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Charly Hübner, Christiane Paul brillant als „Eltern“

Charly Hübner, Christiane Paul brillant als „Eltern“

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Foto: SWR/Oliver Vaccaro
Sie ist Ärztin, er Hausmann: eine moderne Familie. Doch was passiert, wenn er wieder arbeiten will? Der ARD-Film „Eltern“ zeigt ein Paar in der Zwickmühle.

Frankfurt. 

Ausgelassenes Kichern kleiner Kinder: Bei der Geburtstagsparty von Vorschulkind Emma (Emma Pieske) geht es hoch her. Eine Kinderschar tanzt um Stühle herum, vorne weg der Vater (Charly Hübner) der Gastgeberin. Als Zeremonienmeister spielt Konrad, verkleidet wie die Kinder, einen Roboter mit Herz. Papa – der Gute-Laune-Bär. Und Christine (burschikos mit Charme: Christiane Paul) ist stolz auf ihren Mann. Für einen Moment gibt es keine Grenze mehr zwischen Klein und Groß, Jung und Alt, Kindern und „Eltern“ (Filmtitel). Lebensfreude pur. Doch dann zerbröselt das Glück.

Was die Eingangsszene verspricht, löst der Film bis zum Abspann ein: Robert Thalheim, der das Drehbuch gemeinsam mit Jane Ainscough schrieb, inszeniert modernes Familienleben mit einer beiläufigen Natürlichkeit, die in Film und Fernsehen ihresgleichen sucht. Das spricht für den Regisseur, aber mindestens genauso stark sprechen die Bilder für die Hauptdarsteller Charly Hübner und Christiane Paul, die in Freud und später auch Leid perfekt (dis-)harmonieren. Dazu kommt – und das ist in diesem Film noch wichtiger – dass die beiden Sympathieträger so ungezwungen mit ihren Filmkindern umgehen, als wären es ihre eigenen.

Und so kommt es, dass ein Spielfilm mehr über den Alltag einer modernen Mittelschichtfamilie erzählt als manche Dokumentation. Wobei die Fiktion den Fakten in einem Punkt klar überlegen ist: Sie unterhält besser, und zwar nicht nur in den komischen oder doch zumindest leise absurden Momenten, sondern auch in den herzzerreißend glaubhaften Szenen, die offenbaren, in welchem Dilemma diese Eltern stecken.

Er ist Hausmann, sie Ärztin

Es hängt mit einem fatalen Rollen-Konflikt zusammen. Die beiden Kinder von Konrad und Christine kennen ihren Vater nur als Hausmann, während ihre Mutter als Ärztin Geld verdient. Die Rolle bringt dem ausgebildeten Theatermann viel Theater, aber wenig Anerkennung. Er will in seinen Beruf zurück. Der Rollenwechsel stellt das Familienleben auf den Kopf und die Ehe infrage. Und das, obwohl beide, Konrad wie Christine, als aufgeklärte Zeitgenossen das beste für sich und ihre Familie wollen. Doch die unvereinbar wirkenden Ansprüche erweisen sich als unerbittlich präzise Mühle, die das Familienglück zerreibt.

Das Unglück von Konrad und Christine beginnt mit der tragischen Fehleinschätzung, ein Au-pair-Mädchen könne die Aufgaben des Vollzeit-Vaters übernehmen. Leider ist die blutjunge Argentinierin Isabella (Clara Lago) hoffnungslos überfordert – mit den Kindern und sich selbst. Denn sie ist selbst eher Kind als Frau und obendrein schwanger.

So brechen untergründig brodelnde Konflikte zwischen den Eheleuten auf. Ihr Dilemma brinder Ex-Hausmann auf den Punkt: „Wenn ich die frustrierte Ehefrau aus den 50ern bin, bist du der Mann, der Angst vor den Kindern hat.“ Diese Feststellung im Streit löst natürlich nicht das Problem. Werden die beiden es schaffen?

Selten zuvor hat die ARD-Filmtochter Degeto einen derart lebensnahen Film für ein Publikum produziert, das deutlich jünger ist als die Generation Danella. Dabei biedert sich die „Dramödie“ (ARD) in keiner Sekunde an, weil sie stets wahrhaftig bleibt.

Fazit: Der Film ist etwas für Kopf, Herz und Bauch, unbedingt auf der Höhe der Zeit. Klasse.

ARD, 20.15 Uhr