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Bin ich allein mit meinen Macken? – Buch schafft Klarheit

Bin ich allein mit meinen Macken? – Buch schafft Klarheit

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Sind wir nicht alle ein bisschen verrückt? "Ja, und das ist gut so", sagt Christian Brandes. Foto: imago stock&people
Christian Brandes hat über 11.000 Spleens gesammelt. Daraus entstand „Ich kann keine Wurstzipfel essen“, ein Kabinett der Merkwürdigkeiten.

Essen / Berlin. 

Wer keine Wurstzipfel essen kann, muss nicht automatisch Vegetarier sein. Vielleicht handelt es sich hierbei auch einfach nur um einen persönlichen Fimmel. Es soll ja zum Beispiel auch Menschen geben, die sich mit einem Staubsauger Knutschflecken machen, damit ihr soziales Umfeld denkt, sie hätten ein aufregendes Liebesleben.

Größtes Macken-Archiv Deutschlands

Christian Brandes alias Schlecky Silberstein hat im vergangenen Jahr über 11.000 Spleens und seltsame Eigenarten über das Blog-Projekt „spleen24.tumblr.com“ gesammelt. Hier können User ihre Spinnereien anonym posten, wer sich in ihnen wiedererkennt, klickt auf „Ich auch!“ Die verrücktesten Beiträge hat er in dem Buch „Ich kann keine Wurstzipfel essen“ veröffentlicht. Das größte Macken-Archiv Deutschlands ist eine Hommage an das Bescheuert sein.

Sehr amüsant zeigt das Buch einen Querschnitt durch die deutsche Marotten-Gesellschaft, von To-Do-Listen-Fanatikern bis notorischen Waschmaschinen-Kontrolleuren.

„Ich persönlich rupfe mir in Momenten der Nervosität Nasenhaare raus“, gesteht Christian Brandes. Mittlerweile kann der Blogger offen über diesen Tick sprechen, denn durch sein Projekt „spleen24“ weiß er: Dieses Phänomen ist sehr verbreitet, ist damit also „völlig normal“.

Ein Projekt zur Selbsttherapie

Überhaupt sei die virtuelle Macken-Sammlung aus der Idee entstanden, sich selbst therapieren zu wollen. „Ich dachte mir: Es müsse eine Möglichkeit geben, anonym seine Spleens zu präsentieren und ebenso anonym zu erfahren, wie viele Menschen von der gleichen Macke befallen sind. Für so ein Experiment eignet sich das Internet perfekt.“ Gleichgesinnte können sich so inkognito vergewissern, ob ihre seltsamen Anwandlungen eventuell völlig natürlich sind. Und wenn diese Ticks so oft geteilt werden – Sind es dann überhaupt noch Ticks, oder vielmehr Beweis dafür, dass man ganz normal ist?

Bestes Beispiel hierfür ist die Situation „Kunde vor Supermarktregal“. Tendenziell geht der Griff in die zweite, dritte oder gar letzte Reihe, häufig zu beobachten in der Drogerie-Abteilung. „Die Bekenner begründen das mit der Unlust etwas abgegriffenes zu kaufen, an dem schon jeder gerochen hat“, sagt Brandes. Klingt logisch, schließlich wird die erste Reihe in Parfümerien auch häufig mit Duft-Testern bestückt.

Macken analysieren und erklären

999 aufgelistete Eigenarten haben es in das Macken-Werk geschafft. Gerade-Zahlen-Liebhaber – auch die haben einen Platz im Spleen-Blog gefunden – werden bei dieser Nummer zusammenzucken. Brandes lässt die Betroffenen mit ihren Macken jedoch nicht allein, jeder Macken-Typus wird unter die Lupe genommen, analysiert und erklärt. Manchmal bleibt es aber auch bei einem Erklärungsversuch.

Eine Marotte ist dem Berliner Blogger bei seiner Arbeit besonders im Gedächtnis geblieben. Er erzählt von einer Person, die jedes elektrische Gerät vom Netz nimmt und sich dabei filmt, bevor sie das Haus verlässt. Später schaue sich diese Person stündlich die Aufnahmen auf dem Smartphone an, um sich davon zu überzeugen, ob auch tatsächlich alle Stecker gezogen sind. Ein Fall von ausgeprägter Kontroll-Vorliebe?

Zweite Auflage geplant

Die Bereitschaft, diese skurrilen Spleens mit der Internet-Gemeinde zu teilen, ist ungebrochen, täglich erweitert sich das Macken-Portal. Deswegen wird das Projekt „spleen24“ trotz Buch weiterlaufen. „Mit einer zweiten Auflage wird zu rechnen sein“, verrät Brandes. Doch bis dahin gibt es ja erstmal viel witzigen Lesestoff mit Wiedererkennungswert.