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Magier David Blaine setzt sich drei Tage lang nonstop unter Hochspannung

Magier setzt sich drei Tage lang nonstop unter Hochspannung

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Magician David Blaine performs a demonstration of his upcoming performance "Electrified" during a press briefing in New York Foto: rtr
Der Magier David Blaine, der schon 63 Stunden in einem Eisblock steckte und kopfüber in einem gläsernen Verlies über der Themse hing, wagt eine neue Grenzgängerei: Gezwängt in ein Kettenhemd, das ihm als Faradayscher Schutz-Overall dient, setzt sich der 39-Jährige drei Tage lang nonstop einem Dauerstromstoß von einer Million Volt aus.

Washington. 

Blitzlichtgewitter ist für David Blaine so außergewöhnlich wie Sonnenaufgang. Seit sich der New Yorker 63 Stunden am Stück in einem Eisblock tiefkühlen ließ, sieben Tage sein Bett gegen einen Sarg eintauschte und sechs Wochen kopfüber ohne feste Nahrung in einem gläsernen Verließ über der Themse in London abhing, sind dem Illusions-Künstler die Medienscheinwerfer gewiss. Seit Freitag wagt der Mann, der Film-Gigant Orson Welles, Löffelbieger Uri Geller, Entfesselungskünstler Harry Houdini und Jesus seine Vorbilder nennt, am Pier 54 in Manhattan abermals eine Grenzgängerei zwischen Ernst und Hokuspokus – diesmal besonders spannend.

Gezwängt in ein Kettenhemd, das ihn wie den Knappen von Prinz Eisenherz aussehen lässt, ihm in Wahrheit als Faradayscher Schutz-Overall dient, setzt sich der 39-Jährige drei Tage lang nonstop einem Dauerstromstoß von einer Million Volt aus. „Electrified“, wie immer bei Blaine ebenso sinnlos wie spektakulär und selbstquälerisch, wird via Internetkanal YouTube live übertragen. Menschen in London, Sydney, Tokio und Peking können Blaine via Computer-Klick Stromstöße statt Grußkarten schicken.

Was ist, wenn der Hunger kommt?

Der Schutzanzug, dafür verwendet sich das „Liberty Science Center“ in Jersey City, wo der ehemalige Lebenspartner der deutschen Architekten-Tochter Manon von Gerkan „Magier in Residence“ ist, hält die Hochspannung ab. Aber: „Ich weiß nicht, was die umherschwirrenden Elektronen auf Dauer mit meinen Zellen und meinem Gehirn machen“, sagte Blaine jetzt bei einer Pressekonferenz.

Kurzen Prozess? Und überhaupt – was ist, wenn der Hunger kommt? Blaine wird, wie bei vorangegangenen Stunts, von sich selbst zehren müssen. Ein Schlauch versorgt ihn mit Wasser, ein anderer Schlauch besorgt die Entsorgung. Vorsichtshalber war seit Tagen Fasten angesagt. Leerer Magen leitet besser. Eine Form der Askese, die sich schon früher ausgezahlt hat für den Sohn eines sizilianisch-puertoricanischen Vaters und einer russisch-jüdischen Mutter aus Brooklyn.

Als sich David Blaine vor zwölf Jahren am Times Square in New York künstlich auf Eis legen ließ, nur mit einer Fettschicht Creme am nackten Oberkörper bekleidet, wärmte der Fernsehsender ABC ihn nach dem exklusiv übertragenen Enteisen mit einer Prämie von einer Million Dollar wieder auf. Wie viel diesmal für den durchtrainierten Teufelskerl herausspringt, der eine 20 Monate alte Tochter hat und somit sein Risikomanagement noch sorgfältiger als sonst gestalten dürfte, darüber bewahrt der sponsorende Computer-Konzern I. Stillschweigen.

Notfalls wird der Stecker gezogen

Wie immer bei Blaine taucht die Frage auf, was ihn diesmal zu dieser Mischung aus Kuriositäten-Kabinett, Cyber-Sadismus und Extremsport getrieben hat. Ein Experiment, von dem das Magazin „Village Voice“ in New York lautmalerisch so treffend schreibt, dass es dazu angetan sei „to poop our pantalones“ – also: in die Hose zu sch…en. Die Antwort klingt nach „etwas zu lange den Finger in die Steckdose gehalten“.

Blaine verehrt den in Kroatien geborenen Forscher Nikola Tesla (1856-1943). Der ewige Gegenspieler des geschäftstüchtigen Thomas Alva Edison verhalf dem Wechselstrom zum weltweiten Siegeszug. In Christopher Nolans Film „The Prestige – Die Meister der Magie“ setzte David Bowie dem Pionier der Elektrotechnik und der Hochfrequenzströme ein Denkmal. Tesla erschreckte Anfang des 19. Jahrhunderts im Bundesstaat Colorado Pferde und Menschen mit künstlich herbeigeführten Gewittern, deren Donnerhall nicht nur kilometerweit zu hören war. In Colorado Springs gingen die Lichter aus, weil Herr Tesla die Generatoren des örtlichen Kraftwerks zum Schmelzen brachte. Aktionskünstler Blaine möchte sich das an diesem Wochenende ersparen. Notfalls wird der Stecker gezogen.