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So funktionieren Mode-Marken wie Primark und Abercrombie

So funktionieren Marken wie Primark, Abercrombie und H&M

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Foto: WAZ Fotopool
Hinter jeder großen Kette steckt ein anderes Konzept. Abercrombie setzt auf schöne Körper, Primark ist so billig wie KiK, aber modisch wie H&M. Und für H&M wollen Top-Designer wie Karl Lagerfeld gerne arbeiten. Dass ein Plan auch danebengehen kann, zeigt der Fall Ed Hardy.

Essen. 

Drei, vier Jahre ist es her, da waren auf den Straßen die Totenköpfe unterwegs – manchmal mit Strasssteinchen verziert für den Bling-Bling-Effekt. Oder Bulldoggen in stechenden Farben. Auf T-Shirts, Kappen und Tops waren sie zu sehen. Madonna trug so etwas und die Mädchen von Germany’s Next Topmodel. Hinter dem auffälligen Design steckte ein Label mit dem Namen Ed Hardy. Teuer der Preis, rebellisch das Image. Eine coole Kombination, fanden viele. Und heute? Gibt es auf Facebook Gruppen mit Namen wie „Dank Ed Hardy erkenne ich Idioten sofort“. Die Marke ist ein Beispiel dafür, wie schnell einem Aufstieg in der Mode der Abstieg folgen kann. T-Shirts, die einmal 200 Euro schwer waren, landen in der Altkleidersammlung ganz unten.

Franz-Josef Esch analysiert den Modemarkt seit Jahren. Er ist Direktor des Instituts für Markenforschung an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Esch sagt: „Bei Ed Hardy ging es um heiße Autos, coole Typen und dickbusige Frauen mit tiefem Ausschnitt.“ Aber an Knalleffekten sieht man sich schnell satt. Hat da womöglich jemand übertrieben?

Es geht auch anders. Drei Beispiele für Marken, die vieles richtig machen.

Das Prinzip Primark

  • Primark: Gegründet 1969 (Dublin/Irland), Filialen weltweit: rund 250, Filialen in Deutschland: 9 (unter anderem in Dortmund, Essen und Gelsenkirchen).

Die Primark-Masche lautet: Billig wie KiK, modisch wie H&M. Spötter sprechen gar von „H&M für Arme“. Bei diesen Preisen macht auch das knappste Taschengeld einen Großeinkauf möglich. Primark ist seit gut dreieinhalb Jahren auf deutschem Boden vertreten und hat sich Kult-Status erarbeitet. Was in den Filialen im Ruhrgebiet zu sehen ist. Junge Mädchen fallen in den Ferien und am Wochenende ein. Pilgerartige Zustände, da können sich Städte glücklich schätzen.

Die Ladenlokale sind groß, ab 3000 qm aufwärts, und hell. Die Mode ist manchmal schrill und immer trendig. Es gibt Ringe für einen Euro, T-Shirts für drei, Kapuzenpullis für zehn – Verlockungen, die stärker sind als Fragen nach Produktionsbedingungen. Einkaufskörbe stehen bereit, damit der Kaufrausch nicht am Transport zur Umkleidekabine scheitert. Personal, das die Kunden berät, sucht man vergebens. Hier räumen die Mitarbeiter lediglich ein und auf und kassieren.

„Dieser Textildiscounter ist unschlagbar günstig“, sagt Franz-Rudolf Esch. Der Marken-Professor vergleicht: Wer sich beim gleichpreisigen KiK einkleide, der tue das in der Regel nicht wegen des Styles, sondern weil es nicht anders geht – Primark biete dagegen auf großer Fläche große Mode.

  • Abercrombie & Fitch: Gegründet 1892 (Ohio/USA), Filialen weltweit: rund 1000, Filialen in Deutschland: 3 Abercrombie-Läden (u.a. in Düsseldorf), 15 Hollister-Läden (u.a. in Oberhausen und Dortmund).

Es ist noch gar nicht lange her, da hat diese Marke den Haben-wollen-Reflex ausgelöst: Junge Menschen standen sich die Beine in den Bauch, als die ersten Filialen von Abercrombie und der Tochtermarke Hollister in Deutschland eröffneten. Eine Stunde und mehr warteten sie auf Einlass. Lange hatte die Marke von ihrer schweren Erreichbarkeit gelebt: Es gab sie nur in den USA. Wer das Logo, ein Elch, oder den fetten Firmenschriftzug auf seinem T-Shirt trug, der war ein Mann von Welt: Seht her, ich war in Amerika! Und heute? Bedeuten Logo und Schriftzug: Seht her, ich war in Oberhausen!

Durch den Zuzug nach Deutschland hat die Marke an Exklusivität verloren – was in den Läden abzulesen ist: Vor den Filialen an der Düsseldorfer Königsallee, im Centro Oberhausen und in der Dortmunder Thier-Galerie sind Warte-Schlangen heute die Ausnahme. „Die Marke wird aber nicht verschwinden, das Geschäft dürfte sich einpendeln“, prophezeit Ökonom Esch. Es werde immer Menschen geben, die den Vintage- und Surfer-Stil der Abercrombie und Hollister-Bekleidung so sehr mögen, dass sie weiterhin hier einkaufen.

Hier, das heißt in Läden, die so düster sind, dass man meint, eine Sonnenbrille zu tragen. Es kann passieren, dass man erst draußen erkennt, ob das gerade gekaufte T-Shirt nun rot oder grün ist. Die Verkäufer sehen wie Models aus, laute Musik ertönt aus Lautsprechern – das hat was von Disco. Willkommen im Club!

Das Prinzip H&M

  • H&M: Gegründet 1947 (Stockholm/Schweden), Filialen weltweit: rund 2300, Filialen in Deutschland: rund 350.

Karl Lagerfeld hat’s getan, Stella McCartney und Jimmy Choo – bekannte Designer scheinen es zu mögen, limitierte und preisgünstige Kollektionen für eine Modekette zu entwerfen. H&M bringt den Laufsteg auf den Gehweg. Ein- bis dreimal jährlich bitten die Schweden eine Designer-Größe zum Gastauftritt. Aber auch die eigenen Kollektionen orientieren sich an dem, was in Mailand, Paris oder New York gezeigt wird. H&M macht internationale Mode für viele Bevölkerungsschichten erschwinglich. Alles ist im Fluss, täglich landen neue Teile in den Läden.

Als die Kette in den Achtzigern hierher kam, wurde die von deutscher Warenhaus-Mode schläfrig gewordene Kundschaft schnell hellwach. Unternehmen wie Zara oder Mango kopieren das H&M-Modell. „53 Prozent der jungen Frauen kaufen gerne bei H&M ein. Hier finden sie mutige Mode zu vertretbaren Preisen. Da macht es nichts, wenn das Teil nach einer Saison ausgedient hat“, sagt Markenexperte Franz-Rudolf Esch.

In Sachen Werbung setzen die Modeketten übrigens auf ganz unterschiedliche Strategien, bewerten mag Esch die nicht. Während Abercrombie von der Idee der schönen Körper lebe und diesen Körperkult auch auf seinen Papiertüten zeige, setze H&M auf Plakatwerbung und stelle dabei einzelne Produkte in den Vordergrund – Supermodels aus der Liga Kate Moss helfen dabei gerne.