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Im Osten angelte man auch mit Löffeln

Im Osten angelte man auch mit Löffeln

Wolfgang Schoknecht ist ein Angler aus Leidenschaft. Und mit einem Sammlerherz. Er besitzt mehr als 200 Rollen, Dutzende Angelruten und unzählige Blinker, Fliegen und Wobbler. Kaum eines dieser Utensilien würde man heute noch in einem Angelgeschäft kaufen können…

Wittenbeck (dapd-lmv). Wolfgang Schoknecht ist ein Angler aus Leidenschaft. Und mit einem Sammlerherz. Er besitzt mehr als 200 Rollen, Dutzende Angelruten und unzählige Blinker, Fliegen und Wobbler. Kaum eines dieser Utensilien würde man heute noch in einem Angelgeschäft kaufen können. Denn der Großteil von Schoknechts gesammeltem Zubehör wurde seit 1945 in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR hergestellt oder auch selbst gebaut. Die Kostbarkeiten und Kuriositäten können im privaten Museum des 62-Jährigen kostenlos besichtigt werden.

„Angefangen hat alles etwa ab 1982 mit dem Sammeln von Angelzeitungen“, erzählt Schoknecht. Knapp 12.000 solcher Zeitungen liegen noch immer bei ihm zu Hause. „Und dann kam die eine oder andere Rolle dazu.“ Aus der „einen oder anderen Rolle“ sind bis heute 600 Ausstellungsstücke geworden, die bereits in dem Anbau neben dem Wohnhaus des Wittenbeckers ihren Platz gefunden haben. Den hat Wolfgang Schoknecht extra vor zwölf Jahren gebaut, um darin sein Museum einzurichten. „In meinem Fundus liegen aber bestimmt noch mal doppelt so viele Rollen und Ruten, die ich noch reparieren und säubern muss“, meint Schoknecht lachend.

Auch Exponate aus Vorkriegszeit zählen zur Sammlung

Die meisten der noch immer funktionstüchtigen 600 Exponate wurden zwischen 1945 und 1989 hergestellt. Ein paar stammen auch aus Tschechien, Ungarn und Russland. Besonders stolz ist Wolfgang Schoknecht auf seine „Püppche“. Von der Stationärrolle wurden zwischen 1946 und 1947 höchstens 1.000 Stück in Ostberlin gefertigt. „Da muss man schon Glück haben, um so eine in die Hände zu bekommen“, sagt Schoknecht. Ein Freund aus der Hauptstadt hatte ihm zu diesem Glück verholfen, als er eine Kiste mit altem Angelzubehör nach Wittenbeck schickte – und mitten drin diese Rarität. Aber auch Fundstücke aus der Vorkriegszeit zählen zur Sammlung Schoknechts. Das älteste stammt sogar aus dem Jahr 1870. Ein Stork-Blinker, mit dessen Hilfe Raubfische wie Hecht, Zander oder Barsch anbeißen sollten. „Für den würde der eine oder andere Sammler schon ein ordentliches Sümmchen hinlegen“, meint Schoknecht.

Einige Köder sind auch Marke Eigenbau. Zurechtgebogene Löffel oder zusammengelötete Kronkorken mussten in der DDR ab und an den professionellen Blinker ersetzen. „Oft hat man zwischen den Kronkorken auch noch eine Kugel vom Luftgewehr mit eingeschweißt. Und wenn ein Fisch angebissen hat, hörte man das dann am Klingeln“, erinnert sich Schoknecht. Er selbst hat auch schon mit abgeschnittenen Türgriffen geangelt. „Hat ja trotzdem funktioniert“. Die Exponate des Museums stammen teilweise von Flohmärkten oder wurden dem 62-Jährigen von Freunden oder Bekannten mitgebracht. Einiges kommt natürlich auch aus dem Besitz des Wittenbeckers.

Größter Fang wog 193 Kilogramm

„Mit vier Jahren habe ich angefangen zu angeln, so hat es mir meine Familie zumindest erzählt“, erinnert sich der „Museumsleiter“. Die Begeisterung für den Sport hält bis heute an. Etwa 270 Pokale hat Schoknecht bei Wettbewerben gewonnen, dazu kommen Trophäen aus deutschen und internationalen Mannschaftswettkämpfen. Auch an mehreren Weltmeisterschaften hat er schon teilgenommen, zuletzt 2010 in Portugal. Und auf Reisen ist die Angelrute meistens auch mit dabei. Sie kam beispielsweise schon in Skandinavien, Spanien und Armenien zum Einsatz. Seinen bislang größten Fang zog Schoknecht in Kenia an Land – einen 193 Kilogramm schweren Gestreiften Marlin. „Das waren drei Stunden absolute Schwerstarbeit“, erinnert sich Schoknecht.

Seine Leidenschaft für das Angeln hat der 62-Jährige auch schon an seine Tochter und seinen Sohn weitergegeben. Und auch seine Frau hilft im Museum kräftig mit, zum Beispiel wenn es einmal im Monat ans große Staubwischen geht. Irgendwann, so hofft der Wittenbecker, wird vielleicht die Tochter das Museum übernehmen und die Suche nach immer neuen Fundstücken fortführen. Denn richtig fertig, so glaubt Schoknecht, wird er mit seinem Museum wohl nie werden.

dapd