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Die Briefmarkensammlung – ein schweres Erbe

Die Briefmarkensammlung – ein schweres Erbe

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Foto: WAZ
Viele Verbraucher haben ihr Erspartes jahrelang in Briefmarken und Münzen investiert. Doch vor allem zahlreiche Postwertwertzeichen haben an Wert verloren. Besser sieht es allerdings bei den Geldstücken aus.

Essen. 

Dass eine Briefmarken- und Münzsammlung über die Jahre drastisch an Wert verlieren kann, musste Michael Hecker vor Kurzem mit Schrecken feststellen. An seiner Geschichte zeigt sich, wie bestimmte Faktoren den Kurs solcher Kollektionen beeinflussen.

Für seine Eltern hätte sich Michael Hecker gewünscht, dass sie sich vielleicht einmal ein neues Auto gekauft hätten oder häufiger in den Urlaub gefahren wären. Doch sie lebten sparsam. „Die beiden gehörten eben der Kriegsgeneration an“, erläutert der 40-Jährige Kölner. Der Vater habe einen Teil seines Ersparten lieber Jahrzehnte lang in Briefmarken und Münzen investiert – nicht aus Spaß, sondern als Geldanlage. Den Kindern sollte es einmal besser gehen. Der Plan ging schief.

Kaum noch etwas wert

Heute sind Michael Hecker und seine beiden Geschwister froh, dass ihre verstorbenen Eltern nie erfahren werden, dass die Sammlung inzwischen kaum noch etwas wert ist. Mehrere tausend D-Mark steckte der Vater einst hinein, einige hundert Euro bekommt man heute dafür. Wie ist das möglich?

„Mein Vater hat einfach auf das falsche Pferd gesetzt“, erläutert Hecker. Briefmarken der Deutschen Bundespost habe er in den 1980er Jahren gesammelt. Zu dieser Zeit sei das noch „in“ gewesen. Inzwischen kann man die vielen D-Mark-Briefmarken nicht einmal mehr zum Frankieren verwenden. Gerade einmal 20 Euro würde das Set bei Ebay einbringen.

„Es ist nicht unüblich, dass gerade für modernes Briefmarkenmaterial, für das ein Sammler mehrere Tausend D-Mark ausgegeben hat, heute nur noch für einen Bruchteil des Anschaffungspreises über den Tisch geht“, erläutert Wolfgang Peschel, Pressesprecher beim Bund Deutscher Philatelisten. Material, das ab 1960 gedruckt wurde, sei schwer verkäuflich. Die Postwertzeichen gingen in so großer Auflage in den Druck, dass die Händler heute gut eingedeckt sind und nichts mehr aufkaufen.

„Sammlern geht es meist nicht darum, eine hohe Rendite zu erzielen, es geht ihnen um ihre Leidenschaft und ihre Freude“, so Philatelist Peschel. Manchmal komme es vor, dass die Briefmarken im Nachhinein an Wert gewinnen. Das sei aber eher die Ausnahme.

Münzsammler haben bessere Chancen

Wer beispielsweise die erste deutsche Briefmarke, den Bayern Einser aus dem Jahr 1848, in seiner Sammlung entdeckt, darf sich freuen. Zwischen 500 und 3000 Euro schwanken die Preise für ein Exemplar. Wesentlich teurer – mit Preisen zwischen 1500 und 10 000 Euro pro Stück – ist der Sachsen Dreier, der kurze Zeit später in kleinerer Auflage in den Druck ging. „Sicher gibt es noch einige Exemplare davon, die unbemerkt auf deutschen Dachböden herumliegen“, meint Briefmarkenkenner Peschel.

Wer eine Münzsammlung vererbt oder geschenkt bekommt, hat durchaus höhere Chancen, auf wertvolles Material zu stoßen. „Im Gegensatz zur Briefmarke zählt bei einer Münze auch das Material, aus dem sie geprägt wurde, etwa aus Kupfer, Silber oder Gold“, sagt Erwin Nier, Pressesprecher bei der Deutschen Post. Zu den bekanntesten international gehandelten Anlagegoldmünzen zählen beispielsweise die kanadische Maple Leaf, der südafrikanische Krügerrand oder der Wiener Philharmoniker. Eine dieser Münzen mit einem Gewicht von einer Feinunze, also 31,10 Gramm, kostet derzeit knapp 1400 Euro. Vor einigen Jahren lag der Kurs bei der Hälfte.

Münzerbe Michael Hecker hatte Pech. Gerade einmal eine Goldmünze im Wert von schätzungsweise 400 Euro versteckte sich in der Sammlung. Ansonsten fand er zahlreiche Kursmünzen-Sets der Bundesrepublik aus den 1970er und 1980er Jahren – also Sets mit den jeweiligen prägefrischen Pfennig- und D-Mark-Stücken der jeweiligen Jahrgänge.

Einst 3000, nun 180 Euro

„Viel kann man damit heute nicht anfangen“, urteilt Hecker. Nach der Umstellung auf den Euro seien die Sätze noch kurze Zeit Trend gewesen. Anfang der 2000er Jahre habe man mit Münzen zum Teil gute Preise erzielen können. „Der bundesdeutsche Kursmünzensatz von 1995 als Sammleranfertigung wurde mit bis zu 3000 Euro gehandelt“, erläutert der Kölner. Heute gehe dieser Satz mit immerhin noch mit etwa 180 Euro über die Theke. Für die anderen Jahrgänge gibt es gerade mal etwas mehr als den Nominalwert.

Dabei können sich Münzen durchaus als Geldanlage eignen. „Material, historischer Wert, Auflagenhöhe und Qualität spielen eine Rolle, wenn es um den Wert einer Münze geht“, sagt Postsprecher Nier. Wie sich der Preis für eine Münze entwickelt, könne freilich kaum jemand vorhersagen. Viele Faktoren kommen zusammen. Wer beispielsweise 1950 gewusst hätte, dass die prägefrischen 50 Pfennig-Stücke der Prägestätte Karlsruhe einmal mit 300 oder 800 Euro gehandelt werden, hätte sie bestimmt nicht ausgegeben. „Bank Deutscher Länder“ anstelle von „Bundesrepublik Deutschland“ steht bei den begehrten Talern drauf – ein sogenannter Münzprägestättenirrtum.