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Schweden lassen sich Mikrochips in die Hand einpflanzen

Schweden lassen sich Mikrochips in die Hand einpflanzen

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Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
Klein wie ein Reiskorn sind die Chips, die sich schwedische Mitarbeiter einpflanzen lassen, um automatische Türen zu öffnen oder bargeldlos zu zahlen.

Stockholm. 

Es hört sich nach Science Fiction an: Ein Mikrochip unter der Haut – und schon öffnet sich die Tür zum Büro. Nur ein Reiskorn groß ist das Teil, das sich schwedische Mitarbeiter unter die Haut pflanzen lassen können.

Die technisch aufgeschlossenen Schweden waren schon bei der Verbreitung des Internets und der Mobiltelefone Pioniere in Europa. Der Stockholmer Verein Bionyfiken (Bioneugierig) hat es sich zum Ziel gesetzt, den Schweden nun den nächsten Schritt schmackhaft zu machen.

Die Chips können bereits im Internet bestellt werden, mit steriler Spritze. Das schwedische Recht erlaubt es den Bürgern, das Einspritzen des Chips unter die Haut daheim im Badezimmer vorzunehmen. „In Schweden haben wir bereits über 300 Mitglieder mit Chip“, sagt Hannes Sjöbad von Bionyfiken. 100 weitere Leute hätten den Chips ebenfalls implantiert.

„Der spritzt die kleinen Dinger in die Hände“

Und die Zahl der Interessenten nehme zu: „Gerade hat mich ein kleineres Stockholmer Unternehmen angerufen. Die Angestellten seien hellauf begeistert und fragen nach den Chips. Wir besuchen das Unternehmen mit unserem Piercing-Experten. Der spritzt die kleinen Dinger in die Hände.“

MedizinEinen ganzen Bürokomplex im Stockholmer Stadtzentrum habe sein Verein mit den Chips ausrüsten lassen: Türen und Kopierer und bald auch das Rabattsystem in der Kantine könne über den RFID-Chip (Chip zur Identifizierung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen) gesteuert werden. Implantiert wird er zwischen Daumen und Zeigefinger. In der Zukunft seien den Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt, so Sjöbad. Identitäts- und Zugangskontrollen, Tickets für Bus und Flugzeug, Bezahlsysteme – alles scheint möglich.

„Es stört mich, dass alle immer an Matrix denken“

In Schweden, das mit der Staatsmacht keine schlechten Erfahrungen gemacht hat, gibt es nicht viel Kritik an solchen Initiativen. Bereits heute gelten die Bürger Schwedens als gläsern. Im Internet lässt sich allein mit Vor- und Nachname alles, von der Telefonnummer über Einkommen, Schulden und Zahlungsversäumnisse bis hin zu Vorstrafen, ganz legal ermitteln.

„Mir ist die persönliche Integrität sehr wichtig. Es stört mich, dass die Leute immer an düstere Science-Fiction-Filme wie ,Terminator’ oder ,Matrix’ denken, wenn sie das Wort Cyborg, also der Mischform von Mensch und Maschine, hören“, sagt Sjöbad. Filme bauten darauf auf, spannend und erschreckend zu sein. In Wirklichkeit habe die Verschmelzung von Menschen und Maschine doch bereits heute zu vielen Vorteilen geführt.

Neugierig auf die Technik

Tatsächlich haben medizinische Implantate wie Schrittmacher und mit Nerven verknüpfte Prothesen das Leben der Menschen verbessert. Auch soll niemand durch einen Chip unter der Haut mehr kontrolliert werden. Dessen Daten sind nur auf minimalem Abstand einlesbar. Im Internet würden mehr Daten gesammelt, als es mit dem Chip möglich sei.

Zunächst werden wohl vor allem Technikbegeisterte den Schritt wagen, dann würden breitere Bevölkerungsgruppen folgen, prophezeit Sjöbad. Menschen seien einfach neugierig auf Neues. Man gebe dem Körper letztlich einfach die gleiche Sprache, die auch Computer sprechen.