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Leuchtfarbe am Geweih soll Rentiere für Unfällen schützen

Leuchtfarbe am Geweih soll Rentiere für Unfällen schützen

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Rentier Foto: HO
Die Geweihe von 500 Rentieren in Lappland sind mit Leuchtfarbe angemalt worden. Mit Weihnachten hat das nichts zu tun – es geht um Verkehrssicherheit.

Rovaniemi. 

Das ist fast schon zu viel Weihnachten: Rentiere mit leuchtenden Kronengeweihen auf den Köpfen. Davon gleich 500 Exemplare. Sie traben gemächlich durch die derzeit fast den ganzen Tag ins nächtliche Dunkel gehüllten Wälder Lapplands. Die Tiere leben alle nahe des verkehrstechnisch belebten Ortes Rovaniemi in Nordfinnland. Der bezeichnet sich als „offizielle Heimatstadt des Weihnachtsmanns“ und hat dieses Motto sogar markenrechtlich schützen lassen. Es gibt dort den „echten Weihnachtsmann“ und einen Weihnachtsmannpark, der jährlich viele Touristen anlockt.

Damit hat das Leuchten der 500 Rentiere, die in US-Filmen ja oft als fliegende Transporttiere von Santa Claus beschrieben werden, aber nichts zu tun, betont Anne Ollila vom Zuchtverband.

5000 Straßenunfälle pro Jahr

In Lappland betreibt vor allem die Bevölkerungsgruppe der Samen traditionell Rentierzucht im großen Stil. Insgesamt gibt es rund 200.000 Rentiere im Lande. Der jährliche Umsatz durch Fleisch, Leder, Fell oder den Tourismus liege bei insgesamt rund 860 Millionen Euro, so Ollila. Weil es so viele Rentiere gibt, kommt es selbst im dünn besiedelten Lappland häufig zu Verkehrsunfällen. Und das wird teuer. Für Autofahrer, wie für Züchter. Rentiere sind in Finnland an 3000 bis 5000 Straßenunfällen im Jahr beteiligt.

„Wir haben schon im Oktober begonnen, die Geweihe der 500 Rentiere mit Leuchtfarbe zu bemalen. Wir sind da, meines Wissens, die Einzigen weltweit“, sagt Ollila. Nur Weibchen wurden angemalt, betont sie. Sie haben ihre Geweihe auch im Winter, weil sie damit den Nachwuchs beschützen. Die Männchen stehen weiter im Dunkeln, denn sie brauchen ihr Geweih nur in der Paarungszeit, um bei Weibchen Eindruck zu machen und Konkurrenten zu vertreiben.

Pilotversuch soll exportiert werden

Die Farbe leuchtet wie ein Katzenauge am Fahrrad. Bei einer ersten Testphase im Frühjahr mit rund 20 leuchtenden Tieren haben die Rentierzüchter festgestellt, dass die Vierbeiner frühzeitig gut sichtbar werden, wenn sie sich auf eine Landstraße verirren „Das Geweih ist auch aus allen Richtungen gut zu sehen“, erklärt Ollila.

Den Farbstoff für die 500 Tiere bezieht der Verband von der schwedischen Firma Trackinvest. Ihre Hoffnung ist, dass der Pilotversuch Schule macht. Auch das Wild in Mitteleuropa könnte schließlich ein Markt werden, meint man dort. Noch allerdings herrsche wohl kaum Nachfrage.

„Dass Autofahrer sich über die Rentiere mit märchenhaft leuchtenden Geweihen erschrecken könnten, glauben wir nicht“, sagt Ollila. Ausschließen kann sie das aber auch nicht. Man werde beobachten, was nun mit den 500 leuchtenden Tieren geschehe, sagt sie.

Pinselleuchtfarbe besserals Farbspray

Die Sorge von Tierschützern, dass Rentiere mit leuchtendem Geweih wegen ihrer Andersartigkeit aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden könnten, habe sich im Versuch als unbegründet erwiesen. Zudem hat der Züchterverband festgestellt, dass hungrige Wölfe und Bären im finnischen Wald auf die optische Veränderung ihrer potenziellen Opfer nicht mit vermehrten Angriffen reagieren. Leuchtende Rentiere scheinen demnach den Appetit der Raubtiere nicht zu steigern.

Beim zweiten Versuch habe man festgestellt, dass Pinselleuchtfarbe für die Geweihe besser ist als das im Frühjahr verwendete Farbspray. Es sei aber nicht einfach gewesen, das Geweih eines sich bewegenden Rentiers anzumalen.