunten Planeten: Pluto, die ferne Eiswelt, wurde von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) zum Zwergplaneten degradiert. Die umstrittene Herabstufung Plutos war eine Konsequenz der ersten wissenschaftlichen Definition der Bezeichnung Planet, die von der IAU-Vollversammlung in Prag an jenem Tag beschlossen worden war. Seitdem hat unser Sonnensystem nur noch acht Planeten. Hunderte Lexika, Schul- und Lehrbücher mussten geändert werden – und bis heute schwelt der Streit unter den Fachleuten über die Degradierung Plutos. Derweil wächst die Liste der Zwergplaneten.

Immer mehr Himmelskörper in Außenbezirken entdeckt

Nötig geworden war die Planetendefinition, weil immer mehr Himmelskörper in Außenbezirken des Sonnensystems entdeckt wurden, wo auch Pluto seine Bahn zieht. „Ende des 20. Jahrhunderts kannte man bereits ein paar Hundert solcher Objekte, von denen einige ähnliche Bahnen hatten wie Pluto und fast an seine Größe heranreichten“, sagt Astronom Hermann Böhnhardt vom Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. „Was tun mit diesen Objekten? Wenn man sie alle als Planeten bezeichnet, werden es unter Umständen sehr viele.“

Stein des Anstoßes für die Pluto-Degradierung war der Himmelskörper 2003 UB313, der wie Pluto jenseits des Neptun um die Sonne kreist. Die Entdecker um Mike Brown vom California Institute of Technology hatten daher beantragt, ihren Fund als zehnten Planeten einzustufen. Angesichts der zunehmenden Zahl ähnlicher Entdeckungen stimmten die Delegierten der IAU-Vollversammlung darüber ab, was aus Sicht der Wissenschaft einen Planeten ausmacht. „Eine wissenschaftliche Definition eines Planeten gab es nicht – der Begriff hat sich historisch entwickelt“, so Böhnhardt. „Er entstammt dem Griechischen und bedeutet umherirrender Stern.“ Planeten waren ursprünglich solche Objekte, die im Gegensatz zu den Fixsternen deutlich sichtbar über das irdische Firmament wandern, sodass sie ihre Position relativ zu den scheinbar unbeweglichen Sternen verändern.

Streit um Definition hält bis heute an

Gemäß der IAU-Definition ist ein Planet nun ein Himmelskörper, der die Sonne umkreist, kein Mond ist, eine annähernd kugelförmige Gestalt hat und seine Umgebung von anderen Himmelskörpern freigeräumt hat. „Die Konsequenz war für Pluto, dass er nicht mehr die Planetenkriterien erfüllt“, sagt Böhnhardt. Pluto kreist zwar um die Sonne, ist kugelförmig und kein Mond, aber er teilt sich seine Heimatregion mit zahlreichen anderen Himmelsobjekten. „Die Planetendefinition ist ziemlich gelungen, auch wenn es eventuell emotionale Schwierigkeiten damit gibt“, urteilt Böhnhardt. Die Definition sei auch für fremde Sonnensysteme anwendbar. „Auch für Exoplaneten ist das eine brauchbare Definition.“

Noch am Tag der Abstimmung stritten die Astronomen auf der Vollversammlung allerdings heftig über die Definition. Dieser Streit hält bis heute an. Einer der prominentesten Kritiker ist der US-Astronom Alan Stern, wissenschaftlicher Leiter der „New Horizons“-Mission, die just im Jahr von Plutos Degradierung zu dem Eiszwerg gestartet war. Nachdem die Sonde der US-Raumfahrtbehörde Nasa im vergangenen Jahr die ersten spektakulären Aufnahmen zur Erde gefunkt hatte, sagte Stern „Zeit online“: „Ich glaube, jetzt sehen alle Pluto und sagen ‚Hey, das ist wirklich ein Planet‘. Wir Planetenforscher nennen Objekte wie Pluto auch weiterhin Planeten.“ Für Objekte wie Pluto schuf die IAU die neue Klasse der Zwergplaneten. Das sind solche Himmelsobjekte, die wie Pluto das letzte Kriterium der Planetendefinition nicht erfüllen.

Suche nach neuem neunten Planeten

Pluto, der einen Durchmesser von 2274 Kilometern hat, wurde Gründungsmitglied der neuen Klasse. Ebenfalls aufgenommen wurde 2003 UB313, der nach der griechischen Göttin der Zwietracht Eris benannt wurde, sowie Ceres aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Seitdem wächst die Zahl: Mittlerweile gibt es schon fünf Zwergplaneten und mehr als ein Dutzend Kandidaten. „Mit der Definition von Zwergplaneten hat sich die IAU etwas schwergetan, wirklich gelungen ist diese Definition nicht“, sagt Böhnhardt. „Sie wird zwar benutzt, ist aber ein wenig eine Konzession an den degradierten Pluto.“

Eris-Entdecker Mike Brown, der auf Twitter unter „@plutokiller“ firmiert, müht sich unterdessen, unserem Sonnensystem einen neunten Planeten zurückzugeben. Bei der Erforschung der Außenbezirke unseres Systems haben Brown und sein Kollege Konstantin Batygin Hinweise auf einen fernen Planeten gefunden, der größer sein soll als die Erde. Brown ist überzeugt von seiner Hypothese, wie er in seinem Blog www.findplanetnine.com schreibt: „Wir müssen ihn finden. Ich habe sehr wenig Zweifel, dass wir das werden.“