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Nebenwege in der ARD – Waschechtes Roadmovie aus der Provinz

Nebenwege in der ARD – Waschechtes Roadmovie aus der Provinz

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Foto: BR/Jürgen Olczyk
Ein Roadmovie braucht kein Cabrio, da reicht auch Provinz: Gestresster Vater muss mit pubertierender Tochter klarkommen und Oma wieder einfangen.

Essen. 

Dieser Film ist ein waschechtes Roadmovie, aber das ist bekanntermaßen nur ein anderes Wort für „Der Weg ist das Ziel“ und muss deshalb auch nicht unbedingt auf einer texanischen Staubstraße angesiedelt sein. Bayern geht auch. Geht sogar sehr gut, wenn wie auf diesen „Nebenwegen“ Bilder und Story, Schauspieler und Dialoge stimmig miteinander vermählt werden.

Drei Personen machen sich in diesem Fall auf den Weg: Richard Beller, der seiner 14-jährigen Tochter aus der gescheiterten Ehe einen Wochenendausflug versprochen hat und schon die Abholung vergeigt – er kommt wieder einmal zu spät. Die Tochter quittiert die Vernachlässigung nach Teenager-Art und straft den gestressten Papa von da an mit brummiger Laune.

Oma Hilde haut ab

So doll ist das Ziel des Trips auch nicht. Beller will seine Mutter in ein Heim bringen. Die alte Dame leidet an Demenz, weiß aber eins ganz genau: Ihr Haus wird sie nicht verlassen, da kann der Herr Sohn sich auf den Kopf stellen.

Beller muss in Folge aber noch ganz andere Dinge anstellen, um die widerspenstige Mutter zu überzeugen. Während Beller packt und Tochter Marie unterm Kopfhörer schmollt, macht sich Oma Hilde nämlich aus dem Staub. Sie will unbedingt nach Altötting, um die Schwarze Madonna zu fragen, ob das mit dem Heim denn so seine Richtigkeit hat. Altötting liegt aber 100 Kilometer entfernt, kein Katzensprung, wenn man sich mit Kittelschürze und Hauslatschen zu Fuß auf die Reise macht.

Beller und Marie verfolgen die Flüchtige, holen sie irgendwann ein, man wandert jetzt gemeinsam und trifft die wunderlichen Typen, die man auf jeder Pilgerreise kennenlernt. Etwa einen lüsternen Altbauern (großartig wie immer: Tilo Prückner) oder einen starrköpfigen Imbissbudenbetreiber, mit dem man sich um die Würstchen balgt. Und weil man nicht in Texas sondern in Bayern ist, tragen die offiziellen Pilger leuchtende Warnwesten und beißen Spontangruppen weg.

Ein perfektes Regiedebüt – fast

Am Ende wird auch noch ein Polizeiwagen geklaut, aber das alles ist nicht so wichtig. Letztlich geht es um die Beziehungen zwischen den drei Pilgern. Tochter Marie macht ihren Vater für das Scheitern der Ehe verantwortlich, fälschlicherweise, wie sich herausstellt. Und Richard Beller hat immer geglaubt, dass seine Mutter seinen früh verstorbenen Bruder mehr liebt als ihn, auch das nicht richtig.

Alles stimmig präsentiert, mit schönen bayerischen Bildern und einem glänzenden Schauspieler-Trio bestehend aus Roeland Wiesnekker, Lola Dockhorn und Christine Ostermayer perfekt besetzt. Und wenn sich Michael Amman ein wenig mehr auf die Bilder und nicht so viel auf die Dialoge verlassen hätte, wäre das ein perfektes Regie-Debüt geworden.

Fazit: Großartig besetzt, schön ins Bild gesetzt, zuweilen ein wenig geschwätzig und nicht weit von Albernheiten entfernt.

ARD, Mittwoch 20.15 Uhr