Veröffentlicht inPanorama

Urteil: Wie darf der Chef den Firmen-PC kontrollieren?

Urteil: Wie darf der Chef den Firmen-PC kontrollieren?

imago64323532h~2c82553e-47b4-4cc7-81f9-992976e8a7ad.jpg
imago64323532h~2c82553e-47b4-4cc7-81f9-992976e8a7ad.jpg Foto: imago/STPP
Eine Firma kontrolliert den Browserverlaufs eines Mitarbeiter, feuert ihn und gewinnt den Prozess. Was das fürs Surfen im Büro heißt.

Berlin. 

Privates Internetsurfen während der Arbeitszeit kann unversehens zur fristlosen Kündigung führen. Arbeitgeber dürfen bei Verdacht auf eine unerlaubte Internetnutzung den Browserverlauf des Dienstrechners kontrollieren – ohne Wissen oder Zustimmung des Arbeitnehmers. Das entschied das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (AZ: 5 Sa 657/15). Die Revision beim Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.

Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber geprüft, ob ein Arbeitnehmer das Internet unerlaubt vom beruflichen Rechner aus nutzt. Dem Arbeitnehmer war nur in Ausnahmefällen und nur während der Arbeitspausen erlaubt worden, privat ins Netz zu gehen. Als der Firma Hinweise auf eine ausgedehntere Nutzung vorlagen, überprüfte sie den Browserverlauf des Dienstrechners – ohne Zustimmung des Arbeitnehmers.

Verlauf verrät, wo gesurft wurde

Browser wie Chrome, Firefox oder Internet Explorer sind Programme zur Darstellung von Internetseiten. Der Browserverlauf protokolliert alle Seiten, die ein Nutzer aufgerufen hat. Dieses Protokoll kann wie eine Spur gelesen werden. Wer den Verlauf kontrolliert, sieht, welche Person wann und wo im Netz unterwegs war. Allerdings lässt sich der Verlauf auch löschen.

Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer den Dienstrechner während der Arbeitszeit in einem Umfang von fünf Tagen binnen 30 Tagen privat genutzt. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin fristlos. Das sei rechtswirksam, befand das Landesarbeitsgericht. Die unerlaubte Internetnutzung rechtfertige eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Der Browserverlauf durfte dazu als Beweis herangezogen werden.

Persönliche Daten nicht per se geschützt

Es handele sich um personenbezogene Daten, doch diese seien nicht per se vor Zugriff geschützt, sagten die Richter. Das Bundesdatenschutzgesetz erlaube es, den Browserverlauf auch ohne Einwilligung der Betroffenen zu speichern und auszuwerten. Im Übrigen habe der Arbeitgeber keine andere Möglichkeit gehabt, den Umfang der unerlaubten Internetnutzung nachzuweisen.

Der Münsteraner Arbeitsrechtler Magnus Bergmann hält die Entscheidung nach Lage der Dinge für „völlig legitim“. Arbeitnehmer würden schließlich allein wegen ihres beruflichen Profils ausgewählt. „Privates Surfen während der Arbeitszeit ist da nicht das Einstellungskriterium, sondern Arbeitszeitbetrug“, sagte Bergmann unserer Redaktion. Grundsätzlich dürfe der Arbeitgeber bei einem Verbot der privaten Nutzung „nicht nur bei Verdacht, sondern jederzeit“ die Surfpraktiken eines Arbeitnehmers prüfen – „auch hinter dessen Rücken“.

Situation bei Azubis anders

Einschränkungen gebe es allenfalls durch besondere Regelungen, häufig bei größeren Unternehmen. „Betriebsräte, die auf Zack sind“, würden Betriebsvereinbarungen aushandeln, die Überprüfungen nur mit Genehmigung des Betriebsrates erlauben, sagte Bergmann.

Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz gelten in der Ausbildung andere Regeln. Hier darf der Arbeitgeber das Surfen am Arbeitsplatz auch im Wiederholungsfall nicht ohne Weiteres mit einer Kündigung ahnden (AZ: 10 Sa 173/13). Vielmehr muss er beweisen, dass von dem Verstoß eine echte Störungsgefahr für den Betrieb ausgeht.