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US-Zahnarzt tötet Simbabwes berühmtesten Löwen Cecil

US-Zahnarzt tötet Simbabwes berühmtesten Löwen Cecil

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Foto: dpa
Der König des Tierreichs war quasi das Wappentier des afrikanischen Landes. Jetzt ist Cecil tot. Der Löwe wurde per Armbrust erlegt.

Washington. 

Andere Zahnärzte erholen sich von Karies und Kronen auf dem Golfplatz. Walter J. Palmer tötet exotische Tiere. Mit Pfeil und Bogen. Der internationale Jäger-Bund „Safari Club“ listet für den solventen Dentisten aus Eden Prairie im US-Bundesstaat Minnesota 43 Trophäen auf. Darunter: Büffel, Karibu, Elch, Hirsch, Elefant, Nashorn, Eisbär und neuerdings „Cecil“, ein Löwe mit markanter, schwarzer Kinnmähne aus dem Hwange-Nationalpark in Zimbabwe. Und plötzlich geht der Schuss nach hinten los.

Seit das stolze Tier auf der Erledigt-Liste des 55-Jährigen steht, ist der Großwildjäger selbst zum Gejagten geworden. Die Behörden in dem afrikanischen Land suchen ihn offiziell wegen Wilderei. Im Internet fallen Tausende in Rudeln über den aus North Dakota stammenden Mann her und wollen ihm brutale Strafen angedeihen lassen. Binnen weniger Stunden wurde Palmers Internetseite vom Netz genommen und die Praxis in Bloomington bei Minneapolis geschlossen. Aus Angst vor Rache, schreiben Lokalzeitungen im Mittleren Westen, sei Palmer samt Frau und zwei Kindern an einen sicheren Ort geflüchtet. Bis sich der „Sturm der Entrüstung“ gelegt hat. Aber das kann noch dauern.

Fell abziehen, Kopf sichern

Zunächst geht es Palmers Helfern an den Kragen. Ein Gericht in Zimbabwes Grenzstadt Victoria Falls geht dem Verdacht nach, dass der von Palmer für rund 50 000 Dollar angeheuerte Wildhüter Theo Bronkhorst den bei Safari-Touristen beliebten Cecil mit einem teuflischen Trick aus dem Nationalpark lockte, um ihn außerhalb zu jagen: Er befestigte ein totes Tier an seinem Jeep, Cecil nahm Witterung auf. Danach legte Palmer, der sich rühmt, mit Pfeil und Bogen auf 80 Meter eine Pik-As-Karte zu treffen, mit einer Armbrust auf den König der Savanne an – und patzte. Der Löwe wurde nur verletzt. Erst nach fast zwei Tagen Suche fanden die Jäger das erschöpfte Tier gefunden und besorgten den Rest: Fell abziehen und die wichtigste Trophäe sichern – den Kopf. Mehr noch: Um die Spuren zu verwischen, so sagen lokale Tierschützer, wurde Cecils mit einem Peilsender versehenes Halsband, das ihn als Forschungsobjekt der englischen Universität Oxford auswies, absichtsvoll zerstört.

Der Farmbesitzer hatte nicht die Lizenz zu töten

Aber nicht nur darum stieß Palmers schriftlicher Entschuldigungsversuch, der mehreren Zeitungen zuging, auf taube Ohren. Darin gibt sich der Jäger pflichtschuldig reumütig, weißt aber jede persönliche Schuld von sich. „Ich hatte keine Ahnung, dass der Löwe, den ich erlegt habe, ein lokal beliebtes Tier war und als Objekt für Studien diente. Ich habe mich ganz auf die Expertise von professionellen Führern verlassen. Ich gehe davon aus, dass alle Genehmigungen vorlagen und die Sache legal war.“ Dem halten die Nationalparkbehörde in Zimbabwe und der Safariverband entgegen, dass die Tötung illegal war. Ein Grund: Der Besitzer der Farm, auf der Cecil endete, Honest Trymore Ndlovu, besaß keine Jagdlizenz.

3000 Dollar Strafe und ein Jahr Bewährung

Zweifel an Palmers Lauterkeit speisen sich aus seiner Jäger-Vita. Vor sieben Jahren war er im US-Bundesstaat Wisconsin bei der Tötung eines Schwarzbären unangenehm aufgefallen. Wie sich vor Gericht herausstellte, hatte Palmer das Tier innerhalb einer verbotenen Zone erlegt und den schweren Kadaver dann mit Hilfe Dritter über 60 Kilometer auf unbedenkliches Terrain schleppen lassen, um Bußgelder zu umgehen. Der Schwindel flog auf. Palmer musste 3000 Dollar Strafe zahlen und wurde mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr belegt. In einem minderschweren Fall war er beim Angeln ohne Lizenz erwischt worden. „Einmal Drecksack, immer Drecksack“, schrieb dazu ein aufgebrachter Leser der Zeitung „StarTribune“.

Für Palmers Zunftgenossen zählt nur die Wirtschaftskraft

Weil sich bis gestern fast 250 000 Unterzeichner einer Internet-Petition dafür aussprachen, Palmer zur Rechenschaft zu ziehen, hat sich inzwischen auch die Politik eingeschaltet. Betty McCollum, demokratische Kongressabgeordnete aus Minnesota, verlangt eine Untersuchung der amerikanischen Generalstaatsanwaltschaft und der US-Naturschutzbehörde.

Palmers Zunftgenossen halten die massive Kritik dagegen für scheinheilig und verweisen auf den Faktor Wirtschaftskraft. Allein Südafrikas Jagd-Industrie nimmt nach jüngsten Berichten des Senders „Voice of America“ jährlich fast 750 Millionen Dollar durch Jagd-Lizenzen ein, was 70 000 Jobs schaffe. „Den Jäger zu schelten, ist hier fehl am Platz“, sagte Dennis Dunn, ein Freund, der Palmer hohe ethische Maßstäbe attestiert, „die Leute in Zimbabwe haben den Fehler gemacht.“

US-Talker Jimmy Kimmel war sauer, richtig sauer

Einer mit Einfluss und Wortmacht will das nicht gelten lassen. Jimmy Kimmel, Gastgeber einer populären Fernseh-Abend-Talkshow auf dem Sender ABC, nahm Palmer am Dienstag erst detailliert ins Visier („der momentan meist gehasste Mann Amerikas“) und verpasste dem Jäger dann rhetorisch den Blattschuss: „Warum erschießt ein Mensch ein Tier? Ich bin ernsthaft neugierig: Wie kann das Spaß machen? Müssen Sie töten, weil Sie keine Erektion mehr kriegen? Falls ja, schlucken Sie Viagra, das funktioniert“, ereiferte sich Kimmel und stellte jenen Typus Trophäenjäger bloß, der sich „den ausgestopften Kopf eines Löwen an die Wand hängt, damit ihn seine vollidiotischen Freunde abends beim Scotch cool finden“.

Im Hwange-Nationalpark haben Naturschutzaktivisten andere Sorgen. Nach der natürlichen Hackordnung erwarten sie, dass der nächst ranghohe Löwe (namens Jericho) nun sämtliche Jungen von Cecil töten wird.