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Michelle Knight litt schon vor Entführung in Cleveland Qualen

Michelle Knight litt schon vor Cleveland-Enführung Qualen

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Deborah Knight, grandmother of Michelle Knight, talks on the phone outside of kidnap victim Gina DeJesus' home in Cleveland Foto: rtr
Rund elf Jahre war sie in Gefangenschaft: Doch Michelle Knight, heute 30 Jahre alt, soll schon vor dem Kidnapping in Cleveland vergewaltigt und misshandelt worden sein. Nach Medienberichten war sie während der Schulzeit durch Mitschüler und später vom Freund ihrer Mutter vergewaltigt worden. Knight ist nach ihrer Befreihung nicht zu ihrer Familie zurückgekehrt.

Cleveland. 

Schon vor ihrer elfjährigen Gefangenschaft in der Gewalt ihres mutmaßlichen Entführers ist eines der Entführungsopfer von Cleveland laut Medienberichten durch ein Martyrium gegangen. Michelle Knight wurde während ihrer Highschool-Zeit von Mitschülern vergewaltigt und dann dadurch schwanger, wie ein Verwandter der Tageszeitung „New York Daily News“ sagte.

Laut „New York Daily News“ wurde Knight nach der Gruppenvergewaltigung schwanger und brach die Schule ab. Das Sorgerecht für ihren Sohn Joey verlor sie offenbar später. Der Grund dafür war möglicherweise der gewalttätige Freund ihrer Mutter: Er wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil er Joey den Arm gebrochen hatte, wie der Fernsehsender WOIO berichtete. Dem Mann wurde demnach auch vorgeworfen, Michelle Knight vergewaltigt zu haben. Zu einer Anklage kam es aber nicht, denn zwischenzeitlich war die junge Frau verschwunden.

Michelle Knight war mehr als ein Jahrzehnt verschwunden

Knight ließ sich am 23. August 2002 von Ariel Castro in dessen Wagen mitnehmen und wurde anschließend mehr als ein Jahrzehnt lang nicht mehr gesehen. Eigentlich sollte Knight an diesem Tag im Sorgerechtsverfahren um ihren Sohn vor Gericht erscheinen. Ihre Familie alarmierte die Polizei, doch nach 15 Monaten wurde Knight laut Medienberichten von der Liste vermisster Personen der US-Bundespolizei FBI gestrichen. Die Behörden seien offenbar davon ausgegangen, dass Knight psychisch gestört und von zu Hause weggelaufen sei.

Castro sperrte die damals 20-Jährige in seinem Haus ein, wo Knight acht Monate die einzige Gefangene blieb. Dann verschleppte Castro den Ermittlungen zufolge Amanda Berry und ein Jahr darauf Gina DeJesus. Castro soll Knight von allen drei Frauen am schlimmsten misshandelt haben. Ihre Großmutter sagte WOIO, Knight müsse nach ihrer Befreiung am Gesicht operiert werden und sei auf einem Ohr taub.

Knight soll während der Gefangenschaft fünf Mal schwanger gewesen sein

Während der Gefangenschaft sei sie mindestens fünf Mal schwanger geworden, sagte Knight der Polizei laut Medienberichten. Castro habe sie dann hungern lassen und in den Unterleib geschlagen, bis sie das Kind verlor. Als auch Berry schwanger war, musste Knight ihr demnach bei der Geburt helfen. Castro habe Knight mit dem Tod gedroht, falls das Kind nicht überlebe, berichteten US-Medien unter Berufung auf Polizeiakten.

Nach der Befreiung der Frauen am 6. Mai blieb Knight am längsten im Krankenhaus. Sie empfing dort keinen Besuch, auch ihre Mutter nicht, wie deren Anwalt sagte. Am Freitag verließ Michelle Knight die Klinik, ihr Aufenthaltsort ist unbekannt.

Bruder des Verdächtigen: „Todesstrafe ist zu wenig“

Castros Bruder Onil sagte CNN in einem am Montag ausgestrahlten Interview, der mutmaßliche Entführer sei ein „Monster“. „Abscheulich. ich hoffe, er wird im Gefängnis verrotten“, fügte der 50-Jährige hinzu. Selbst die Todesstrafe sei zu wenig: „Ich will, dass er im Gefängnis leidet.“ Sein Bruder Pedro Castro pflichtete ihm bei. „Ich fühle genauso.“

Nach der Befreiung der drei Frauen waren zunächst alle drei Brüder festgenommen worden. Onil und Pedro kamen jedoch kurz darauf wieder frei, weil sie nach Überzeugung der Ermittler nichts von dem Verbrechen gewusst hatten. Die beiden fühlen sich gebrandmarkt. Sie fürchteten, dass bei Freunden und Bekannten stets der Verdacht bleiben werde, dass sie etwas mit der Tat zu tun haben könnten, sagten Onil und Pedro Castro in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNN, das am Montag ausgestrahlt werden sollte. Darin betonen sie, dass sie von den Taten, die ihrem Bruder vorgeworfen werden, nichts mitbekommen hätten. „Wenn ich gewusst hätte, dass mein Bruder so etwas macht, ich hätte innerhalb einer Minute die Polizei gerufen“, sagte Pedro Castro.

Die Brüder und deren Mutter versteckten sich derzeit an einem geheimen Ort, nachdem ihr Haus mehrfach attackiert worden sei und sie Todesdrohungen in Internet erhalten hätten, sagten die Brüder dem Sender. Sie seien glücklich, dass die Frauen endlich frei und sicher seien, fühlten sich selbst aber von den Medien gejagt.

„Ich bin glücklich, gesund und in Sicherheit“, ließ Michelle Knight mitteilen

Die drei befreiten Kidnapping-Opfer aus Cleveland haben am Sonntag ihren Helfern und Unterstützern über ihren Anwalt ihre Dankbarkeit ausgesprochen. Sie seien glücklich, wieder zu Hause bei ihren Familien zu sein, erklärten Amanda Berry und Gina DeJesus. „Ich bin glücklich, gesund und in Sicherheit“, ließ Michelle Knight über Jim Wooley vor Journalisten verkünden. Seit ihrer Entlassung aus einer Klinik am Freitag hält sich die 32-Jährige an einem unbekannten Ort auf.

Der Anwalt der drei Frauen plädierte an die Medien und Öffentlichkeit, das Bedürfnis der vor einer Woche befreiten Geiseln nach Ruhe und Privatheit zu respektieren. „Sie werden vorerst keine Interviews geben“, so Wooley.