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Tippi Hedren wird 85 – und mag inzwischen auch Vögel

Tippi Hedren wird 85 – und mag inzwischen auch Vögel

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Foto: imago/United Archives
Die Schauspielerin, die mit dem Grusel-Klassiker von Alfred Hitchcock berühmt wurde, hat dem Regisseur nie verziehen, das er ihre Karriere versaute.

Bodega Bay, wo Alfred Hitchcock vor einem halben Jahrhundert „Die Vögel“ drehte, ist heute eine Art „Die Vögel“-Mini-Museum. Tippi Hedren, die im Film eine der Hauptrollen spielte, kommt inzwischen gern her.Sie kann nicht ohne Federvieh.

Auf ihrer Ranch „Shambala“ 50 Kilometer nördlich von Los Angeles hat Tippi Hedren nicht nur mehr als 60 Löwen, Tigern und Geparden ein Zuhause bereitet und dafür viele Meriten als Tierschützerin eingeheimst. Sondern auch Dutzenden Raben. Jenen Kreaturen nicht ganz unähnlich, die der blonden Frau aus New Ulm/Minnesota vor einem halben Jahrhundert bei den Dreharbeiten zu Alfred Hitchcocks Meisterwerk „Die Vögel“ beinahe die Augen ausgehackt hätten.

Trotzdem kommt die Schauspielerin, die heute den 85. Geburtstag feiert, regelmäßig zu Autogrammstunden und Werbezwecken nach Bodega Bay. In das verschlafene Küsten-Kaff 100 Kilometer nördlich von San Francisco, in dem sich vieles noch heute so vorfindet, wie Hitchcock es damals cineastisch aufbereiten ließ.

Hedren stellt mit Touristen Szene aus „Die Vögel“ nach

Die Bay Hill Road, auf der Tippi Hedren (alias Melanie Daniels) in einem rotem Aston Martin Cabrio entlangraste, um ihren Mitch Brenner (Rod Taylor) zu treffen. Diekmann‘s Bay Store unten am Wasser, wohin die Schulkinder, von Vogelgekreische verfolgt, flohen. Und natürlich die bildschöne, über 150 Jahre alte Kirche Santa Teresa von Avila direkt vor Potters altem Schul-Gebäude, wo das große Schnabel-Gemetzel stattfand. Die Lehranstalt ist ein sorgfältiges restauriertes Privathaus. Im Vorgarten lassen Warnschilder auf Eigentümer schließen, die den Kino-Tourismus satt haben: „Bleiben Sie weg!“

Wenn Tippi Hedren anreist, sagt Michel Fahmie und schmunzelt, „wird eine Ausnahme gemacht.“ Zum 50-jährigen Jubiläum von „The Birds“, berichtete er dieser Zeitung, fürchtete sich die alte Dame zum Spaß mit Touristen aus Italien und England, die wie weiland im Film schreiend die Straße Richtung Hafen abwärts liefen. Die Hände dabei zum Schutzschirm über den Hinterkopf gehalten. „Obwohl weit und breit nicht mal eine Möwe in Sicht war.“

Hedren hat Hitchcock ihr Karriereende nie verziehen

Der ehemalige Koch aus Texas hat aus dem 1854 gebauten General Store in Bodega das wohl vollständigste „Die Vögel“-Mini-Museum weltweit gemacht. Neben normalen Tante-Emma-Auslagen mit hohem Konservenanteil können Besucher Plastik-Krähen in allen Größen, DVDs, lebensgroße Puppen, Kaffeetassen und Original-Requisiten bewundern, die Fahmie regelmäßig auf Auktionen ergänzt. Neben einer Maske, die Hitchcock, der alte Quälix, im März 1963 den Premierengästen von „Die Vögel“ verpasste, ragen manche Schwarz-Weiß-Fotos heraus, die erahnen lassen, warum Hedren ihre Raubkatzen „Marlon Brando“ oder „Antonio Banderas“ getauft hat. Aber keinen einzigen „Hitchcock“.

Sie zeigen den Unwillen und die Verbitterung Hedrens, die eigentlich Nathalie heißt, über den kontrollsüchtigen Meister des Schreckens. Er sah in dem jungen Model nach Grace Kelly, Vera Miles und Kim Novak auch ein Objekt für seine privaten Begierden. Als sie sich ihm, dem verheirateten Mann mit der Knollennase, verweigerte, schaltete die wandelnde Neurose auf Vergeltung um, machte ihren Namen nach „Marnie“ (1964) bei anderen Regisseuren schlecht und entließ sie nicht aus ihrem Knebel-Vertrag. Mit der Folge, dass Hedrens Laufbahn mit Charlie Chaplins letzter Regiearbeit „Die Gräfin von Hongkong“ quasi endete. „Er hat meine Karriere ruiniert“, sagte die Mutter der Hollywood-Schauspielerin Melanie Griffith einmal der New York Times über den 1980 gestorbenen Regisseur, „er war ein gemeiner, gemeiner Mann.“

Schauplatz von „Die Vögel“ ist Vogelschutzgebiet

Als Tippi Hedren im vergangenen Sommer im edlen „The Inn and The Tides“ in Bodega Bay mit Gästen aus aller Welt zusammentraf, war davon nicht die Rede. Wieder einmal lieh sie ihr freundliches Lächeln einem guten Zweck. Der Schauplatz von „The Birds“ ist von der amerikanischen Schutzorganisation ABC zu einem der 500 weltweit wichtigsten Vogelschutzgebiete ausgerufen worden. Fast zu jeder Jahreszeit drängeln sich dort vorzugsweise ältere Herren mit Funktionskleidung, Fernrohr und Kameras mit großen Objektiven, um nach schwarzen Klippenausternfischern, Ringelgänsen Rostbrachvögeln, Wasserläufer und Sumpfspatzen Ausschau zu halten. Es sind friedliche Vögel. Und weit und breit ist kein Regisseur in Sicht. Darum kommt Tippi Hedren gern.